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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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Für die oberen Läufe von Strömen und großen Flüssen hingegen ist die
Ersparniß stets eine so große, daß der Bestand dieser Schifffahrtsweise als
ein gesicherter zu erachten ist. Auf der Strecke zwischen Preßburg und Wien
z. B., wo die Strömung an den verschiedenen Stellen zwischen 3 und 5 See¬
meilen pr. Stunde beträgt, befördert bei mittlerem Wasserstande ein Ketten¬
schiff, welches 50,000 si. kostet, stromaufwärts bis 13 000 Centner Nettolast
mit 3 Seemeilen durchschnittlicher Geschwindigkeit, verbrennt hierbei 6 Centner
Kohle pr. Stunde und erheischt an Monatslohnung für die Bemannung
640 si. Ein Raddampfer, welcher auf der gleichen Strecke ebenfalls 18,000
Centner mit ca. 3^ Seemeile Geschwindigkeit remorquirt, kostet 100,000 si.
und verbrennt pr. Stunde 16 Ctr. Kohlen und verausgabt an Mann-
schaftsgage 14 -- 1400 si, -- Ebenso vortheilhaft ist die Ketten- oder Seil¬
schifffahrt in Canälen, wo das Wasser keine Strömung hat, die Kette oder
das Seil also sowohl für Berg- als Thalfahrt dient, wo überdies die kleine
Fahrgeschwindigkeit für den Nutzeffect der Schiffsschraube oder Schaufelräder
sehr ungünstig ist, und die von denselben erzeugten Wellen in dem engen
Max Hoenig. Fahrwasser die Canalböschungen schädigen würden.




Me sächsischen Landtagswahlen.

Die sächsischen Landtagswahlen sind am vierzehnten September vollzogen
worden. Prüft man ihre Ergebnisse lediglich vom Standpunkt der Wahlent¬
scheidung aus, so hat die nationale Partei Deutschlands allen Grund, mit
dem sächsischen Wahltag zufrieden zu sein. Denn von den zweiunddreißig
Sitzen, die neu zu besetzen waren, ist ein guter Theil der partieulariftischen
Reaction abgewonnen worden. Der Freiberger Canadier des sächsischen
Landtags z. B., der Europens übertünchte Höflichkeit nicht kannte, und sich
vor der Zumuthung, den Wahrheitsbeweis seiner persönlichen Verunglimpf¬
ungen gegen Biedermann anzutreten, consequent seitwärts in die Büsche
schlug, Bonzen hat seine parlamentarische Rolle nun auch in Dresden
ausgespielt. Mit ihm sind die edeln Bonzen der Amtshauptmannschaft, die
Herren von Einsiedel und von Zahn, einige bürgerliche Rittergutsbesitzer
auf der Rechten, und die Blüthe grünweißer Schulräthe Herr Hahn, von
ihrer Mitwirkung bei der Dresdner Weltgeschichte abberufen. Das un¬
dankbare Volk hat ihre alten Sitze an Nationalliberale und Fortschrittsleute
vergeben.

Es kann sein, daß ein Späterer, der die Zukunft kennt, die uns noch ver-


Grenzboten Hi. 1875. 65

Für die oberen Läufe von Strömen und großen Flüssen hingegen ist die
Ersparniß stets eine so große, daß der Bestand dieser Schifffahrtsweise als
ein gesicherter zu erachten ist. Auf der Strecke zwischen Preßburg und Wien
z. B., wo die Strömung an den verschiedenen Stellen zwischen 3 und 5 See¬
meilen pr. Stunde beträgt, befördert bei mittlerem Wasserstande ein Ketten¬
schiff, welches 50,000 si. kostet, stromaufwärts bis 13 000 Centner Nettolast
mit 3 Seemeilen durchschnittlicher Geschwindigkeit, verbrennt hierbei 6 Centner
Kohle pr. Stunde und erheischt an Monatslohnung für die Bemannung
640 si. Ein Raddampfer, welcher auf der gleichen Strecke ebenfalls 18,000
Centner mit ca. 3^ Seemeile Geschwindigkeit remorquirt, kostet 100,000 si.
und verbrennt pr. Stunde 16 Ctr. Kohlen und verausgabt an Mann-
schaftsgage 14 — 1400 si, — Ebenso vortheilhaft ist die Ketten- oder Seil¬
schifffahrt in Canälen, wo das Wasser keine Strömung hat, die Kette oder
das Seil also sowohl für Berg- als Thalfahrt dient, wo überdies die kleine
Fahrgeschwindigkeit für den Nutzeffect der Schiffsschraube oder Schaufelräder
sehr ungünstig ist, und die von denselben erzeugten Wellen in dem engen
Max Hoenig. Fahrwasser die Canalböschungen schädigen würden.




