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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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Aufwands von Brennmaterial bewerkstelligt wird, als mittelst Rad- und
Schraubendampfer und durch die Kohlenersparniß allein schon deren Nach¬
theile wett gemacht werden, trotzdem diese Nachtheile bedeutend sind. Das
Drahtseil und die Kette erheischen ein großes Capital; die deutsche Meile
Drahtseil kostet durchschnittlich 16,000 si. Die deutsche Meile Kette für eine
gleich große Zugfähigkeit durchschnittlich 360,000 si. Bei großen Flüssen
oder Strömen, wie die Donau z. B., welche auf viele hundert Meilen be¬
fahren wird, repräsenttrt dies bereits einen sehr bedeutenden Betrag, welcher
überdies manchmal doppelt in die Waagschale fällt, da die Kette nur für die
Bergfahrt, nicht aber stromabwärts benutzt werden kann. Bet der Thalfahrt
wäre nämlich die Geschwindigkeit für Kette oder Seil zu groß, und würden
diese dabei rasch zu Grunde gehen. Deshalb müssen auch die Ketten- oder
Seilschiffe, wenn sie für Ströme gut sein sollen außer dem Mechanismus zum
Auf- und Abwinden und Lenken der Kette oder des Seiles auch behufs Thal¬
fahrt complet wie die freien Dampfer mit kleinen Ruderrädern oder Schraube
ausgerüstet sein. Die Kosten der Instandhaltung eines solchen Schiffes sind
dadurch, daß hierzu noch die nothwendigen Kosten der Instandhaltung der
Kette oder des Seiles zugeschlagen werden müssen, sehr bedeutend. Die Mann¬
schaft eines Ketten- oder Setlschiffes, also auch die Gagen, sind wohl kleiner
als bei einem freien Dampfer, dafür müssen die Zinsen und die Amortisations¬
quoten des Capitals der Kette oder des Seiles bestritten werden, welche be¬
sonders bei mäßigem Verkehre die Regie stark belasten. Schiffe an derselben
Kette fahrend, können einander nicht ausweichen, in nicht durchweg regulirten
Strömen, wo das Fahrwasser rapiden Aenderungen unterworfen ist, und bei
widrigem Wetter ist das Lenken eines Seil- oder Kettenschiffes, welches einen
Train von andern Schiffen remorquirt, sehr erschwert und dadurch auch für
die entgegenkommenden freien Dampfer das Ausweichen schwierig. Endlich
kann für den Personenverkehr Kette oder Seil stromaufwärts ebensowenig wie
für die Thalfahrt überhaupt dienen, für diese Verkehrszwecke ist also das
in der Kette oder dem Seile ruhende Capital unnutzbar. All diese zusammen
sonach sehr gewichtigen Nachtheile vermochten indeß die Kohlenersparniß.
welche durch diese Schifffahrtweise erzielt wird, auszugleichen, und zwar in
ganz entschiedener Weise und allenthalben, so lange die Schiffsmaschine nicht
den heutigen GcaV der Vollkommenheit hatte. Heute ist die Sache für große
Ströme bereits weniger evident und je mehr die Schiffsmaschinen vervoll¬
kommnet werden, je kleiner also der Kohlenverbrauch überhaupt wird, desto
kleiner wird auch der absolute Werth der Differenz der durch die Ketten¬
oder Seilschiffe ersparten Kohlen und um so wahrscheinlicher wird dieser immer
kleiner werdende Vortheil durch die vorerwähnten ziemlich constant bleibenden
Nachtheile aufgehoben werden.


Aufwands von Brennmaterial bewerkstelligt wird, als mittelst Rad- und
Schraubendampfer und durch die Kohlenersparniß allein schon deren Nach¬
theile wett gemacht werden, trotzdem diese Nachtheile bedeutend sind. Das
Drahtseil und die Kette erheischen ein großes Capital; die deutsche Meile
Drahtseil kostet durchschnittlich 16,000 si. Die deutsche Meile Kette für eine
gleich große Zugfähigkeit durchschnittlich 360,000 si. Bei großen Flüssen
oder Strömen, wie die Donau z. B., welche auf viele hundert Meilen be¬
fahren wird, repräsenttrt dies bereits einen sehr bedeutenden Betrag, welcher
überdies manchmal doppelt in die Waagschale fällt, da die Kette nur für die
Bergfahrt, nicht aber stromabwärts benutzt werden kann. Bet der Thalfahrt
wäre nämlich die Geschwindigkeit für Kette oder Seil zu groß, und würden
diese dabei rasch zu Grunde gehen. Deshalb müssen auch die Ketten- oder
Seilschiffe, wenn sie für Ströme gut sein sollen außer dem Mechanismus zum
Auf- und Abwinden und Lenken der Kette oder des Seiles auch behufs Thal¬
fahrt complet wie die freien Dampfer mit kleinen Ruderrädern oder Schraube
ausgerüstet sein. Die Kosten der Instandhaltung eines solchen Schiffes sind
dadurch, daß hierzu noch die nothwendigen Kosten der Instandhaltung der
Kette oder des Seiles zugeschlagen werden müssen, sehr bedeutend. Die Mann¬
schaft eines Ketten- oder Setlschiffes, also auch die Gagen, sind wohl kleiner
als bei einem freien Dampfer, dafür müssen die Zinsen und die Amortisations¬
quoten des Capitals der Kette oder des Seiles bestritten werden, welche be¬
sonders bei mäßigem Verkehre die Regie stark belasten. Schiffe an derselben
Kette fahrend, können einander nicht ausweichen, in nicht durchweg regulirten
Strömen, wo das Fahrwasser rapiden Aenderungen unterworfen ist, und bei
widrigem Wetter ist das Lenken eines Seil- oder Kettenschiffes, welches einen
Train von andern Schiffen remorquirt, sehr erschwert und dadurch auch für
die entgegenkommenden freien Dampfer das Ausweichen schwierig. Endlich
kann für den Personenverkehr Kette oder Seil stromaufwärts ebensowenig wie
für die Thalfahrt überhaupt dienen, für diese Verkehrszwecke ist also das
in der Kette oder dem Seile ruhende Capital unnutzbar. All diese zusammen
sonach sehr gewichtigen Nachtheile vermochten indeß die Kohlenersparniß.
welche durch diese Schifffahrtweise erzielt wird, auszugleichen, und zwar in
ganz entschiedener Weise und allenthalben, so lange die Schiffsmaschine nicht
den heutigen GcaV der Vollkommenheit hatte. Heute ist die Sache für große
Ströme bereits weniger evident und je mehr die Schiffsmaschinen vervoll¬
kommnet werden, je kleiner also der Kohlenverbrauch überhaupt wird, desto
kleiner wird auch der absolute Werth der Differenz der durch die Ketten¬
oder Seilschiffe ersparten Kohlen und um so wahrscheinlicher wird dieser immer
kleiner werdende Vortheil durch die vorerwähnten ziemlich constant bleibenden
Nachtheile aufgehoben werden.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/520>, abgerufen am 29.06.2024.