Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

linguistischen Verhältnissen bekannt machte, Jagd und Sport führten dann
auch viel Dilettanten in dieses Gebiet, deren Aufzählung hier kaum zulässig
wäre; doch ist unläugbar durch den Sport manch werthvolles Körnlein der
Wissenschaft zu Gute gekommen. Als ernste Forscher sind dagegen Carl Ben¬
jamin Klunzinger und der Botaniker Georg August Schweinfurth aus Riga
in Rußland zu betrachten, welche beide lange der ägyptischen Küstenregion
ihre Aufmerksamkeit schenkten. Geradezu epochemachend ist Schweinfurth's
letzte Reise 1868--71 in das Gebiet des Bar-el-Ghasal, wo er die Wohnsitze
der Schilluk, Denka, Djur, Bongo, Mitla und Mada besuchte, die Gebiete
der niam-niam und Monbutta durchwanderte und den Actie-Fluß sowie
das Zwergvolk der Akka's entdeckte. Es muß indeß bemerkt werden, daß zum
großen Theile das genannte Gebiet schon von früheren Reisenden recognoscirt
worden war. Nebst Heuglin nennen wir die Gebrüder Poncet, den Itali¬
ener Miami, welcher 1860 die Gegenden südlich von Gondokorö am weißen
"Strome aufwärts durchforschte und im Jahre 1871 gleich Schweinfurth in
das Land der Monbutta vordrang, wo er im November 1872 den Strapazen
der Reise erlag, dann des Marquis O. Antinori Routen am westlichen Nil-
zuflusse Djur (1862) und endlich Piaggia's, gleichfalls eines Jtalieners, fünf¬
jährigen Aufenthalt im Lande der niam-niam. Als jüngsten Forscher im
oberen Nilgebiete dürfen wir den Oesterreicher Ernst Marno betrachten, der
1870 von Famaka bis Fadast im Lande der Bertat-Neger unter dem 9° n. Br.
vordrang, 1871 aber auf dem westlichen Ufer des blauen Nils bis zum
10°45' n. Br. gelangte. In neuester Zeit hat endlich die ägyptische Expedition
unter Sir Samuel Baker manches Licht auf die Verhältnisse im Ntlgebiete
geworfen, und ein gleiches darf man wohl von der im Gange befindlichen
des Obersten Gordon, der sich Marno angeschlossen hat, erwarten.




Licht- und Schattenbilder aus Koburg-Holda.
in.

"In Coburg kann man dem Rathstitel nur durch Selbstmord ent¬
gehen!" Diese gut verbürgte Aeußerung eines Witzboldes kennzeichnet in
drastischer Art eine komische Seite unserer Zustände-, man kann in einer der
beiden Residenzstädte kaum zwei Minuten auf der Straße sein, ohne einem
"Gerätherten" zu begegnen, wie der Bolksmund zu scherzen pflegt. Die
Herren vom Ministerium, an deren Spitze der "Staatsminister und Wirkliche
Geheime Rath" steht, Stufen sich ab in Geheime Räthe, Geheime Staatsräthe,


linguistischen Verhältnissen bekannt machte, Jagd und Sport führten dann
auch viel Dilettanten in dieses Gebiet, deren Aufzählung hier kaum zulässig
wäre; doch ist unläugbar durch den Sport manch werthvolles Körnlein der
Wissenschaft zu Gute gekommen. Als ernste Forscher sind dagegen Carl Ben¬
jamin Klunzinger und der Botaniker Georg August Schweinfurth aus Riga
in Rußland zu betrachten, welche beide lange der ägyptischen Küstenregion
ihre Aufmerksamkeit schenkten. Geradezu epochemachend ist Schweinfurth's
letzte Reise 1868—71 in das Gebiet des Bar-el-Ghasal, wo er die Wohnsitze
der Schilluk, Denka, Djur, Bongo, Mitla und Mada besuchte, die Gebiete
der niam-niam und Monbutta durchwanderte und den Actie-Fluß sowie
das Zwergvolk der Akka's entdeckte. Es muß indeß bemerkt werden, daß zum
großen Theile das genannte Gebiet schon von früheren Reisenden recognoscirt
worden war. Nebst Heuglin nennen wir die Gebrüder Poncet, den Itali¬
ener Miami, welcher 1860 die Gegenden südlich von Gondokorö am weißen
"Strome aufwärts durchforschte und im Jahre 1871 gleich Schweinfurth in
das Land der Monbutta vordrang, wo er im November 1872 den Strapazen
der Reise erlag, dann des Marquis O. Antinori Routen am westlichen Nil-
zuflusse Djur (1862) und endlich Piaggia's, gleichfalls eines Jtalieners, fünf¬
jährigen Aufenthalt im Lande der niam-niam. Als jüngsten Forscher im
oberen Nilgebiete dürfen wir den Oesterreicher Ernst Marno betrachten, der
1870 von Famaka bis Fadast im Lande der Bertat-Neger unter dem 9° n. Br.
vordrang, 1871 aber auf dem westlichen Ufer des blauen Nils bis zum
10°45' n. Br. gelangte. In neuester Zeit hat endlich die ägyptische Expedition
unter Sir Samuel Baker manches Licht auf die Verhältnisse im Ntlgebiete
geworfen, und ein gleiches darf man wohl von der im Gange befindlichen
des Obersten Gordon, der sich Marno angeschlossen hat, erwarten.




