Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Hammers mit langer Spitze. Die berittenen Armbrust schützen pflegten stets
zu Pferde zu fechten. Ihre großen Armbrüste hießen "ol-aus^uinss", von
der Klammer, mit welcher der Bogen gespannt wurde. Statt des größeren
Kochers oder Beutels (trous8<z), der zum Bogen gehörte, hatten die Arm¬
brustschützen ein cylindrisches Futteral für die Bolzen, an der Seite. -- Die
Pickeniere trugen Panzerröcke mit Brustblech. Dies schwere Fußvolk focht
nicht, wie das der Schweizer, in tiefer Ordnung, sondern meist in nur
4 Gliedern oder in hohlen Vierecken.

Der Herzog selbst wählte die Anführer der Compagnien jedesmal
auf ein Jahr. Die Eintheilung der letzteren geschah anfangs nach Zehnteln
<äixaill<Zö), später in 4 Escouaden, deren jede wieder in 4 cdambres zu je
ü Lanzen getheilt war. Einer der Escouadenchefs wurde zum Lieutenant
bestellt. Jede Cscouade führte ihr Fähnlein. Die Schützen hatten, da sie
von ihren Lanzen getrennt fechten mußten, besondere Anführer.

Einen hervorragenden Theil des Heeres bildete die Leibwache des
Herzogs. Sie war folgendermaßen zusammengesetzt: Englische Garde: 480
berittene Bogenschützen in 12 Geschwadern (esevuaäsL), von denen stets eine
llixaius den Dienst in den herzoglichen Zimmern versah; berittene Leibschützen
(itredtirs an corps): 90 Mann; berittene Bogenschützen: 400 Mann in
4 Geschwadern; ferner 62 Leibschützen zur Fußbegleitung des Herzogs;
eine Nobelgarde (Mrcte <1'6en/ers on as geutils Komme") von 126 Reisigen,
mit eben so vielen Bogenschützen in 4 Geschwadern, unter einem "eaxiwimz"
über das ganze Corps, und endlich ein sog. relltort 6<z 1a Mi-ac von 160 Mann.
Die Leibwache betrug somit zusammen 1434 Mann und Pferde, wozu später
noch eine Schaar von 600 Mann Fußvolk des Hauses kam, so daß die ganze
Garde sich aus etwa 2000 Mann belief.

Noch näher als die Leibgarde stand dem Herrscher sein Hofstaat, dessen
verschiedene Stäbe (<zwts) zugleich militärische Bestimmung und Organisation
hatten, sodaß sie im Felde kleine Reitergeschwader bildeten. So trug der
Oberkammerherr, gefolgt von 40 Rittern seines Stabes, das Hauptbanner der
Vassallen; das Perron (Leibfähnchen) des Herzogs führte der Ecuyer-tranchant,
der Vorschneider. Den Obermundschenk begleitete ein Stab von SO Edel¬
knechten; ebenso viele reisige Edle folgten dem Oberstallmeister, welcher die
große Standarte von Burgund trug und die Pflicht hatte, in der Schlacht
nie aus der unmittelbarsten Nähe seines Herrn zu weichen. Den Stab des
Oberhofmeisters endlich bildete das Sanitätspersonal des Hofes, welches aus
6 Medizinern und 4 Wundärzten bestand.



") Emanuel v. Rott: Die Feldzüge Karl's des Kühnen, Herzogs von Burgund u. seiner
Erben mit besonderer Beziehung auf die Theilnahme der Schweizer an denselben. Schaff¬
hausen. 1843.

Hammers mit langer Spitze. Die berittenen Armbrust schützen pflegten stets
zu Pferde zu fechten. Ihre großen Armbrüste hießen „ol-aus^uinss", von
der Klammer, mit welcher der Bogen gespannt wurde. Statt des größeren
Kochers oder Beutels (trous8<z), der zum Bogen gehörte, hatten die Arm¬
brustschützen ein cylindrisches Futteral für die Bolzen, an der Seite. — Die
Pickeniere trugen Panzerröcke mit Brustblech. Dies schwere Fußvolk focht
nicht, wie das der Schweizer, in tiefer Ordnung, sondern meist in nur
4 Gliedern oder in hohlen Vierecken.

Der Herzog selbst wählte die Anführer der Compagnien jedesmal
auf ein Jahr. Die Eintheilung der letzteren geschah anfangs nach Zehnteln
<äixaill<Zö), später in 4 Escouaden, deren jede wieder in 4 cdambres zu je
ü Lanzen getheilt war. Einer der Escouadenchefs wurde zum Lieutenant
bestellt. Jede Cscouade führte ihr Fähnlein. Die Schützen hatten, da sie
von ihren Lanzen getrennt fechten mußten, besondere Anführer.

