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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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war eine Stätte neuer Kräfteerhvlung im südöstlichen Frankreich geschaffen
worden. In Clumacum, Cluny, Clugny in Burgund gründeten 010 auf der
Unterlage der verbesserten Benediktiner - Regel Mönche ein neues Centrum
des päpstlichen Weltbeherrschungsplanes, von welchem der in frommer Ge¬
sinnung und entsprechender Darstellung zuweilen überschwengliche umfassende
Geschichtschreiber der Kaiserzeit, jedenfalls ein von der römischen Kirche in
sofern anzuerkennender Zeuge/') Giesebrecht deutsche Kaiserzeit, I. S. 643 ff.
sagt: "Die Kongregation von Cluny gewann mit Einem Worte für jene
Zeit und die nächstfolgenden Jahrhunderte etwa dieselbe Bedeutung, wie sie
in der neuern Zeit die Gesellschaft Jesu erhielt, mit der sie in ihren
Grundsätzen und in ihrer Verfassung die mannigfachsten Vergleichungspunkte
darbietet."

Unter dem vierten Abte (der erste ist Berno, der Sohn eines burgundischen
Grafen, der zweite Odo, der dritte Aymardus, der Bermögensansammler)
Majolus 948--994 standen mit dem von Anfang an unmittelb ar un te r
Rom gestellten Kloster mit 117 Mönchen bereits 37 Klöster im westlichen
Frankreich, in Burgund, in engerer Beziehung, in weiterer auch andere in
Italien und Deutschland. Hier erlangte nun den größeren Einfluß die
Kongregation unter Otto I., und den größten unter seinen Nachfolgern.
Zunächst hatte hier freilich Heinrich I. die Aufgabe zu erfüllen, die Einfälle
der Ungarn abzuwehren und die auseinandergezerrten und abgefallenen Theile
des ostfränkischen Reiches wieder zu einiger Verbindung zu bringen; dann
kämpfte sein Sohn Otto eine Reihe von Jahren wider die gegen seine Herr¬
schaft sich auflehnende Verwandtschaft, gegen den eignen Schwager und Bru¬
der, bis endlich dieser Widerstand gebrochen war. Dann aber, sowie Otto
einigermaßen zu Hause frei geworden war und seine Schritte wieder nach
Italien lenken ließ, brachte seine von dorther mitgebrachte zweite Gemahlin
auch den Einfluß der Kongregation von Cluny an seinen Hof. Abt Majolus,
der vorerwähnte vierte der Kongregation, bei der es schon jetzt darauf abgesehen
war, dem ganzen Mönchthum eine streng abgeschlossene monarchische Ver¬
fassung zugeben, besaß das besondere Vertrauen des burgundischen Königs¬
hauses und wurde durch Adelheid, die verwittwete Königin von Italien, die
Prinzessin aus dem burgundischen Königshause, die zweite Gemahlin Otto's
diesem bekannt gemacht und dann von demselben hochgeehrt. Otto I. berief
Majolus nach Italien, um dort die verfallene Kirchenzucht wieder herzustellen,
Otto II. soll, was hier vorangesandt werden mag, Majolus sogar den Stuhl



") Deshalb ist hier gerade der Giesebrecht'schen Darstellung gefolgt. Das Verhältniß ist
vor ihm schon lichtvoll und eingehend behandelt von "Spittler, Geschichte des Papstthums,
neu edirt von Paulus, Wien 1828 Seite 10" f. und L. Ranke, die römischen Päpste, ihre
Kirche und ihr Staat S. f.

war eine Stätte neuer Kräfteerhvlung im südöstlichen Frankreich geschaffen
worden. In Clumacum, Cluny, Clugny in Burgund gründeten 010 auf der
Unterlage der verbesserten Benediktiner - Regel Mönche ein neues Centrum
des päpstlichen Weltbeherrschungsplanes, von welchem der in frommer Ge¬
sinnung und entsprechender Darstellung zuweilen überschwengliche umfassende
Geschichtschreiber der Kaiserzeit, jedenfalls ein von der römischen Kirche in
sofern anzuerkennender Zeuge/') Giesebrecht deutsche Kaiserzeit, I. S. 643 ff.
sagt: „Die Kongregation von Cluny gewann mit Einem Worte für jene
Zeit und die nächstfolgenden Jahrhunderte etwa dieselbe Bedeutung, wie sie
in der neuern Zeit die Gesellschaft Jesu erhielt, mit der sie in ihren
Grundsätzen und in ihrer Verfassung die mannigfachsten Vergleichungspunkte
darbietet."

