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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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er einen lateinischen Namen trug, daß er es mit Arminius zugleich erhalten
habe, mindestens wahrscheinlich. Wir kennen ihn nur unter dem römischen Bei¬
namen (^ognomentum) Flavus d. i, der Gelbe (vermuthlich von der Farbe
des Haares) ^°). Haben aber Arminius und Flavus zugleich das römische
Bürgerrecht erlangt, so hat Flavus denselben Geschlechtsnamen angenommen
wie sein Bruder und ist, um Verwechslung zu vermeiden, nur mit dem Beinamen
genannt worden. Sein Borname wie Borname und Zuname seines Bruders
sind unbekannt. Der Sohn des Flavus ist nur unter seinem lateinischen
Beinamen bekannt. Man hat mir eingewendet: Sollte Tacitus den Besieger
der Römer mit dem ihm von Römern gegebenen") Namen und nicht
mit seinem deutschen Namen genannt haben, dem nur die lateinische Endung
angehängt war? Ich erwiedere: Hat denn Tacitus die batavischen Fürsten
Claudius Civilis und Claudius Labeo mit ihren deutschen Namen genannt?
Nein, der Römer war froh, wenn Barbaren lateinische Namen hatten.

Ein dunkles Geschick hat uns nicht nur die deutschen Namen der beiden
Söhne Sigimüres, sondern auch die ihrer Nachkommen verhüllt. Der un¬
glückliche als geborener Knecht zu ungeheuerem Hohne als Fechter in Ravenna
erzogene Sohn des Arminius führt, wie Göttling a. a. O. Seite 14 f. er¬
wiesen hat, einen griechisch-lateinischen Namen Thumelicus, Thyme-
licus) welcher Spieler, Schauspieler bedeutet und gleich dem Worte xysticus
als Beiname diente, wie die Inschriften bei Gruter Seite MXI.. VMMXIII,
2 bezeugen. Der Sohn des Arminius konnte als geborener Knecht keinen
anderen als einen römischen ihm von seinem Herrn gegebenen Namen haben.
Der in Italien geborene und erzogene Sohn des Flavus ist nur unter seinem
lateinischen Beinamen Jtalus oder Italiens (der Italer, der italische)^)
bekannt. War Flavus zugleich mit Arminius römischer Bürger geworden,
so trug auch er den Geschlechtsnamen Arminius, eben so sein Sohn Jtalus
oder Italiens.

Der Name der Gattin des Arminius, den Strabo (VII, 1, 4) allein
nennet, ist von ihm oder den Abschreibern seines Buches so entstellt, daß
nichts daraus zu machen ist'''). -- Ich denke oben erwiesen zu haben, daß
die Namen des Arminius und seines Bruders undeutsch sind. Die Betrach-






U!) Vr"t i" in vxoroiw "oguomouto risvus. (Vsv. still. II, 9). Sonst las man liberall
Flavius, aber Flavius ist nicht Beiname, sondern Geschlechtsname.
Der.'Fremde welcher römischer Bürger geworden war, nahm den römischen Namen
selber an.
^) Anm. XI, Ul. Er war auch römischer Bürger, wie ebenda zu lesen ist. Vielleicht
ist er auch der Italivus rox i-iuczvnrum bei ^"u!- in"t. III, 5.
Die versuchten Deutungen fußen auf zu spätem Stande der Sprache und sind auch
so noch gewaltsam.

er einen lateinischen Namen trug, daß er es mit Arminius zugleich erhalten
habe, mindestens wahrscheinlich. Wir kennen ihn nur unter dem römischen Bei¬
namen (^ognomentum) Flavus d. i, der Gelbe (vermuthlich von der Farbe
des Haares) ^°). Haben aber Arminius und Flavus zugleich das römische
Bürgerrecht erlangt, so hat Flavus denselben Geschlechtsnamen angenommen
wie sein Bruder und ist, um Verwechslung zu vermeiden, nur mit dem Beinamen
genannt worden. Sein Borname wie Borname und Zuname seines Bruders
sind unbekannt. Der Sohn des Flavus ist nur unter seinem lateinischen
Beinamen bekannt. Man hat mir eingewendet: Sollte Tacitus den Besieger
der Römer mit dem ihm von Römern gegebenen") Namen und nicht
mit seinem deutschen Namen genannt haben, dem nur die lateinische Endung
angehängt war? Ich erwiedere: Hat denn Tacitus die batavischen Fürsten
Claudius Civilis und Claudius Labeo mit ihren deutschen Namen genannt?
Nein, der Römer war froh, wenn Barbaren lateinische Namen hatten.

Ein dunkles Geschick hat uns nicht nur die deutschen Namen der beiden
Söhne Sigimüres, sondern auch die ihrer Nachkommen verhüllt. Der un¬
glückliche als geborener Knecht zu ungeheuerem Hohne als Fechter in Ravenna
erzogene Sohn des Arminius führt, wie Göttling a. a. O. Seite 14 f. er¬
wiesen hat, einen griechisch-lateinischen Namen Thumelicus, Thyme-
licus) welcher Spieler, Schauspieler bedeutet und gleich dem Worte xysticus
als Beiname diente, wie die Inschriften bei Gruter Seite MXI.. VMMXIII,
2 bezeugen. Der Sohn des Arminius konnte als geborener Knecht keinen
anderen als einen römischen ihm von seinem Herrn gegebenen Namen haben.
Der in Italien geborene und erzogene Sohn des Flavus ist nur unter seinem
lateinischen Beinamen Jtalus oder Italiens (der Italer, der italische)^)
bekannt. War Flavus zugleich mit Arminius römischer Bürger geworden,
so trug auch er den Geschlechtsnamen Arminius, eben so sein Sohn Jtalus
oder Italiens.

Der Name der Gattin des Arminius, den Strabo (VII, 1, 4) allein
nennet, ist von ihm oder den Abschreibern seines Buches so entstellt, daß
nichts daraus zu machen ist'''). — Ich denke oben erwiesen zu haben, daß
die Namen des Arminius und seines Bruders undeutsch sind. Die Betrach-






U!) Vr»t i» in vxoroiw «oguomouto risvus. (Vsv. still. II, 9). Sonst las man liberall
Flavius, aber Flavius ist nicht Beiname, sondern Geschlechtsname.
Der.'Fremde welcher römischer Bürger geworden war, nahm den römischen Namen
selber an.
^) Anm. XI, Ul. Er war auch römischer Bürger, wie ebenda zu lesen ist. Vielleicht
ist er auch der Italivus rox i-iuczvnrum bei ^«u!- in»t. III, 5.
Die versuchten Deutungen fußen auf zu spätem Stande der Sprache und sind auch
so noch gewaltsam.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/323>, abgerufen am 26.06.2024.