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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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und politischen Achtundvierziger, Männer, die es mit der deutschen Freiheit
so warm und aufrichtig meinen, als irgend jemand an der Elbe zu irgend
einer Zeit. Aber auch im Traume denken sie nicht daran, einen Keil in die
große liberale Partei zu treiben oder sich mit den zwei oder drei conservativ-
liberal-ultramontan-radicalen Standesherren zu verbinden, den einzigen
im ganzen Lande, die vielleicht das Programm des Herrn v. Zehner unter¬
schreiben würden. Die Demagogen, die sich dazu hergeben, zählen in Baden
zu den verlorenen Deutschen.

Um so tiefer treten solche Wahrnehmungen ans Herz an Tagen wie dem
heutigen. Heute vor fünf Jahren entfalteten sich zum ersten Male sächsische
Fahnen in offener Feldschlacht im heiligen Kriege gegen Frankreich. Eine
der entscheidendsten Thaten des Krieges ward von unsern Truppen gethan.
In einmüthiger Erhebung stand das deutsche Volk, auch in Sachsen. Ein-
müthig forderten alle Parteien, daß, was das deutsche Schwert erkämpft, der
Frieden gewähren, erhalten müsse. Wohlan: jede Wahl, die wir vollziehen,
zum Reichstag, zum Landtag, ist ein Erntetag, an dem wir die köstliche
Frucht heimbringen, die in jenen großen Schlachttagen gesäet, mit dem Blute
unsrer Landeskinder gedüngt ist, wo wir die Körner gewinnen zu neuer Aus¬
saat, zur Verwirklichung der höchsten Wünsche und Hoffnungen, die damals
unser Volk erfüllten. Möchten auch die sächsischen Wahlen Zeugniß davon
geben, daß die Pflichten unvergessen sind, die uns der große Krieg auferlegte.
Möchten Männer aus den Wahlen hervorgehen, die entschlossen und befähigt
sind, mit deutschem Sinn und deutschem Fleiß zu arbeiten an dem Gedeihen,
der Wohlfahrt, der freiheitlichen und nationalen Entwickelung unsres Landes.


Hans Blum.


Me Frankfurter Zeitung und der "Kulturkampf."

Vom Rhein, im August. Das bekannte Schicksal der Redacteure der
Frankfurter Zeitung hat die allgemeine Theilnahme in nicht geringem Grade
in Anspruch genommen. Und mit vollem Recht. Denn eine derartige An¬
wendung des Zeugenzwangsparagraphen des neuen Reichspreßgesetzes hatte
-- nach allen bisherigen Kundgebungen zu urtheilen -- wohl Niemand er¬
wartet, und es ist dabei ganz gleichgiltig, ob von demselben das Redactions¬
personal einer radical-demokratischen oder einer Kreuzzeitung betroffen wird.
Im Gegentheil, im gegenwärtigen Falle tritt für die Regierung noch das
Gehässige des wirklich oder vermeintlich "Tendenziösen" hinzu. Die "Folter


und politischen Achtundvierziger, Männer, die es mit der deutschen Freiheit
so warm und aufrichtig meinen, als irgend jemand an der Elbe zu irgend
einer Zeit. Aber auch im Traume denken sie nicht daran, einen Keil in die
große liberale Partei zu treiben oder sich mit den zwei oder drei conservativ-
liberal-ultramontan-radicalen Standesherren zu verbinden, den einzigen
im ganzen Lande, die vielleicht das Programm des Herrn v. Zehner unter¬
schreiben würden. Die Demagogen, die sich dazu hergeben, zählen in Baden
zu den verlorenen Deutschen.

Um so tiefer treten solche Wahrnehmungen ans Herz an Tagen wie dem
heutigen. Heute vor fünf Jahren entfalteten sich zum ersten Male sächsische
Fahnen in offener Feldschlacht im heiligen Kriege gegen Frankreich. Eine
der entscheidendsten Thaten des Krieges ward von unsern Truppen gethan.
In einmüthiger Erhebung stand das deutsche Volk, auch in Sachsen. Ein-
müthig forderten alle Parteien, daß, was das deutsche Schwert erkämpft, der
Frieden gewähren, erhalten müsse. Wohlan: jede Wahl, die wir vollziehen,
zum Reichstag, zum Landtag, ist ein Erntetag, an dem wir die köstliche
Frucht heimbringen, die in jenen großen Schlachttagen gesäet, mit dem Blute
unsrer Landeskinder gedüngt ist, wo wir die Körner gewinnen zu neuer Aus¬
saat, zur Verwirklichung der höchsten Wünsche und Hoffnungen, die damals
unser Volk erfüllten. Möchten auch die sächsischen Wahlen Zeugniß davon
geben, daß die Pflichten unvergessen sind, die uns der große Krieg auferlegte.
Möchten Männer aus den Wahlen hervorgehen, die entschlossen und befähigt
sind, mit deutschem Sinn und deutschem Fleiß zu arbeiten an dem Gedeihen,
der Wohlfahrt, der freiheitlichen und nationalen Entwickelung unsres Landes.


