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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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ferner, die politische Verbindung des Fürstenbundes auch zu einer commer-
ziellen zu gestalten und die vielen Zölle, welche den Handel zwischen den
verschiedenen deutschen Staaten hinderten, zu beseitigen. Der Kurfürst von
Mainz machte einige Einwendungen; der Entwurf schien ihm zu umfassend
und ein gemeinschaftlicher Antrag sogar gefährlich. So kam es, daß der
Congreß in Mainz nicht zu Stande kam.

Der Herzog Karl August hatte eine Ahnung der schweren Kämpfe, welche
Deutschland bevorstanden und wollte auch durch kriegerische Tüchtigkeit zum
mannhaften Bestehen des Kampfes sich vorbereiten. Er trat deshalb (1786)
in die preußische Armee. Er hatte seinen Körper durch frühzeitige Uebung,
durch Anstrengungen auf der Jagd und durch beschwerliche Reisen abgehärtet
und war bald in der ganzen preußischen Armee als kühner Reiter berühmt.
Der erste Feldzug nach Holland (1787) bot wenig Bedeutendes, noch weniger
die Aufstellung der preußischen Armee in Schlesien, deren Frucht die Conven¬
tion von Reichenbach war. In dem Feldzuge der Champagne (1792) zeichnete
sich der Herzog in der Affaire bei Fontois an der Spitze der von Wolfram¬
schen Husaren persönlich aus. Im folgenden Jahre (1793) wohnte der Herzog
der Belagerung von Mainz und der Schlacht bei Kaiserslautern bei. Nicht
ganz zufrieden mit den Erfolgen und schmerzlich bewegt durch den Verlust
des geliebten, einzigen Bruders, des Prinzen Constantin, der an Deutschlands
Grenze als ein Opfer einer bösartigen Seuche starb, verließ der Herzog die
preußische Armee, und wenige Jahre später trat mit dem Frieden von Basel
für das nördliche Deutschland die Waffenruhe ein. Sie brachte Weimar ver¬
mehrte Gewerbe und einen Zuwachs an Bewohnern. Viele ausgewanderte
Franzosen suchten in Weimar ein gastliches Asyl; der ehrwürdige Erzbischof
von Rheims, der geistreiche Graf Norbonne und die berühmten Mitglieder
der National-Versammlung Montmorency, Mounier und Camille Jordan
fanden, nebst mehreren Genossen, hier Ruhe und wohlwollende Aufnahme.

Die durch den Frieden von Basel gewonnene Ruhe wurde benutzt, um
mancherlei Verbesserungen zu machen; das 1774 abgebrannte Schloß ward
unter Goethe's und Boigt's Leitung wieder aufgebaut (1399--1804), Wilhelms¬
thal verschönert, die durch Blitz und Unglücksfälle eingeäscherten Plätze in
Weimar und Eisenach wurden wieder aufgebaut; die Kultur und Aushülfe der
Dörfer, die freiere Regung der Gewerbe waren steter Gegenstand seiner Für-
sorge. Die Theuerungsjahre 1804 und 1803 verlangten Maßregeln zur Ab¬
wendung des Mangels. Die Grundsätze über Freiheit des Getreidehandels,
über Branntweinbrennereien und deren Schädlichkeit oder deren Vortheile
wurden berichtigt; schon früher eingerichtete Feuerlöschanstalten verbessert.
Großmüthige Bewilligungen riefen in Eisenach die verfallenen Stiftungen und


ferner, die politische Verbindung des Fürstenbundes auch zu einer commer-
ziellen zu gestalten und die vielen Zölle, welche den Handel zwischen den
verschiedenen deutschen Staaten hinderten, zu beseitigen. Der Kurfürst von
Mainz machte einige Einwendungen; der Entwurf schien ihm zu umfassend
und ein gemeinschaftlicher Antrag sogar gefährlich. So kam es, daß der
Congreß in Mainz nicht zu Stande kam.

Der Herzog Karl August hatte eine Ahnung der schweren Kämpfe, welche
Deutschland bevorstanden und wollte auch durch kriegerische Tüchtigkeit zum
mannhaften Bestehen des Kampfes sich vorbereiten. Er trat deshalb (1786)
in die preußische Armee. Er hatte seinen Körper durch frühzeitige Uebung,
durch Anstrengungen auf der Jagd und durch beschwerliche Reisen abgehärtet
und war bald in der ganzen preußischen Armee als kühner Reiter berühmt.
Der erste Feldzug nach Holland (1787) bot wenig Bedeutendes, noch weniger
die Aufstellung der preußischen Armee in Schlesien, deren Frucht die Conven¬
tion von Reichenbach war. In dem Feldzuge der Champagne (1792) zeichnete
sich der Herzog in der Affaire bei Fontois an der Spitze der von Wolfram¬
schen Husaren persönlich aus. Im folgenden Jahre (1793) wohnte der Herzog
der Belagerung von Mainz und der Schlacht bei Kaiserslautern bei. Nicht
ganz zufrieden mit den Erfolgen und schmerzlich bewegt durch den Verlust
des geliebten, einzigen Bruders, des Prinzen Constantin, der an Deutschlands
Grenze als ein Opfer einer bösartigen Seuche starb, verließ der Herzog die
preußische Armee, und wenige Jahre später trat mit dem Frieden von Basel
für das nördliche Deutschland die Waffenruhe ein. Sie brachte Weimar ver¬
mehrte Gewerbe und einen Zuwachs an Bewohnern. Viele ausgewanderte
Franzosen suchten in Weimar ein gastliches Asyl; der ehrwürdige Erzbischof
von Rheims, der geistreiche Graf Norbonne und die berühmten Mitglieder
der National-Versammlung Montmorency, Mounier und Camille Jordan
fanden, nebst mehreren Genossen, hier Ruhe und wohlwollende Aufnahme.