Licht- und Schattenbilder aus Koburg-Holda.
in.

„In Coburg kann man dem Rathstitel nur durch Selbstmord ent¬
gehen!" Diese gut verbürgte Aeußerung eines Witzboldes kennzeichnet in
drastischer Art eine komische Seite unserer Zustände-, man kann in einer der
beiden Residenzstädte kaum zwei Minuten auf der Straße sein, ohne einem
„Gerätherten" zu begegnen, wie der Bolksmund zu scherzen pflegt. Die
Herren vom Ministerium, an deren Spitze der „Staatsminister und Wirkliche
Geheime Rath" steht, Stufen sich ab in Geheime Räthe, Geheime Staatsräthe,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0187" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/134005"/>
          <p xml:id="ID_601" prev="#ID_600"> linguistischen Verhältnissen bekannt machte, Jagd und Sport führten dann<lb/>
auch viel Dilettanten in dieses Gebiet, deren Aufzählung hier kaum zulässig<lb/>
wäre; doch ist unläugbar durch den Sport manch werthvolles Körnlein der<lb/>
Wissenschaft zu Gute gekommen. Als ernste Forscher sind dagegen Carl Ben¬<lb/>
jamin Klunzinger und der Botaniker Georg August Schweinfurth aus Riga<lb/>
in Rußland zu betrachten, welche beide lange der ägyptischen Küstenregion<lb/>
ihre Aufmerksamkeit schenkten. Geradezu epochemachend ist Schweinfurth's<lb/>
letzte Reise 1868&#x2014;71 in das Gebiet des Bar-el-Ghasal, wo er die Wohnsitze<lb/>
der Schilluk, Denka, Djur, Bongo, Mitla und Mada besuchte, die Gebiete<lb/>
der niam-niam und Monbutta durchwanderte und den Actie-Fluß sowie<lb/>
das Zwergvolk der Akka's entdeckte. Es muß indeß bemerkt werden, daß zum<lb/>
großen Theile das genannte Gebiet schon von früheren Reisenden recognoscirt<lb/>
worden war. Nebst Heuglin nennen wir die Gebrüder Poncet, den Itali¬<lb/>
ener Miami, welcher 1860 die Gegenden südlich von Gondokorö am weißen<lb/>
"Strome aufwärts durchforschte und im Jahre 1871 gleich Schweinfurth in<lb/>
das Land der Monbutta vordrang, wo er im November 1872 den Strapazen<lb/>
der Reise erlag, dann des Marquis O. Antinori Routen am westlichen Nil-<lb/>
zuflusse Djur (1862) und endlich Piaggia's, gleichfalls eines Jtalieners, fünf¬<lb/>
jährigen Aufenthalt im Lande der niam-niam. Als jüngsten Forscher im<lb/>
oberen Nilgebiete dürfen wir den Oesterreicher Ernst Marno betrachten, der<lb/>
1870 von Famaka bis Fadast im Lande der Bertat-Neger unter dem 9° n. Br.<lb/>
vordrang, 1871 aber auf dem westlichen Ufer des blauen Nils bis zum<lb/>
10°45' n. Br. gelangte. In neuester Zeit hat endlich die ägyptische Expedition<lb/>
unter Sir Samuel Baker manches Licht auf die Verhältnisse im Ntlgebiete<lb/>
geworfen, und ein gleiches darf man wohl von der im Gange befindlichen<lb/>
des Obersten Gordon, der sich Marno angeschlossen hat, erwarten.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Licht- und Schattenbilder aus Koburg-Holda.<lb/>
in.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_602" next="#ID_603"> &#x201E;In Coburg kann man dem Rathstitel nur durch Selbstmord ent¬<lb/>
gehen!" Diese gut verbürgte Aeußerung eines Witzboldes kennzeichnet in<lb/>
