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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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"Wenn man den Lauf des Schiffes von den livturier I^eclMS bis zum
Mittag des 7. Mai zurückverfolgt, so scheint dasselbe seine Distanz weit über¬
laufen zu haben. Da man schon drei Tage lang vorher keine Beobachtungen
mehr machen konnte, so mußte der angenommene Schiffsort unrichtig gewesen
sein und das Schiff stand in Wirklichkeit weiter nach Norden und Osten, als
die Loggerechnung ergab. Hätte man um 8 Uhr oder selbst um 9 Uhr Abends
einen Wurf mit dem Senkblei gethan, ehe man den Kurs auf 8 8 änderte,
so würde die Tiefe des Wassers und der Meeres-Bodenbeschaffenheit die Nähe
der Gefahr und den Irrthum in ihrer Rechnung angezeigt und wahrscheinlich
das traurige Unglück verhindert haben. Die Anweisungen über das Ansegeln
des englischen Canals befanden sich an Bord, ebenso die von der Adler-Linie
aufgestellten Instruktionen betreffs der sicheren Führung ihrer Schiffe; beide
wurden unglücklicherweise vernachlässigt. Erstere machen die Schiffsführer
darauf aufmerksam, daß sie bei der Annäherung der Seitlich gegen die nörd¬
lich treibende Strömung sich in Acht nehmen müssen, und schärfen denselben
die Nothwendigkeit ein, während dichten Wetters das Senkblei sorgfältig zu
gebrauchen; Letztere verlangen von den Kapitainen ihrer Dampfer-Linie ebenso
dringend, daß sie bei Annäherung des Landes keine der gewöhnlichen Borsichts¬
maßregeln vernachlässigen dürfen."

"Die gänzliche Vernachlässigung der erwähnten Vorsichtsmaßregeln ist nach
der Ansicht des Gerichtshofes die einzige Ursache der schrecklichen Katastrophe,
bei welcher so viele Menschenleben und Güter verloren wurden. Im Lause
der Untersuchung sind von den Anwälten viele Fragen in Betreff des verhält¬
nißmäßigen Werthes von Nebelhörnern und Nebelglocken gestellt worden; da
aber diese schwierige Frage kürzlich der Gegenstand einer gründlichen Unter¬
suchung seitens der höchsten Autoritäten gewesen ist, hält der Gerichtshof es
für anmaßend, in dieser Sache eine Meinung zu äußern. Auch wurde er¬
wähnt, daß es nothwendig sei, auf den Scilly - Inseln Nebelsignale aufzu¬
stellen. Würde es in der That für angemessen erachtet werden, durch Aus¬
stellung weiterer Nebelsignale, sowie durch Herstellung einer telegraphischen
Verbindung zwischen den bewohnten Inseln mehr Vorsichtsmaßregeln zu treffen,
so wünscht der Gerichtshof die Aufmerksamkeit namentlich auf die Aussagen
des Herren Dorier Smith, des Besitzers der Inseln, und des Herrn Douglas,
des Oberingenieurs von Trinity House *) zu lenken; Beide sind mit den Oert-
lichkeiten durchaus bekannt, und haben dem Gegenstand große Beachtung ge¬
schenkt. -- Da behauptet worden ist, es sei nicht ungewöhnlich, daß Schiffe
beim Vorbeifahren an den Seitlich das als Nothzeichen anerkannte Signal
gebrauchen, um damit ihre Ankunft zu melden, wünscht der Gerichtshof, um



Englische Lcuchtthmmbchörde, -- eine Privat-Gesellschaft!

„Wenn man den Lauf des Schiffes von den livturier I^eclMS bis zum
Mittag des 7. Mai zurückverfolgt, so scheint dasselbe seine Distanz weit über¬
laufen zu haben. Da man schon drei Tage lang vorher keine Beobachtungen
mehr machen konnte, so mußte der angenommene Schiffsort unrichtig gewesen
sein und das Schiff stand in Wirklichkeit weiter nach Norden und Osten, als
die Loggerechnung ergab. Hätte man um 8 Uhr oder selbst um 9 Uhr Abends
einen Wurf mit dem Senkblei gethan, ehe man den Kurs auf 8 8 änderte,
so würde die Tiefe des Wassers und der Meeres-Bodenbeschaffenheit die Nähe
der Gefahr und den Irrthum in ihrer Rechnung angezeigt und wahrscheinlich
das traurige Unglück verhindert haben. Die Anweisungen über das Ansegeln
des englischen Canals befanden sich an Bord, ebenso die von der Adler-Linie
aufgestellten Instruktionen betreffs der sicheren Führung ihrer Schiffe; beide
wurden unglücklicherweise vernachlässigt. Erstere machen die Schiffsführer
darauf aufmerksam, daß sie bei der Annäherung der Seitlich gegen die nörd¬
lich treibende Strömung sich in Acht nehmen müssen, und schärfen denselben
die Nothwendigkeit ein, während dichten Wetters das Senkblei sorgfältig zu
gebrauchen; Letztere verlangen von den Kapitainen ihrer Dampfer-Linie ebenso
dringend, daß sie bei Annäherung des Landes keine der gewöhnlichen Borsichts¬
maßregeln vernachlässigen dürfen."