Me sächsischen Landtagswahlen.

Die sächsischen Landtagswahlen sind am vierzehnten September vollzogen
worden. Prüft man ihre Ergebnisse lediglich vom Standpunkt der Wahlent¬
scheidung aus, so hat die nationale Partei Deutschlands allen Grund, mit
dem sächsischen Wahltag zufrieden zu sein. Denn von den zweiunddreißig
Sitzen, die neu zu besetzen waren, ist ein guter Theil der partieulariftischen
Reaction abgewonnen worden. Der Freiberger Canadier des sächsischen
Landtags z. B., der Europens übertünchte Höflichkeit nicht kannte, und sich
vor der Zumuthung, den Wahrheitsbeweis seiner persönlichen Verunglimpf¬
ungen gegen Biedermann anzutreten, consequent seitwärts in die Büsche
schlug, Bonzen hat seine parlamentarische Rolle nun auch in Dresden
ausgespielt. Mit ihm sind die edeln Bonzen der Amtshauptmannschaft, die
Herren von Einsiedel und von Zahn, einige bürgerliche Rittergutsbesitzer
auf der Rechten, und die Blüthe grünweißer Schulräthe Herr Hahn, von
ihrer Mitwirkung bei der Dresdner Weltgeschichte abberufen. Das un¬
dankbare Volk hat ihre alten Sitze an Nationalliberale und Fortschrittsleute
vergeben.

Es kann sein, daß ein Späterer, der die Zukunft kennt, die uns noch ver-


Grenzboten Hi. 1875. 65
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[0521] Für die oberen Läufe von Strömen und großen Flüssen hingegen ist die Ersparniß stets eine so große, daß der Bestand dieser Schifffahrtsweise als ein gesicherter zu erachten ist. Auf der Strecke zwischen Preßburg und Wien z. B., wo die Strömung an den verschiedenen Stellen zwischen 3 und 5 See¬ meilen pr. Stunde beträgt, befördert bei mittlerem Wasserstande ein Ketten¬ schiff, welches 50,000 si. kostet, stromaufwärts bis 13 000 Centner Nettolast mit 3 Seemeilen durchschnittlicher Geschwindigkeit, verbrennt hierbei 6 Centner Kohle pr. Stunde und erheischt an Monatslohnung für die Bemannung 640 si. Ein Raddampfer, welcher auf der gleichen Strecke ebenfalls 18,000 Centner mit ca. 3^ Seemeile Geschwindigkeit remorquirt, kostet 100,000 si. und verbrennt pr. Stunde 16 Ctr. Kohlen und verausgabt an Mann- schaftsgage 14 — 1400 si, — Ebenso vortheilhaft ist die Ketten- oder Seil¬ schifffahrt in Canälen, wo das Wasser keine Strömung hat, die Kette oder das Seil also sowohl für Berg- als Thalfahrt dient, wo überdies die kleine Fahrgeschwindigkeit für den Nutzeffect der Schiffsschraube oder Schaufelräder sehr ungünstig ist, und die von denselben erzeugten Wellen in dem engen Max Hoenig. Fahrwasser die Canalböschungen schädigen würden. Me sächsischen Landtagswahlen. Die sächsischen Landtagswahlen sind am vierzehnten September vollzogen worden. Prüft man ihre Ergebnisse lediglich vom Standpunkt der Wahlent¬ scheidung aus, so hat die nationale Partei Deutschlands allen Grund, mit dem sächsischen Wahltag zufrieden zu sein. Denn von den zweiunddreißig Sitzen, die neu zu besetzen waren, ist ein guter Theil der partieulariftischen Reaction abgewonnen worden. Der Freiberger Canadier des sächsischen Landtags z. B., der Europens übertünchte Höflichkeit nicht kannte, und sich vor der Zumuthung, den Wahrheitsbeweis seiner persönlichen Verunglimpf¬ ungen gegen Biedermann anzutreten, consequent seitwärts in die Büsche schlug, Bonzen hat seine parlamentarische Rolle nun auch in Dresden ausgespielt. Mit ihm sind die edeln Bonzen der Amtshauptmannschaft, die Herren von Einsiedel und von Zahn, einige bürgerliche Rittergutsbesitzer auf der Rechten, und die Blüthe grünweißer Schulräthe Herr Hahn, von ihrer Mitwirkung bei der Dresdner Weltgeschichte abberufen. Das un¬ dankbare Volk hat ihre alten Sitze an Nationalliberale und Fortschrittsleute vergeben. Es kann sein, daß ein Späterer, der die Zukunft kennt, die uns noch ver- Grenzboten Hi. 1875. 65

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/521>, abgerufen am 29.06.2024.