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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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befunden wird, von den Kirchen-Geldern bessern zu lassen. Es folgen Be¬
stimmungen über Bauten der Psarr- und Küsterhäuser, über Aufbauung neuer
Kirchen, über die Abgaben an den Prediger, über Leistung von Fuhren.
Wenn ein Patron den Kirchenacker gegen einen andern umtauschen will, so
soll nach commissarischer Untersuchung der fürstliche Consens einzuholen sein.

Im 24. Artikel wird festgesetzt, daß die gegenseitigen Forderungen, die
Regierung einerseits und Ritter- und Landschaft andererseits gegen einander
haben, aufgehoben sein sollen, ausgenommen hiervon bleiben die Schadens¬
ansprüche der Ritter- und Landschaft wegen der russischen Exaetionen, der
Durchmärsche der Schweden und Dänen an die Descendenten des Herzogs
Carl Leopold und an die Mächte Rußland, Schweden, Dänemark und andere.
Die Ritterschaft verbindet sich, durch baare Zahlung das von der Kur-Hanno-
verschen Renten-Kammer angeliehene Capital sammt den Zinsen den dafür
verschriebenen Landkasten längstens Trinitatis 1756 wieder frei zu machen.

Im 26. Artikel wird verkündet, daß alle schwebenden MißHelligkeiten.
Processe ze. mit den Ständen und den Einzelnen hierdurch niedergeschlagen
und abgethan sein sollen, der Vergleich vom 16. Juli 1701 ist hierdurch
aufgehoben; die zwischen der Regierung und der Stadt Rostock geschlossenen
Erbverträge werden aufs Neue bestätigt. Die Kaiserliche Confirmation dieses
Landesgrundgesetzlichen Erbvergleiches soll nachgesucht werden. Es folgen
dann die Siegel und Unterschriften von Christian Ludwig G. z. M. Friedrich
F. z. M. Ludwig H. z. M. dann die Gelobung der Landräthe, Landmarschälle
und der übrigen von Ritter- und Landschaft der Herzogthümer Mecklenburg,
sowie: die Unterschriften von 149 adlichen, 34 bürgerlichen Gutsbesitzern und
den Vertretern der Städte Rostock, Parchim, Güstrow, Neubrandenburg,
Schwerin.

Mit Recht ist diese vom 18. April 1766 datirende Verfassung ein Meister¬
werk damaliger Zeit genannt und mit Recht nennt der Historiker Schlosser
vom Standpunkt der heutigen Anschauung dieselbe "eine uraltmodische zum
Unsinn gewordene Verfassung." Mit patriarchalischer Fürsorge und un¬
endlicher Umsicht sind die einzelnen Gesetzesbranchen bis aufs Detail ausge¬
arbeitet, die fürstlichen Prärogative sind in einer Weise eingeschränkt, daß
noch heute, wenn nur durch ein vernünftiges Wahlgesetz andere Vertreter be¬
rufen würden, ein konstitutioneller Staat sich dabei beruhigen könnte und
manche Bestimmungen sind darin enthalten, die trotz ihres hohen Alters noch
heute zu erhalten wünschenswerth. Aber ebenso unsinnig ist es auch, die
ganze Verfassung den jetzigen Zeitströmungen gegenüber conserviren zu wollen.
Daß eine Vertretung, wie diese Verfassung sie anordnet, jetzt, wo Mecklenburg
ein Glied des konstitutionellen Kaiserreichs ist, nicht mehr zulässig, das liegt
so auf der Hand, daß nur Verblendung sich dagegen sträuben kann. Wir


befunden wird, von den Kirchen-Geldern bessern zu lassen. Es folgen Be¬
stimmungen über Bauten der Psarr- und Küsterhäuser, über Aufbauung neuer
Kirchen, über die Abgaben an den Prediger, über Leistung von Fuhren.
Wenn ein Patron den Kirchenacker gegen einen andern umtauschen will, so
soll nach commissarischer Untersuchung der fürstliche Consens einzuholen sein.

Im 24. Artikel wird festgesetzt, daß die gegenseitigen Forderungen, die
Regierung einerseits und Ritter- und Landschaft andererseits gegen einander
haben, aufgehoben sein sollen, ausgenommen hiervon bleiben die Schadens¬
ansprüche der Ritter- und Landschaft wegen der russischen Exaetionen, der
Durchmärsche der Schweden und Dänen an die Descendenten des Herzogs
Carl Leopold und an die Mächte Rußland, Schweden, Dänemark und andere.
Die Ritterschaft verbindet sich, durch baare Zahlung das von der Kur-Hanno-
verschen Renten-Kammer angeliehene Capital sammt den Zinsen den dafür
verschriebenen Landkasten längstens Trinitatis 1756 wieder frei zu machen.

Im 26. Artikel wird verkündet, daß alle schwebenden MißHelligkeiten.
Processe ze. mit den Ständen und den Einzelnen hierdurch niedergeschlagen
und abgethan sein sollen, der Vergleich vom 16. Juli 1701 ist hierdurch
aufgehoben; die zwischen der Regierung und der Stadt Rostock geschlossenen
Erbverträge werden aufs Neue bestätigt. Die Kaiserliche Confirmation dieses
Landesgrundgesetzlichen Erbvergleiches soll nachgesucht werden. Es folgen
dann die Siegel und Unterschriften von Christian Ludwig G. z. M. Friedrich
F. z. M. Ludwig H. z. M. dann die Gelobung der Landräthe, Landmarschälle
und der übrigen von Ritter- und Landschaft der Herzogthümer Mecklenburg,
sowie: die Unterschriften von 149 adlichen, 34 bürgerlichen Gutsbesitzern und
den Vertretern der Städte Rostock, Parchim, Güstrow, Neubrandenburg,
Schwerin.

