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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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namentlich zum Verlast einiger Grenzplätze, gekommen sei, und wie er sich
darum genöthigt sehe, die Auflage einer jährlichen Steuer zu verlangen, um
damit ein beständig besoldetes Corps von etwa 800 Lanzen in den äußersten
Grenzplätzen zu erhalten." Die Stände bewilligten 120.000 Goldlilien (Reichs¬
thaler) zu diesem Zweck; und schon im folgenden Jahre findet man das
Corps auf 1200 Lanzen verstärkt und in 12 Compagnien eingetheilt. Die
Lanze bestand aus acht bewaffneten Männern, nämlich dem Reisigen (Iiomms
ä'iirmes), einem bewaffneten Diener (conseiller) und zwei Bogenschützen
(arduzis) zu Pferde, sowie zwei Büchsenschützen (eoulevriniers) und zwei
Pickenieren zu Fuß. Reiterei und Fußvolk waren also bei dieser burgundi¬
schen Ordonnanz in ein und derselben Lanze verbunden und zu
gleichen Theilen vertreten. Später kam zu jeder Lanze noch ein Knappe (vage)
und ein Armbrustschütze (elance^uimer), beide beritten, so daß nun die Zahl
der Reiterei überwog. -- Am Ende des Jahres 1472 zählte die Ordonnanz
1200 Lanziere (Iiommvs ä'arrmzs), 3000 Bogenschützen und 600 Armbrust¬
schützen zu Roß, 600 Büchsenschützen (eoulsuvriiners) und 1000 Bogen¬
schützen zu Fuß, 2000 Pickeniere und 2400 bewaffnete Diener (Knappen und
eoustiliörs) -- im ganzen 10,800 Mann.*)

Was die Bewaffnung und Fechtart betrifft, so führte der Gendarme,
welcher völlig geharnischt erschien, die Lanze, den Stoßdegen (ostoe) und
einen leichten Hieber (couteau), der am Sattel hing. Die Fechtart dieser
Lanziers bestand darin, daß sie in vollem Roßlauf den Feind mit eingelegter
Lanze anrannten und. wenn diese dann zersplittert war, im Handgemenge
mit den Kurzwehren fochten. -- Der Conseiller war in seiner Ausrüstung von
vornherein auf die Melee berechnet. Er trug Panzerhemd mit Halsschirm,
Arm- und Beinschienen, Blechhandschuh und Bickelhauve (Maäe), Wurfspieß
(javelot), Schwert und Dolch. -- Mit gleichen Schutzwaffen wie die Cousti-
liers sollten die Büchsen-, Armbrust- und Bogenschützen versehen sein, doch
mit solcher Einrichtung, daß die zum Schießen nothwendige freie Armbewegung
nicht gehindert wurde. Den berittenen Bogenschützen sollte übrigens das
Pferd eigentlich nur als Transportmittel dienen. Sie sollten zu Fuß fechten
und zwar in 2 Gliedern. Thatsächlich war aber unter den Bognern die
Sitte eingerissen, auch während des Gefechts im Sattel zu bleiben, nicht nur
weil dies bequemer, sondern namentlich deshalb, weil es ritterlicher erschien.
Die Flanken der Schützen wurden womöglich durch Reiterei oder schwer¬
bewaffnetes Fußvolk gedeckt, wenn es nicht durch natürliche Hindernisse ge¬
schehen konnte. Zum Gefecht im Handgemenge bedienten sie sich des Streit-



") KoUut: lies mümoirss Kistoriynss av la RüxudU-ins 8v<iugnoiso clss
r>l'!nvss et" ig, I^iiolik-ovato <Zs LouiAo^n". Neue Ausgabe von Ch. DuvemoiS. Ar-
bois 1846.

namentlich zum Verlast einiger Grenzplätze, gekommen sei, und wie er sich
darum genöthigt sehe, die Auflage einer jährlichen Steuer zu verlangen, um
damit ein beständig besoldetes Corps von etwa 800 Lanzen in den äußersten
Grenzplätzen zu erhalten." Die Stände bewilligten 120.000 Goldlilien (Reichs¬
thaler) zu diesem Zweck; und schon im folgenden Jahre findet man das
Corps auf 1200 Lanzen verstärkt und in 12 Compagnien eingetheilt. Die
Lanze bestand aus acht bewaffneten Männern, nämlich dem Reisigen (Iiomms
ä'iirmes), einem bewaffneten Diener (conseiller) und zwei Bogenschützen
(arduzis) zu Pferde, sowie zwei Büchsenschützen (eoulevriniers) und zwei
Pickenieren zu Fuß. Reiterei und Fußvolk waren also bei dieser burgundi¬
schen Ordonnanz in ein und derselben Lanze verbunden und zu
gleichen Theilen vertreten. Später kam zu jeder Lanze noch ein Knappe (vage)
und ein Armbrustschütze (elance^uimer), beide beritten, so daß nun die Zahl
der Reiterei überwog. — Am Ende des Jahres 1472 zählte die Ordonnanz
1200 Lanziere (Iiommvs ä'arrmzs), 3000 Bogenschützen und 600 Armbrust¬
schützen zu Roß, 600 Büchsenschützen (eoulsuvriiners) und 1000 Bogen¬
schützen zu Fuß, 2000 Pickeniere und 2400 bewaffnete Diener (Knappen und
eoustiliörs) — im ganzen 10,800 Mann.*)

