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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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geben zu, daß es dem Mecklenburgischen Ritter eine große Ueberwindung
kosten muß, die Würde des mächtigen Gesetzgebers abzustreifen und wir glau¬
ben auch, daß derselbe sich mit aller Macht dagegen wehren wird, aber ebenso
sicher sind wir auch der Ueberzeugung, daß die Abänderung nur eine Frage
der Zeit. Die für Mecklenburg wichtigsten Angelegenheiten: Zoll, Soldaten,
Post, Telegraph, Civilrecht, Criminalrecht, Münze unterliegen bereits der
Reichsgesetzgebung, für das Reich wählt die Mecklenburgische Bevölkerung
seine Abgeordneten, dazu ist sie für politisch reif erklärt, aber nicht für den
winzigen Rest ihrer Angelegenheiten, für die Landtagsabgeordneten ist ihr
kein Wahlrecht eingeräumt und selbst nach dem letzten Regierungsentwurf
nur ein sehr beschränktes. Daß die Regierung selbst sich nicht ernstlich mit
dem Gedanken einer Aenderung vertraut gemacht, beweist der Umstand, daß
das jetzige Ministerium, der eigentliche Träger der altständischen Verfassung
nicht abgetreten, sondern die neue Verfassung, die ziemlich unglücklich Altes
mit Neuem zu verbinden sucht, dem Landtage vorgelegt hat. Daß dies vom
jetzigen Ministerium geschehen, darin konnte der Landtag, und hat es auch
gethan, ein sicheres Anzeichen finden, daß es der Regierung mit einer wirk¬
lichen Aenderung nicht Ernst sei und wird es unserer Ueberzeugung nach
schwer halten, Mecklenburg ohne einen moralischen Druck Seitens des Reichs
in die Reihe der konstitutionellen Staaten einzuführen. Denn da die Regier¬
ung keinen ernsten Willen zeigt, und das hat sie unter Beibehaltung des
jetzigen Ministeriums bisher nicht gethan, so wird die nur sehr ungern ihre
Rechte opfernde Ritterschaft immer schwieriger werden und der kleinen Minorität
der liberal denkenden Vertreter auf dem Landtage ist es unmöglich durch-
zudringen.




Me "Kredit-Meilnehmer-Gereine" der österreichischen
Banken.

Die Zahl jener Geschäftsleute, welche in Oesterreich darauf rechnen
können, daß sie gegen ihre Wechsel Einreichungen von ihrer Geldcentrale,
der österreichischen Nationalbank sei es in Wien oder in den Provinzen im
Bedarfsfalle Baargeld erhalten, ist eine fehr geringe; die weitaus größere
Zahl derselben ist genöthigt, zu Privat-Eseomptenzen ihre Zuflucht zu nehmen
und deren Vermittlung oft mit hohen Procenten zu bezahlen. Zur directen,
regelmäßigen und ausreichenden Befriedigung der reellen Creditbedürfnisse des
Waarenhandels und Geschäftsverkehrs haben nur einige Banken in Oesterreich
und Ungarn "Credit Vereine" errichtet, um im Wege des Escomptes dem
legitimen Handel das erforderliche Baargeld zuzuführen.


geben zu, daß es dem Mecklenburgischen Ritter eine große Ueberwindung
kosten muß, die Würde des mächtigen Gesetzgebers abzustreifen und wir glau¬
ben auch, daß derselbe sich mit aller Macht dagegen wehren wird, aber ebenso
sicher sind wir auch der Ueberzeugung, daß die Abänderung nur eine Frage
der Zeit. Die für Mecklenburg wichtigsten Angelegenheiten: Zoll, Soldaten,
Post, Telegraph, Civilrecht, Criminalrecht, Münze unterliegen bereits der
Reichsgesetzgebung, für das Reich wählt die Mecklenburgische Bevölkerung
seine Abgeordneten, dazu ist sie für politisch reif erklärt, aber nicht für den
winzigen Rest ihrer Angelegenheiten, für die Landtagsabgeordneten ist ihr
kein Wahlrecht eingeräumt und selbst nach dem letzten Regierungsentwurf
nur ein sehr beschränktes. Daß die Regierung selbst sich nicht ernstlich mit
dem Gedanken einer Aenderung vertraut gemacht, beweist der Umstand, daß
das jetzige Ministerium, der eigentliche Träger der altständischen Verfassung
nicht abgetreten, sondern die neue Verfassung, die ziemlich unglücklich Altes
mit Neuem zu verbinden sucht, dem Landtage vorgelegt hat. Daß dies vom
jetzigen Ministerium geschehen, darin konnte der Landtag, und hat es auch
gethan, ein sicheres Anzeichen finden, daß es der Regierung mit einer wirk¬
lichen Aenderung nicht Ernst sei und wird es unserer Ueberzeugung nach
schwer halten, Mecklenburg ohne einen moralischen Druck Seitens des Reichs
in die Reihe der konstitutionellen Staaten einzuführen. Denn da die Regier¬
ung keinen ernsten Willen zeigt, und das hat sie unter Beibehaltung des
jetzigen Ministeriums bisher nicht gethan, so wird die nur sehr ungern ihre
Rechte opfernde Ritterschaft immer schwieriger werden und der kleinen Minorität
der liberal denkenden Vertreter auf dem Landtage ist es unmöglich durch-
zudringen.




Me „Kredit-Meilnehmer-Gereine" der österreichischen
Banken.

Die Zahl jener Geschäftsleute, welche in Oesterreich darauf rechnen
können, daß sie gegen ihre Wechsel Einreichungen von ihrer Geldcentrale,
der österreichischen Nationalbank sei es in Wien oder in den Provinzen im
Bedarfsfalle Baargeld erhalten, ist eine fehr geringe; die weitaus größere
Zahl derselben ist genöthigt, zu Privat-Eseomptenzen ihre Zuflucht zu nehmen
und deren Vermittlung oft mit hohen Procenten zu bezahlen. Zur directen,
regelmäßigen und ausreichenden Befriedigung der reellen Creditbedürfnisse des
Waarenhandels und Geschäftsverkehrs haben nur einige Banken in Oesterreich
und Ungarn „Credit Vereine" errichtet, um im Wege des Escomptes dem
legitimen Handel das erforderliche Baargeld zuzuführen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/311>, abgerufen am 26.06.2024.