Die durch den Frieden von Basel gewonnene Ruhe wurde benutzt, um
mancherlei Verbesserungen zu machen; das 1774 abgebrannte Schloß ward
unter Goethe's und Boigt's Leitung wieder aufgebaut (1399—1804), Wilhelms¬
thal verschönert, die durch Blitz und Unglücksfälle eingeäscherten Plätze in
Weimar und Eisenach wurden wieder aufgebaut; die Kultur und Aushülfe der
Dörfer, die freiere Regung der Gewerbe waren steter Gegenstand seiner Für-
sorge. Die Theuerungsjahre 1804 und 1803 verlangten Maßregeln zur Ab¬
wendung des Mangels. Die Grundsätze über Freiheit des Getreidehandels,
über Branntweinbrennereien und deren Schädlichkeit oder deren Vortheile
wurden berichtigt; schon früher eingerichtete Feuerlöschanstalten verbessert.
Großmüthige Bewilligungen riefen in Eisenach die verfallenen Stiftungen und


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[0507] ferner, die politische Verbindung des Fürstenbundes auch zu einer commer- ziellen zu gestalten und die vielen Zölle, welche den Handel zwischen den verschiedenen deutschen Staaten hinderten, zu beseitigen. Der Kurfürst von Mainz machte einige Einwendungen; der Entwurf schien ihm zu umfassend und ein gemeinschaftlicher Antrag sogar gefährlich. So kam es, daß der Congreß in Mainz nicht zu Stande kam. Der Herzog Karl August hatte eine Ahnung der schweren Kämpfe, welche Deutschland bevorstanden und wollte auch durch kriegerische Tüchtigkeit zum mannhaften Bestehen des Kampfes sich vorbereiten. Er trat deshalb (1786) in die preußische Armee. Er hatte seinen Körper durch frühzeitige Uebung, durch Anstrengungen auf der Jagd und durch beschwerliche Reisen abgehärtet und war bald in der ganzen preußischen Armee als kühner Reiter berühmt. Der erste Feldzug nach Holland (1787) bot wenig Bedeutendes, noch weniger die Aufstellung der preußischen Armee in Schlesien, deren Frucht die Conven¬ tion von Reichenbach war. In dem Feldzuge der Champagne (1792) zeichnete sich der Herzog in der Affaire bei Fontois an der Spitze der von Wolfram¬ schen Husaren persönlich aus. Im folgenden Jahre (1793) wohnte der Herzog der Belagerung von Mainz und der Schlacht bei Kaiserslautern bei. Nicht ganz zufrieden mit den Erfolgen und schmerzlich bewegt durch den Verlust des geliebten, einzigen Bruders, des Prinzen Constantin, der an Deutschlands Grenze als ein Opfer einer bösartigen Seuche starb, verließ der Herzog die preußische Armee, und wenige Jahre später trat mit dem Frieden von Basel für das nördliche Deutschland die Waffenruhe ein. Sie brachte Weimar ver¬ mehrte Gewerbe und einen Zuwachs an Bewohnern. Viele ausgewanderte Franzosen suchten in Weimar ein gastliches Asyl; der ehrwürdige Erzbischof von Rheims, der geistreiche Graf Norbonne und die berühmten Mitglieder der National-Versammlung Montmorency, Mounier und Camille Jordan fanden, nebst mehreren Genossen, hier Ruhe und wohlwollende Aufnahme. Die durch den Frieden von Basel gewonnene Ruhe wurde benutzt, um mancherlei Verbesserungen zu machen; das 1774 abgebrannte Schloß ward unter Goethe's und Boigt's Leitung wieder aufgebaut (1399—1804), Wilhelms¬ thal verschönert, die durch Blitz und Unglücksfälle eingeäscherten Plätze in Weimar und Eisenach wurden wieder aufgebaut; die Kultur und Aushülfe der Dörfer, die freiere Regung der Gewerbe waren steter Gegenstand seiner Für- sorge. Die Theuerungsjahre 1804 und 1803 verlangten Maßregeln zur Ab¬ wendung des Mangels. Die Grundsätze über Freiheit des Getreidehandels, über Branntweinbrennereien und deren Schädlichkeit oder deren Vortheile wurden berichtigt; schon früher eingerichtete Feuerlöschanstalten verbessert. Großmüthige Bewilligungen riefen in Eisenach die verfallenen Stiftungen und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/507>, abgerufen am 29.06.2024.