Einen hervorragenden Theil des Heeres bildete die Leibwache des
Herzogs. Sie war folgendermaßen zusammengesetzt: Englische Garde: 480
berittene Bogenschützen in 12 Geschwadern (esevuaäsL), von denen stets eine
llixaius den Dienst in den herzoglichen Zimmern versah; berittene Leibschützen
(itredtirs an corps): 90 Mann; berittene Bogenschützen: 400 Mann in
4 Geschwadern; ferner 62 Leibschützen zur Fußbegleitung des Herzogs;
eine Nobelgarde (Mrcte <1'6en/ers on as geutils Komme») von 126 Reisigen,
mit eben so vielen Bogenschützen in 4 Geschwadern, unter einem „eaxiwimz"
über das ganze Corps, und endlich ein sog. relltort 6<z 1a Mi-ac von 160 Mann.
Die Leibwache betrug somit zusammen 1434 Mann und Pferde, wozu später
noch eine Schaar von 600 Mann Fußvolk des Hauses kam, so daß die ganze
Garde sich aus etwa 2000 Mann belief.

Noch näher als die Leibgarde stand dem Herrscher sein Hofstaat, dessen
verschiedene Stäbe (<zwts) zugleich militärische Bestimmung und Organisation
hatten, sodaß sie im Felde kleine Reitergeschwader bildeten. So trug der
Oberkammerherr, gefolgt von 40 Rittern seines Stabes, das Hauptbanner der
Vassallen; das Perron (Leibfähnchen) des Herzogs führte der Ecuyer-tranchant,
der Vorschneider. Den Obermundschenk begleitete ein Stab von SO Edel¬
knechten; ebenso viele reisige Edle folgten dem Oberstallmeister, welcher die
große Standarte von Burgund trug und die Pflicht hatte, in der Schlacht
nie aus der unmittelbarsten Nähe seines Herrn zu weichen. Den Stab des
Oberhofmeisters endlich bildete das Sanitätspersonal des Hofes, welches aus
6 Medizinern und 4 Wundärzten bestand.