Mit Recht ist diese vom 18. April 1766 datirende Verfassung ein Meister¬
werk damaliger Zeit genannt und mit Recht nennt der Historiker Schlosser
vom Standpunkt der heutigen Anschauung dieselbe „eine uraltmodische zum
Unsinn gewordene Verfassung." Mit patriarchalischer Fürsorge und un¬
endlicher Umsicht sind die einzelnen Gesetzesbranchen bis aufs Detail ausge¬
arbeitet, die fürstlichen Prärogative sind in einer Weise eingeschränkt, daß
noch heute, wenn nur durch ein vernünftiges Wahlgesetz andere Vertreter be¬
rufen würden, ein konstitutioneller Staat sich dabei beruhigen könnte und
manche Bestimmungen sind darin enthalten, die trotz ihres hohen Alters noch
heute zu erhalten wünschenswerth. Aber ebenso unsinnig ist es auch, die
ganze Verfassung den jetzigen Zeitströmungen gegenüber conserviren zu wollen.
Daß eine Vertretung, wie diese Verfassung sie anordnet, jetzt, wo Mecklenburg
ein Glied des konstitutionellen Kaiserreichs ist, nicht mehr zulässig, das liegt
so auf der Hand, daß nur Verblendung sich dagegen sträuben kann. Wir


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[0310] befunden wird, von den Kirchen-Geldern bessern zu lassen. Es folgen Be¬ stimmungen über Bauten der Psarr- und Küsterhäuser, über Aufbauung neuer Kirchen, über die Abgaben an den Prediger, über Leistung von Fuhren. Wenn ein Patron den Kirchenacker gegen einen andern umtauschen will, so soll nach commissarischer Untersuchung der fürstliche Consens einzuholen sein. Im 24. Artikel wird festgesetzt, daß die gegenseitigen Forderungen, die Regierung einerseits und Ritter- und Landschaft andererseits gegen einander haben, aufgehoben sein sollen, ausgenommen hiervon bleiben die Schadens¬ ansprüche der Ritter- und Landschaft wegen der russischen Exaetionen, der Durchmärsche der Schweden und Dänen an die Descendenten des Herzogs Carl Leopold und an die Mächte Rußland, Schweden, Dänemark und andere. Die Ritterschaft verbindet sich, durch baare Zahlung das von der Kur-Hanno- verschen Renten-Kammer angeliehene Capital sammt den Zinsen den dafür verschriebenen Landkasten längstens Trinitatis 1756 wieder frei zu machen. Im 26. Artikel wird verkündet, daß alle schwebenden MißHelligkeiten. Processe ze. mit den Ständen und den Einzelnen hierdurch niedergeschlagen und abgethan sein sollen, der Vergleich vom 16. Juli 1701 ist hierdurch aufgehoben; die zwischen der Regierung und der Stadt Rostock geschlossenen Erbverträge werden aufs Neue bestätigt. Die Kaiserliche Confirmation dieses Landesgrundgesetzlichen Erbvergleiches soll nachgesucht werden. Es folgen dann die Siegel und Unterschriften von Christian Ludwig G. z. M. Friedrich F. z. M. Ludwig H. z. M. dann die Gelobung der Landräthe, Landmarschälle und der übrigen von Ritter- und Landschaft der Herzogthümer Mecklenburg, sowie: die Unterschriften von 149 adlichen, 34 bürgerlichen Gutsbesitzern und den Vertretern der Städte Rostock, Parchim, Güstrow, Neubrandenburg, Schwerin. Mit Recht ist diese vom 18. April 1766 datirende Verfassung ein Meister¬ werk damaliger Zeit genannt und mit Recht nennt der Historiker Schlosser vom Standpunkt der heutigen Anschauung dieselbe „eine uraltmodische zum Unsinn gewordene Verfassung." Mit patriarchalischer Fürsorge und un¬ endlicher Umsicht sind die einzelnen Gesetzesbranchen bis aufs Detail ausge¬ arbeitet, die fürstlichen Prärogative sind in einer Weise eingeschränkt, daß noch heute, wenn nur durch ein vernünftiges Wahlgesetz andere Vertreter be¬ rufen würden, ein konstitutioneller Staat sich dabei beruhigen könnte und manche Bestimmungen sind darin enthalten, die trotz ihres hohen Alters noch heute zu erhalten wünschenswerth. Aber ebenso unsinnig ist es auch, die ganze Verfassung den jetzigen Zeitströmungen gegenüber conserviren zu wollen. Daß eine Vertretung, wie diese Verfassung sie anordnet, jetzt, wo Mecklenburg ein Glied des konstitutionellen Kaiserreichs ist, nicht mehr zulässig, das liegt so auf der Hand, daß nur Verblendung sich dagegen sträuben kann. Wir

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/310>, abgerufen am 26.06.2024.