„Die gänzliche Vernachlässigung der erwähnten Vorsichtsmaßregeln ist nach
der Ansicht des Gerichtshofes die einzige Ursache der schrecklichen Katastrophe,
bei welcher so viele Menschenleben und Güter verloren wurden. Im Lause
der Untersuchung sind von den Anwälten viele Fragen in Betreff des verhält¬
nißmäßigen Werthes von Nebelhörnern und Nebelglocken gestellt worden; da
aber diese schwierige Frage kürzlich der Gegenstand einer gründlichen Unter¬
suchung seitens der höchsten Autoritäten gewesen ist, hält der Gerichtshof es
für anmaßend, in dieser Sache eine Meinung zu äußern. Auch wurde er¬
wähnt, daß es nothwendig sei, auf den Scilly - Inseln Nebelsignale aufzu¬
stellen. Würde es in der That für angemessen erachtet werden, durch Aus¬
stellung weiterer Nebelsignale, sowie durch Herstellung einer telegraphischen
Verbindung zwischen den bewohnten Inseln mehr Vorsichtsmaßregeln zu treffen,
so wünscht der Gerichtshof die Aufmerksamkeit namentlich auf die Aussagen
des Herren Dorier Smith, des Besitzers der Inseln, und des Herrn Douglas,
des Oberingenieurs von Trinity House *) zu lenken; Beide sind mit den Oert-
lichkeiten durchaus bekannt, und haben dem Gegenstand große Beachtung ge¬
schenkt. — Da behauptet worden ist, es sei nicht ungewöhnlich, daß Schiffe
beim Vorbeifahren an den Seitlich das als Nothzeichen anerkannte Signal
gebrauchen, um damit ihre Ankunft zu melden, wünscht der Gerichtshof, um



Englische Lcuchtthmmbchörde, — eine Privat-Gesellschaft!
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[0437] „Wenn man den Lauf des Schiffes von den livturier I^eclMS bis zum Mittag des 7. Mai zurückverfolgt, so scheint dasselbe seine Distanz weit über¬ laufen zu haben. Da man schon drei Tage lang vorher keine Beobachtungen mehr machen konnte, so mußte der angenommene Schiffsort unrichtig gewesen sein und das Schiff stand in Wirklichkeit weiter nach Norden und Osten, als die Loggerechnung ergab. Hätte man um 8 Uhr oder selbst um 9 Uhr Abends einen Wurf mit dem Senkblei gethan, ehe man den Kurs auf 8 8 änderte, so würde die Tiefe des Wassers und der Meeres-Bodenbeschaffenheit die Nähe der Gefahr und den Irrthum in ihrer Rechnung angezeigt und wahrscheinlich das traurige Unglück verhindert haben. Die Anweisungen über das Ansegeln des englischen Canals befanden sich an Bord, ebenso die von der Adler-Linie aufgestellten Instruktionen betreffs der sicheren Führung ihrer Schiffe; beide wurden unglücklicherweise vernachlässigt. Erstere machen die Schiffsführer darauf aufmerksam, daß sie bei der Annäherung der Seitlich gegen die nörd¬ lich treibende Strömung sich in Acht nehmen müssen, und schärfen denselben die Nothwendigkeit ein, während dichten Wetters das Senkblei sorgfältig zu gebrauchen; Letztere verlangen von den Kapitainen ihrer Dampfer-Linie ebenso dringend, daß sie bei Annäherung des Landes keine der gewöhnlichen Borsichts¬ maßregeln vernachlässigen dürfen." „Die gänzliche Vernachlässigung der erwähnten Vorsichtsmaßregeln ist nach der Ansicht des Gerichtshofes die einzige Ursache der schrecklichen Katastrophe, bei welcher so viele Menschenleben und Güter verloren wurden. Im Lause der Untersuchung sind von den Anwälten viele Fragen in Betreff des verhält¬ nißmäßigen Werthes von Nebelhörnern und Nebelglocken gestellt worden; da aber diese schwierige Frage kürzlich der Gegenstand einer gründlichen Unter¬ suchung seitens der höchsten Autoritäten gewesen ist, hält der Gerichtshof es für anmaßend, in dieser Sache eine Meinung zu äußern. Auch wurde er¬ wähnt, daß es nothwendig sei, auf den Scilly - Inseln Nebelsignale aufzu¬ stellen. Würde es in der That für angemessen erachtet werden, durch Aus¬ stellung weiterer Nebelsignale, sowie durch Herstellung einer telegraphischen Verbindung zwischen den bewohnten Inseln mehr Vorsichtsmaßregeln zu treffen, so wünscht der Gerichtshof die Aufmerksamkeit namentlich auf die Aussagen des Herren Dorier Smith, des Besitzers der Inseln, und des Herrn Douglas, des Oberingenieurs von Trinity House *) zu lenken; Beide sind mit den Oert- lichkeiten durchaus bekannt, und haben dem Gegenstand große Beachtung ge¬ schenkt. — Da behauptet worden ist, es sei nicht ungewöhnlich, daß Schiffe beim Vorbeifahren an den Seitlich das als Nothzeichen anerkannte Signal gebrauchen, um damit ihre Ankunft zu melden, wünscht der Gerichtshof, um Englische Lcuchtthmmbchörde, — eine Privat-Gesellschaft!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/437>, abgerufen am 26.06.2024.