Hans Blum.


Me Frankfurter Zeitung und der „Kulturkampf."

Vom Rhein, im August. Das bekannte Schicksal der Redacteure der
Frankfurter Zeitung hat die allgemeine Theilnahme in nicht geringem Grade
in Anspruch genommen. Und mit vollem Recht. Denn eine derartige An¬
wendung des Zeugenzwangsparagraphen des neuen Reichspreßgesetzes hatte
— nach allen bisherigen Kundgebungen zu urtheilen — wohl Niemand er¬
wartet, und es ist dabei ganz gleichgiltig, ob von demselben das Redactions¬
personal einer radical-demokratischen oder einer Kreuzzeitung betroffen wird.
Im Gegentheil, im gegenwärtigen Falle tritt für die Regierung noch das
Gehässige des wirklich oder vermeintlich „Tendenziösen" hinzu. Die „Folter


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[0364] und politischen Achtundvierziger, Männer, die es mit der deutschen Freiheit so warm und aufrichtig meinen, als irgend jemand an der Elbe zu irgend einer Zeit. Aber auch im Traume denken sie nicht daran, einen Keil in die große liberale Partei zu treiben oder sich mit den zwei oder drei conservativ- liberal-ultramontan-radicalen Standesherren zu verbinden, den einzigen im ganzen Lande, die vielleicht das Programm des Herrn v. Zehner unter¬ schreiben würden. Die Demagogen, die sich dazu hergeben, zählen in Baden zu den verlorenen Deutschen. Um so tiefer treten solche Wahrnehmungen ans Herz an Tagen wie dem heutigen. Heute vor fünf Jahren entfalteten sich zum ersten Male sächsische Fahnen in offener Feldschlacht im heiligen Kriege gegen Frankreich. Eine der entscheidendsten Thaten des Krieges ward von unsern Truppen gethan. In einmüthiger Erhebung stand das deutsche Volk, auch in Sachsen. Ein- müthig forderten alle Parteien, daß, was das deutsche Schwert erkämpft, der Frieden gewähren, erhalten müsse. Wohlan: jede Wahl, die wir vollziehen, zum Reichstag, zum Landtag, ist ein Erntetag, an dem wir die köstliche Frucht heimbringen, die in jenen großen Schlachttagen gesäet, mit dem Blute unsrer Landeskinder gedüngt ist, wo wir die Körner gewinnen zu neuer Aus¬ saat, zur Verwirklichung der höchsten Wünsche und Hoffnungen, die damals unser Volk erfüllten. Möchten auch die sächsischen Wahlen Zeugniß davon geben, daß die Pflichten unvergessen sind, die uns der große Krieg auferlegte. Möchten Männer aus den Wahlen hervorgehen, die entschlossen und befähigt sind, mit deutschem Sinn und deutschem Fleiß zu arbeiten an dem Gedeihen, der Wohlfahrt, der freiheitlichen und nationalen Entwickelung unsres Landes. Hans Blum. Me Frankfurter Zeitung und der „Kulturkampf." Vom Rhein, im August. Das bekannte Schicksal der Redacteure der Frankfurter Zeitung hat die allgemeine Theilnahme in nicht geringem Grade in Anspruch genommen. Und mit vollem Recht. Denn eine derartige An¬ wendung des Zeugenzwangsparagraphen des neuen Reichspreßgesetzes hatte — nach allen bisherigen Kundgebungen zu urtheilen — wohl Niemand er¬ wartet, und es ist dabei ganz gleichgiltig, ob von demselben das Redactions¬ personal einer radical-demokratischen oder einer Kreuzzeitung betroffen wird. Im Gegentheil, im gegenwärtigen Falle tritt für die Regierung noch das Gehässige des wirklich oder vermeintlich „Tendenziösen" hinzu. Die „Folter

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/364>, abgerufen am 26.06.2024.