Was die Bewaffnung und Fechtart betrifft, so führte der Gendarme,
welcher völlig geharnischt erschien, die Lanze, den Stoßdegen (ostoe) und
einen leichten Hieber (couteau), der am Sattel hing. Die Fechtart dieser
Lanziers bestand darin, daß sie in vollem Roßlauf den Feind mit eingelegter
Lanze anrannten und. wenn diese dann zersplittert war, im Handgemenge
mit den Kurzwehren fochten. — Der Conseiller war in seiner Ausrüstung von
vornherein auf die Melee berechnet. Er trug Panzerhemd mit Halsschirm,
Arm- und Beinschienen, Blechhandschuh und Bickelhauve (Maäe), Wurfspieß
(javelot), Schwert und Dolch. — Mit gleichen Schutzwaffen wie die Cousti-
liers sollten die Büchsen-, Armbrust- und Bogenschützen versehen sein, doch
mit solcher Einrichtung, daß die zum Schießen nothwendige freie Armbewegung
nicht gehindert wurde. Den berittenen Bogenschützen sollte übrigens das
Pferd eigentlich nur als Transportmittel dienen. Sie sollten zu Fuß fechten
und zwar in 2 Gliedern. Thatsächlich war aber unter den Bognern die
Sitte eingerissen, auch während des Gefechts im Sattel zu bleiben, nicht nur
weil dies bequemer, sondern namentlich deshalb, weil es ritterlicher erschien.
Die Flanken der Schützen wurden womöglich durch Reiterei oder schwer¬
bewaffnetes Fußvolk gedeckt, wenn es nicht durch natürliche Hindernisse ge¬
schehen konnte. Zum Gefecht im Handgemenge bedienten sie sich des Streit-



") KoUut: lies mümoirss Kistoriynss av la RüxudU-ins 8v<iugnoiso clss
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[0015] namentlich zum Verlast einiger Grenzplätze, gekommen sei, und wie er sich darum genöthigt sehe, die Auflage einer jährlichen Steuer zu verlangen, um damit ein beständig besoldetes Corps von etwa 800 Lanzen in den äußersten Grenzplätzen zu erhalten." Die Stände bewilligten 120.000 Goldlilien (Reichs¬ thaler) zu diesem Zweck; und schon im folgenden Jahre findet man das Corps auf 1200 Lanzen verstärkt und in 12 Compagnien eingetheilt. Die Lanze bestand aus acht bewaffneten Männern, nämlich dem Reisigen (Iiomms ä'iirmes), einem bewaffneten Diener (conseiller) und zwei Bogenschützen (arduzis) zu Pferde, sowie zwei Büchsenschützen (eoulevriniers) und zwei Pickenieren zu Fuß. Reiterei und Fußvolk waren also bei dieser burgundi¬ schen Ordonnanz in ein und derselben Lanze verbunden und zu gleichen Theilen vertreten. Später kam zu jeder Lanze noch ein Knappe (vage) und ein Armbrustschütze (elance^uimer), beide beritten, so daß nun die Zahl der Reiterei überwog. — Am Ende des Jahres 1472 zählte die Ordonnanz 1200 Lanziere (Iiommvs ä'arrmzs), 3000 Bogenschützen und 600 Armbrust¬ schützen zu Roß, 600 Büchsenschützen (eoulsuvriiners) und 1000 Bogen¬ schützen zu Fuß, 2000 Pickeniere und 2400 bewaffnete Diener (Knappen und eoustiliörs) — im ganzen 10,800 Mann.*) Was die Bewaffnung und Fechtart betrifft, so führte der Gendarme, welcher völlig geharnischt erschien, die Lanze, den Stoßdegen (ostoe) und einen leichten Hieber (couteau), der am Sattel hing. Die Fechtart dieser Lanziers bestand darin, daß sie in vollem Roßlauf den Feind mit eingelegter Lanze anrannten und. wenn diese dann zersplittert war, im Handgemenge mit den Kurzwehren fochten. — Der Conseiller war in seiner Ausrüstung von vornherein auf die Melee berechnet. Er trug Panzerhemd mit Halsschirm, Arm- und Beinschienen, Blechhandschuh und Bickelhauve (Maäe), Wurfspieß (javelot), Schwert und Dolch. — Mit gleichen Schutzwaffen wie die Cousti- liers sollten die Büchsen-, Armbrust- und Bogenschützen versehen sein, doch mit solcher Einrichtung, daß die zum Schießen nothwendige freie Armbewegung nicht gehindert wurde. Den berittenen Bogenschützen sollte übrigens das Pferd eigentlich nur als Transportmittel dienen. Sie sollten zu Fuß fechten und zwar in 2 Gliedern. Thatsächlich war aber unter den Bognern die Sitte eingerissen, auch während des Gefechts im Sattel zu bleiben, nicht nur weil dies bequemer, sondern namentlich deshalb, weil es ritterlicher erschien. Die Flanken der Schützen wurden womöglich durch Reiterei oder schwer¬ bewaffnetes Fußvolk gedeckt, wenn es nicht durch natürliche Hindernisse ge¬ schehen konnte. Zum Gefecht im Handgemenge bedienten sie sich des Streit- ") KoUut: lies mümoirss Kistoriynss av la RüxudU-ins 8v<iugnoiso clss r>l'!nvss et« ig, I^iiolik-ovato <Zs LouiAo^n«. Neue Ausgabe von Ch. DuvemoiS. Ar- bois 1846.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/15>, abgerufen am 26.09.2024.