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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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tung der bei Schöpfung unserer alten menschlichen Namen waltenden Sitte
wird den Erweis nicht nur stärken, sondern auch uns lehren, wie ungefähr
beider Namen gelautet haben können. Erstlich ist die große Menge unserer
alten menschlichen Namen aus zweien Worten zusammengesetzt oder zwei¬
theilig, und von den scheinbar eintheiligen hat sich die Mehrzahl als vertrau¬
liche Kürzungen zweitheiliger ergeben und wird sich ferner noch mehr ergeben.
Dann waren die Namen der Kinder mit den Namen der Eltern, nament¬
lich die der Söhne mit denen der Väter dadurch verwandt, daß entweder in
den Namen der Kinder der erste oder der andere Theil des zusammengesetzten
Namens des Vaters sich wiederholte, was sich zuweilen auch auf den Enkel
erstreckt. In anderen Fällen sind die Namen des Vaters und der Kinder,
zumal der Söhne, nur durch gleichen Amiant verbunden. Fassen wir nun
in Sonderheit die dem deutschen Stamme, welchem Arminius angehörte, übliche
Weise in das Auge, so finden wir, daß die Namen zweitheilig waren. Da
sind nämlich die Brüder Segimerus oder Sigimerus 2") und Jnguiomerus 2 ')
und die Brüder Segimerus und Segestes 22). Der Sohn des ebengenannten
Segimerus wird von Strabo Sesithakos genannt 2"). Der Sohn des Segestes
ist Segimundus 2"), die Tochter hat auch einen zweitheiligen wahrscheinlich
mit dem der Mutter verwandten Namen 25). Hinsichtlich der Art der Ver¬
wandtschaft finden wir bei diesen cheruskischen Namen, daß in dem der Brüder
Sigimvras und Jngriameras der zweite Theil, in dem der Brüder Sigimeras
und Sigistis der erste Theil gleich ist. Sigistis und sein Sohn haben den
ersten Theil gleich, der Name des Sifithakas hat nur gleichen Amiant
mit dem des Vaters.

Daraus schließe ich nun, daß Arminius und sein Bruder
Flavus entweder auf -- meras ausgehende oder mit Sigi --
beginnende oder doch mit S anlautende zweit heilige Namen
hatten, halte aber den Anfang beider Namen mit Sigi für
das wahrscheinlichste und auf Grund späterer Beispiele den








2") Deutsch zu jener Zeit Sigimeras.
2') d. z. j. Z. Jngviameras.
^) d. z. j. Z. Sigistis, von dem Stamme sigi mit -- ist -- abgeleitet, nicht mit
ihm zusammengesetzt oder gebunden. In dem Mittelalter kommt einmal der Name Sigost
vor welcher, zunächst aus Sigust entstanden, aus dem Stamme sigi mit -- uft -- abge¬
leitet ist und ursprünglich Sigustas geheißen haben muß.
2°) d. z. j. Z. Sifithakas. -- thakas wird das altnordische -- thakku und das althoch¬
deutsche -- dann (-- bauch) sein.
2') d. z. j z. Sigismundas.
^) Aehnlich scheint es zu sein mit Ramis, der Gattin des Sifithakas und Tochter Ukru-
mires (?) Fürsten der Ballen (?) (Strabo VII, 1, 4), wenn wir es überhaupt hier mit Deutschen
zu thun haben.

tung der bei Schöpfung unserer alten menschlichen Namen waltenden Sitte
wird den Erweis nicht nur stärken, sondern auch uns lehren, wie ungefähr
beider Namen gelautet haben können. Erstlich ist die große Menge unserer
alten menschlichen Namen aus zweien Worten zusammengesetzt oder zwei¬
theilig, und von den scheinbar eintheiligen hat sich die Mehrzahl als vertrau¬
liche Kürzungen zweitheiliger ergeben und wird sich ferner noch mehr ergeben.
Dann waren die Namen der Kinder mit den Namen der Eltern, nament¬
lich die der Söhne mit denen der Väter dadurch verwandt, daß entweder in
den Namen der Kinder der erste oder der andere Theil des zusammengesetzten
Namens des Vaters sich wiederholte, was sich zuweilen auch auf den Enkel
erstreckt. In anderen Fällen sind die Namen des Vaters und der Kinder,
zumal der Söhne, nur durch gleichen Amiant verbunden. Fassen wir nun
in Sonderheit die dem deutschen Stamme, welchem Arminius angehörte, übliche
Weise in das Auge, so finden wir, daß die Namen zweitheilig waren. Da
sind nämlich die Brüder Segimerus oder Sigimerus 2") und Jnguiomerus 2 ')
und die Brüder Segimerus und Segestes 22). Der Sohn des ebengenannten
Segimerus wird von Strabo Sesithakos genannt 2"). Der Sohn des Segestes
ist Segimundus 2"), die Tochter hat auch einen zweitheiligen wahrscheinlich
mit dem der Mutter verwandten Namen 25). Hinsichtlich der Art der Ver¬
wandtschaft finden wir bei diesen cheruskischen Namen, daß in dem der Brüder
Sigimvras und Jngriameras der zweite Theil, in dem der Brüder Sigimeras
und Sigistis der erste Theil gleich ist. Sigistis und sein Sohn haben den
ersten Theil gleich, der Name des Sifithakas hat nur gleichen Amiant
mit dem des Vaters.

Daraus schließe ich nun, daß Arminius und sein Bruder
Flavus entweder auf — meras ausgehende oder mit Sigi —
beginnende oder doch mit S anlautende zweit heilige Namen
hatten, halte aber den Anfang beider Namen mit Sigi für
das wahrscheinlichste und auf Grund späterer Beispiele den








2») Deutsch zu jener Zeit Sigimeras.
2') d. z. j. Z. Jngviameras.
^) d. z. j. Z. Sigistis, von dem Stamme sigi mit — ist — abgeleitet, nicht mit
ihm zusammengesetzt oder gebunden. In dem Mittelalter kommt einmal der Name Sigost
vor welcher, zunächst aus Sigust entstanden, aus dem Stamme sigi mit — uft — abge¬
leitet ist und ursprünglich Sigustas geheißen haben muß.
2°) d. z. j. Z. Sifithakas. — thakas wird das altnordische — thakku und das althoch¬
deutsche — dann (— bauch) sein.
2') d. z. j z. Sigismundas.
^) Aehnlich scheint es zu sein mit Ramis, der Gattin des Sifithakas und Tochter Ukru-
mires (?) Fürsten der Ballen (?) (Strabo VII, 1, 4), wenn wir es überhaupt hier mit Deutschen
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/324>, abgerufen am 26.06.2024.