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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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viel anders sein, denn liest man in den Auszügen des Ctesias diese Intri¬
guen und Grausamkeiten, welche aus dem Harem hervorgehen, diese
Schwäche der Herrschaft in den entfernten Provinzen bei unbegrenztem Des¬
potismus, so glaubt man die Geschichte jetziger Sultane oder Pascha's vor sich
zu haben. ----

Nach dem Besprochenen ist wohl die UnHaltbarkeit und Unglaubwürdig-
keit der ältesten Geschichte in dem Umfange, in dem uns gewöhnlich vorge¬
führt wird, in dieser Ausführlichkeit der einzelnen Thatsachen, dieser Schilde¬
rung einzelner Charactere bewiesen, aber ganz entbehren können wir derselben
deshalb doch durchaus nicht, denn, wie ja schon weiter oben gezeigt worden,
steht manche einzelne wichtige Thatsache, manches für die Menschengeschichte
erhebliche Ereigniß unerschütterlich fest und zudem werden wir so lange auch
der genauen Kenntniß dieser ältesten Geschichte uns nicht entschlagen können,
als die "gelehrte" Bildung, wie sie die höheren und höchsten staatlichen Lehr¬
anstalten bieten, in dem griechischen und römischen Alterthume wurzelt.

Unter keinen Umständen aber dürfen wir versäumen (wozu auch nicht die
geringste Nöthigung vorliegt), einen Unterschied zu machen zwischen Sage und
Emil Romminger. Geschichte.




Im Poesie der Mhm.

Stolz möcht' ich im Streite sterben,
streitend sterben ungeschälter.
Scheiden in der Feindschaft Schooße,
Ohne lange Pein zu leiden,
Ohne schwächend Schmerzenstage,
Ohne Seuche, ohne Siechthum!
Trefflicher ist Tod im Treffen,
Fall'n im Felde vor der Fahne,
Klingen-Kampf als Lebens Kaufpreis,
Pfeilschuß in der Brust der breiten.
Zaudernd zerrt kein zehrend Fieber,
Faßt kein Fressend Weh mit Fesseln,
Scheuchend Schlaf vom Bett der Schmerzen.
Schoner trifft der Tod den Tapfern
Bei den Wunden wackrer Brüder.
Weinend laut klagt ihn die Liebste:
Früh und frisch ist er im Frühling
In der Schlacht vom Schwert erschlagen!

viel anders sein, denn liest man in den Auszügen des Ctesias diese Intri¬
guen und Grausamkeiten, welche aus dem Harem hervorgehen, diese
Schwäche der Herrschaft in den entfernten Provinzen bei unbegrenztem Des¬
potismus, so glaubt man die Geschichte jetziger Sultane oder Pascha's vor sich
zu haben. —--

Nach dem Besprochenen ist wohl die UnHaltbarkeit und Unglaubwürdig-
keit der ältesten Geschichte in dem Umfange, in dem uns gewöhnlich vorge¬
führt wird, in dieser Ausführlichkeit der einzelnen Thatsachen, dieser Schilde¬
rung einzelner Charactere bewiesen, aber ganz entbehren können wir derselben
deshalb doch durchaus nicht, denn, wie ja schon weiter oben gezeigt worden,
steht manche einzelne wichtige Thatsache, manches für die Menschengeschichte
erhebliche Ereigniß unerschütterlich fest und zudem werden wir so lange auch
der genauen Kenntniß dieser ältesten Geschichte uns nicht entschlagen können,
als die „gelehrte" Bildung, wie sie die höheren und höchsten staatlichen Lehr¬
anstalten bieten, in dem griechischen und römischen Alterthume wurzelt.

Unter keinen Umständen aber dürfen wir versäumen (wozu auch nicht die
geringste Nöthigung vorliegt), einen Unterschied zu machen zwischen Sage und
Emil Romminger. Geschichte.




Im Poesie der Mhm.

Stolz möcht' ich im Streite sterben,
streitend sterben ungeschälter.
Scheiden in der Feindschaft Schooße,
Ohne lange Pein zu leiden,
Ohne schwächend Schmerzenstage,
Ohne Seuche, ohne Siechthum!
Trefflicher ist Tod im Treffen,
Fall'n im Felde vor der Fahne,
Klingen-Kampf als Lebens Kaufpreis,
Pfeilschuß in der Brust der breiten.
Zaudernd zerrt kein zehrend Fieber,
Faßt kein Fressend Weh mit Fesseln,
Scheuchend Schlaf vom Bett der Schmerzen.
Schoner trifft der Tod den Tapfern
Bei den Wunden wackrer Brüder.
Weinend laut klagt ihn die Liebste:
Früh und frisch ist er im Frühling
In der Schlacht vom Schwert erschlagen!

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[0478] viel anders sein, denn liest man in den Auszügen des Ctesias diese Intri¬ guen und Grausamkeiten, welche aus dem Harem hervorgehen, diese Schwäche der Herrschaft in den entfernten Provinzen bei unbegrenztem Des¬ potismus, so glaubt man die Geschichte jetziger Sultane oder Pascha's vor sich zu haben. —-- Nach dem Besprochenen ist wohl die UnHaltbarkeit und Unglaubwürdig- keit der ältesten Geschichte in dem Umfange, in dem uns gewöhnlich vorge¬ führt wird, in dieser Ausführlichkeit der einzelnen Thatsachen, dieser Schilde¬ rung einzelner Charactere bewiesen, aber ganz entbehren können wir derselben deshalb doch durchaus nicht, denn, wie ja schon weiter oben gezeigt worden, steht manche einzelne wichtige Thatsache, manches für die Menschengeschichte erhebliche Ereigniß unerschütterlich fest und zudem werden wir so lange auch der genauen Kenntniß dieser ältesten Geschichte uns nicht entschlagen können, als die „gelehrte" Bildung, wie sie die höheren und höchsten staatlichen Lehr¬ anstalten bieten, in dem griechischen und römischen Alterthume wurzelt. Unter keinen Umständen aber dürfen wir versäumen (wozu auch nicht die geringste Nöthigung vorliegt), einen Unterschied zu machen zwischen Sage und Emil Romminger. Geschichte. Im Poesie der Mhm. Stolz möcht' ich im Streite sterben, streitend sterben ungeschälter. Scheiden in der Feindschaft Schooße, Ohne lange Pein zu leiden, Ohne schwächend Schmerzenstage, Ohne Seuche, ohne Siechthum! Trefflicher ist Tod im Treffen, Fall'n im Felde vor der Fahne, Klingen-Kampf als Lebens Kaufpreis, Pfeilschuß in der Brust der breiten. Zaudernd zerrt kein zehrend Fieber, Faßt kein Fressend Weh mit Fesseln, Scheuchend Schlaf vom Bett der Schmerzen. Schoner trifft der Tod den Tapfern Bei den Wunden wackrer Brüder. Weinend laut klagt ihn die Liebste: Früh und frisch ist er im Frühling In der Schlacht vom Schwert erschlagen!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/478>, abgerufen am 28.09.2024.