") Emanuel v. Rott: Die Feldzüge Karl's des Kühnen, Herzogs von Burgund u. seiner
Erben mit besonderer Beziehung auf die Theilnahme der Schweizer an denselben. Schaff¬
hausen. 1843.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0016" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/135069"/>
              <p xml:id="ID_25" prev="#ID_24"> Hammers mit langer Spitze. Die berittenen Armbrust schützen pflegten stets<lb/>
zu Pferde zu fechten. Ihre großen Armbrüste hießen &#x201E;ol-aus^uinss", von<lb/>
der Klammer, mit welcher der Bogen gespannt wurde. Statt des größeren<lb/>
Kochers oder Beutels (trous8&lt;z), der zum Bogen gehörte, hatten die Arm¬<lb/>
brustschützen ein cylindrisches Futteral für die Bolzen, an der Seite. &#x2014; Die<lb/>
Pickeniere trugen Panzerröcke mit Brustblech. Dies schwere Fußvolk focht<lb/>
nicht, wie das der Schweizer, in tiefer Ordnung, sondern meist in nur<lb/>
4 Gliedern oder in hohlen Vierecken.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_26"> Der Herzog selbst wählte die Anführer der Compagnien jedesmal<lb/>
auf ein Jahr. Die Eintheilung der letzteren geschah anfangs nach Zehnteln<lb/>
&lt;äixaill&lt;Zö), später in 4 Escouaden, deren jede wieder in 4 cdambres zu je<lb/>
ü Lanzen getheilt war. Einer der Escouadenchefs wurde zum Lieutenant<lb/>
bestellt. Jede Cscouade führte ihr Fähnlein. Die Schützen hatten, da sie<lb/>
von ihren Lanzen getrennt fechten mußten, besondere Anführer.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_27"> Einen hervorragenden Theil des Heeres bildete die Leibwache des<lb/>
Herzogs. Sie war folgendermaßen zusammengesetzt: Englische Garde: 480<lb/>
berittene Bogenschützen in 12 Geschwadern (esevuaäsL), von denen stets eine<lb/>
llixaius den Dienst in den herzoglichen Zimmern versah; berittene Leibschützen<lb/>
(itredtirs an corps): 90 Mann; berittene Bogenschützen: 400 Mann in<lb/>
4 Geschwadern; ferner 62 Leibschützen zur Fußbegleitung des Herzogs;<lb/>
eine Nobelgarde (Mrcte &lt;1'6en/ers on as geutils Komme») von 126 Reisigen,<lb/>
mit eben so vielen Bogenschützen in 4 Geschwadern, unter einem &#x201E;eaxiwimz"<lb/>
über das ganze Corps, und endlich ein sog. relltort 6&lt;z 1a Mi-ac von 160 Mann.<lb/>
Die Leibwache betrug somit zusammen 1434 Mann und Pferde, wozu später<lb/>
noch eine Schaar von 600 Mann Fußvolk des Hauses kam, so daß die ganze<lb/>
Garde sich aus etwa 2000 Mann belief.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_28"> Noch näher als die Leibgarde stand dem Herrscher sein Hofstaat, dessen<lb/>
verschiedene Stäbe (&lt;zwts) zugleich militärische Bestimmung und Organisation<lb/>
hatten, sodaß sie im Felde kleine Reitergeschwader bildeten. So trug der<lb/>
Oberkammerherr, gefolgt von 40 Rittern seines Stabes, das Hauptbanner der<lb/>
Vassallen; das Perron (Leibfähnchen) des Herzogs führte der Ecuyer-tranchant,<lb/>
der Vorschneider. Den Obermundschenk begleitete ein Stab von SO Edel¬<lb/>
knechten; ebenso viele reisige Edle folgten dem Oberstallmeister, welcher die<lb/>
große Standarte von Burgund trug und die Pflicht hatte, in der Schlacht<lb/>
nie aus der unmittelbarsten Nähe seines Herrn zu weichen. Den Stab des<lb/>
Oberhofmeisters endlich bildete das Sanitätspersonal des Hofes, welches aus<lb/>
6 Medizinern und 4 Wundärzten bestand.</p><lb/>
              <note xml:id="FID_4" place="foot"> ") Emanuel v. Rott: Die Feldzüge Karl's des Kühnen, Herzogs von Burgund u. seiner<lb/>
Erben mit besonderer Beziehung auf die Theilnahme der Schweizer an denselben. Schaff¬<lb/>
hausen. 1843.</note><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0016] Hammers mit langer Spitze. Die berittenen Armbrust schützen pflegten stets zu Pferde zu fechten. Ihre großen Armbrüste hießen „ol-aus^uinss", von der Klammer, mit welcher der Bogen gespannt wurde. Statt des größeren Kochers oder Beutels (trous8<z), der zum Bogen gehörte, hatten die Arm¬ brustschützen ein cylindrisches Futteral für die Bolzen, an der Seite. — Die Pickeniere trugen Panzerröcke mit Brustblech. Dies schwere Fußvolk focht nicht, wie das der Schweizer, in tiefer Ordnung, sondern meist in nur 4 Gliedern oder in hohlen Vierecken. Der Herzog selbst wählte die Anführer der Compagnien jedesmal auf ein Jahr. Die Eintheilung der letzteren geschah anfangs nach Zehnteln <äixaill<Zö), später in 4 Escouaden, deren jede wieder in 4 cdambres zu je ü Lanzen getheilt war. Einer der Escouadenchefs wurde zum Lieutenant bestellt. Jede Cscouade führte ihr Fähnlein. Die Schützen hatten, da sie von ihren Lanzen getrennt fechten mußten, besondere Anführer. Einen hervorragenden Theil des Heeres bildete die Leibwache des Herzogs. Sie war folgendermaßen zusammengesetzt: Englische Garde: 480 berittene Bogenschützen in 12 Geschwadern (esevuaäsL), von denen stets eine llixaius den Dienst in den herzoglichen Zimmern versah; berittene Leibschützen (itredtirs an corps): 90 Mann; berittene Bogenschützen: 400 Mann in 4 Geschwadern; ferner 62 Leibschützen zur Fußbegleitung des Herzogs; eine Nobelgarde (Mrcte <1'6en/ers on as geutils Komme») von 126 Reisigen, mit eben so vielen Bogenschützen in 4 Geschwadern, unter einem „eaxiwimz" über das ganze Corps, und endlich ein sog. relltort 6<z 1a Mi-ac von 160 Mann. Die Leibwache betrug somit zusammen 1434 Mann und Pferde, wozu später noch eine Schaar von 600 Mann Fußvolk des Hauses kam, so daß die ganze Garde sich aus etwa 2000 Mann belief. Noch näher als die Leibgarde stand dem Herrscher sein Hofstaat, dessen verschiedene Stäbe (<zwts) zugleich militärische Bestimmung und Organisation hatten, sodaß sie im Felde kleine Reitergeschwader bildeten. So trug der Oberkammerherr, gefolgt von 40 Rittern seines Stabes, das Hauptbanner der Vassallen; das Perron (Leibfähnchen) des Herzogs führte der Ecuyer-tranchant, der Vorschneider. Den Obermundschenk begleitete ein Stab von SO Edel¬ knechten; ebenso viele reisige Edle folgten dem Oberstallmeister, welcher die große Standarte von Burgund trug und die Pflicht hatte, in der Schlacht nie aus der unmittelbarsten Nähe seines Herrn zu weichen. Den Stab des Oberhofmeisters endlich bildete das Sanitätspersonal des Hofes, welches aus 6 Medizinern und 4 Wundärzten bestand. ") Emanuel v. Rott: Die Feldzüge Karl's des Kühnen, Herzogs von Burgund u. seiner Erben mit besonderer Beziehung auf die Theilnahme der Schweizer an denselben. Schaff¬ hausen. 1843.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/16
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/16>, abgerufen am 26.09.2024.