Unter dem vierten Abte (der erste ist Berno, der Sohn eines burgundischen
Grafen, der zweite Odo, der dritte Aymardus, der Bermögensansammler)
Majolus 948—994 standen mit dem von Anfang an unmittelb ar un te r
Rom gestellten Kloster mit 117 Mönchen bereits 37 Klöster im westlichen
Frankreich, in Burgund, in engerer Beziehung, in weiterer auch andere in
Italien und Deutschland. Hier erlangte nun den größeren Einfluß die
Kongregation unter Otto I., und den größten unter seinen Nachfolgern.
Zunächst hatte hier freilich Heinrich I. die Aufgabe zu erfüllen, die Einfälle
der Ungarn abzuwehren und die auseinandergezerrten und abgefallenen Theile
des ostfränkischen Reiches wieder zu einiger Verbindung zu bringen; dann
kämpfte sein Sohn Otto eine Reihe von Jahren wider die gegen seine Herr¬
schaft sich auflehnende Verwandtschaft, gegen den eignen Schwager und Bru¬
der, bis endlich dieser Widerstand gebrochen war. Dann aber, sowie Otto
einigermaßen zu Hause frei geworden war und seine Schritte wieder nach
Italien lenken ließ, brachte seine von dorther mitgebrachte zweite Gemahlin
auch den Einfluß der Kongregation von Cluny an seinen Hof. Abt Majolus,
der vorerwähnte vierte der Kongregation, bei der es schon jetzt darauf abgesehen
war, dem ganzen Mönchthum eine streng abgeschlossene monarchische Ver¬
fassung zugeben, besaß das besondere Vertrauen des burgundischen Königs¬
hauses und wurde durch Adelheid, die verwittwete Königin von Italien, die
Prinzessin aus dem burgundischen Königshause, die zweite Gemahlin Otto's
diesem bekannt gemacht und dann von demselben hochgeehrt. Otto I. berief
Majolus nach Italien, um dort die verfallene Kirchenzucht wieder herzustellen,
Otto II. soll, was hier vorangesandt werden mag, Majolus sogar den Stuhl



») Deshalb ist hier gerade der Giesebrecht'schen Darstellung gefolgt. Das Verhältniß ist
vor ihm schon lichtvoll und eingehend behandelt von „Spittler, Geschichte des Papstthums,
neu edirt von Paulus, Wien 1828 Seite 10» f. und L. Ranke, die römischen Päpste, ihre
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[0054] war eine Stätte neuer Kräfteerhvlung im südöstlichen Frankreich geschaffen worden. In Clumacum, Cluny, Clugny in Burgund gründeten 010 auf der Unterlage der verbesserten Benediktiner - Regel Mönche ein neues Centrum des päpstlichen Weltbeherrschungsplanes, von welchem der in frommer Ge¬ sinnung und entsprechender Darstellung zuweilen überschwengliche umfassende Geschichtschreiber der Kaiserzeit, jedenfalls ein von der römischen Kirche in sofern anzuerkennender Zeuge/') Giesebrecht deutsche Kaiserzeit, I. S. 643 ff. sagt: „Die Kongregation von Cluny gewann mit Einem Worte für jene Zeit und die nächstfolgenden Jahrhunderte etwa dieselbe Bedeutung, wie sie in der neuern Zeit die Gesellschaft Jesu erhielt, mit der sie in ihren Grundsätzen und in ihrer Verfassung die mannigfachsten Vergleichungspunkte darbietet." Unter dem vierten Abte (der erste ist Berno, der Sohn eines burgundischen Grafen, der zweite Odo, der dritte Aymardus, der Bermögensansammler) Majolus 948—994 standen mit dem von Anfang an unmittelb ar un te r Rom gestellten Kloster mit 117 Mönchen bereits 37 Klöster im westlichen Frankreich, in Burgund, in engerer Beziehung, in weiterer auch andere in Italien und Deutschland. Hier erlangte nun den größeren Einfluß die Kongregation unter Otto I., und den größten unter seinen Nachfolgern. Zunächst hatte hier freilich Heinrich I. die Aufgabe zu erfüllen, die Einfälle der Ungarn abzuwehren und die auseinandergezerrten und abgefallenen Theile des ostfränkischen Reiches wieder zu einiger Verbindung zu bringen; dann kämpfte sein Sohn Otto eine Reihe von Jahren wider die gegen seine Herr¬ schaft sich auflehnende Verwandtschaft, gegen den eignen Schwager und Bru¬ der, bis endlich dieser Widerstand gebrochen war. Dann aber, sowie Otto einigermaßen zu Hause frei geworden war und seine Schritte wieder nach Italien lenken ließ, brachte seine von dorther mitgebrachte zweite Gemahlin auch den Einfluß der Kongregation von Cluny an seinen Hof. Abt Majolus, der vorerwähnte vierte der Kongregation, bei der es schon jetzt darauf abgesehen war, dem ganzen Mönchthum eine streng abgeschlossene monarchische Ver¬ fassung zugeben, besaß das besondere Vertrauen des burgundischen Königs¬ hauses und wurde durch Adelheid, die verwittwete Königin von Italien, die Prinzessin aus dem burgundischen Königshause, die zweite Gemahlin Otto's diesem bekannt gemacht und dann von demselben hochgeehrt. Otto I. berief Majolus nach Italien, um dort die verfallene Kirchenzucht wieder herzustellen, Otto II. soll, was hier vorangesandt werden mag, Majolus sogar den Stuhl ») Deshalb ist hier gerade der Giesebrecht'schen Darstellung gefolgt. Das Verhältniß ist vor ihm schon lichtvoll und eingehend behandelt von „Spittler, Geschichte des Papstthums, neu edirt von Paulus, Wien 1828 Seite 10» f. und L. Ranke, die römischen Päpste, ihre Kirche und ihr Staat S. f.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/54>, abgerufen am 29.06.2024.