drastischer Art eine komische Seite unserer Zustände-, man kann in einer der<lb/>
beiden Residenzstädte kaum zwei Minuten auf der Straße sein, ohne einem<lb/>
&#x201E;Gerätherten" zu begegnen, wie der Bolksmund zu scherzen pflegt. Die<lb/>
Herren vom Ministerium, an deren Spitze der &#x201E;Staatsminister und Wirkliche<lb/>
Geheime Rath" steht, Stufen sich ab in Geheime Räthe, Geheime Staatsräthe,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0187] linguistischen Verhältnissen bekannt machte, Jagd und Sport führten dann auch viel Dilettanten in dieses Gebiet, deren Aufzählung hier kaum zulässig wäre; doch ist unläugbar durch den Sport manch werthvolles Körnlein der Wissenschaft zu Gute gekommen. Als ernste Forscher sind dagegen Carl Ben¬ jamin Klunzinger und der Botaniker Georg August Schweinfurth aus Riga in Rußland zu betrachten, welche beide lange der ägyptischen Küstenregion ihre Aufmerksamkeit schenkten. Geradezu epochemachend ist Schweinfurth's letzte Reise 1868—71 in das Gebiet des Bar-el-Ghasal, wo er die Wohnsitze der Schilluk, Denka, Djur, Bongo, Mitla und Mada besuchte, die Gebiete der niam-niam und Monbutta durchwanderte und den Actie-Fluß sowie das Zwergvolk der Akka's entdeckte. Es muß indeß bemerkt werden, daß zum großen Theile das genannte Gebiet schon von früheren Reisenden recognoscirt worden war. Nebst Heuglin nennen wir die Gebrüder Poncet, den Itali¬ ener Miami, welcher 1860 die Gegenden südlich von Gondokorö am weißen "Strome aufwärts durchforschte und im Jahre 1871 gleich Schweinfurth in das Land der Monbutta vordrang, wo er im November 1872 den Strapazen der Reise erlag, dann des Marquis O. Antinori Routen am westlichen Nil- zuflusse Djur (1862) und endlich Piaggia's, gleichfalls eines Jtalieners, fünf¬ jährigen Aufenthalt im Lande der niam-niam. Als jüngsten Forscher im oberen Nilgebiete dürfen wir den Oesterreicher Ernst Marno betrachten, der 1870 von Famaka bis Fadast im Lande der Bertat-Neger unter dem 9° n. Br. vordrang, 1871 aber auf dem westlichen Ufer des blauen Nils bis zum 10°45' n. Br. gelangte. In neuester Zeit hat endlich die ägyptische Expedition unter Sir Samuel Baker manches Licht auf die Verhältnisse im Ntlgebiete geworfen, und ein gleiches darf man wohl von der im Gange befindlichen des Obersten Gordon, der sich Marno angeschlossen hat, erwarten. Licht- und Schattenbilder aus Koburg-Holda. in. „In Coburg kann man dem Rathstitel nur durch Selbstmord ent¬ gehen!" Diese gut verbürgte Aeußerung eines Witzboldes kennzeichnet in drastischer Art eine komische Seite unserer Zustände-, man kann in einer der beiden Residenzstädte kaum zwei Minuten auf der Straße sein, ohne einem „Gerätherten" zu begegnen, wie der Bolksmund zu scherzen pflegt. Die Herren vom Ministerium, an deren Spitze der „Staatsminister und Wirkliche Geheime Rath" steht, Stufen sich ab in Geheime Räthe, Geheime Staatsräthe,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/187
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/187>, abgerufen am 28.09.2024.