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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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eröffnete Alfred Edmund Brehm, der 1847 nach Kordofan, 1830 aber von
Chartum durch die tropischen Wälder am blauen Nil bis Rosüres ging. Von
seinen Begleitern erlagen indeß Dr. Richard Vierthaler und Constantin
Reitz dem Fieber. Anfangs der fünfziger Jahre gewinnen auch die Reisen
des John Petherick, der seit 1845 in Afrika weilte, und des Theodor von
Heuglin eine besondere Bedeutung. Ersterer benutzte seinen sechzehnjähriger
Aufenthalt in Afrika, um Aegypten, die Küste des rothen Meeres, Kordofan,
Chartum, den weißen Nil, das Land der Schilluks und der Djur zu bereisen
und am Gazellenflusfe bis in das Gebiet der niam-niam vorzudringen.
Letzterer, Heuglin, bereiste 1850--54 zum ersten Male Aegypten und Abessinien,
und erforschte dann 1856--58 die afrikanischen Küstenländer des rothen Meeres
und am Golfe von Aden. Um diese Zeit war es, daß Wilhelm von Harnier
über Chartum und RosLres bis zu den Katarakten oberhalb von Gondokor6
wanderte; er begab sich dann nach Heiligenkreuz, wo er 1861 seinen Tod
fand. Eben so erging es dem Freiherrn Richard von Neimans, der im Früh¬
jahre 1857 nach Djidda gegangen war, wo er im März 1858 starb. Sein
Schicksal theilte der Franzose Dr. Cuny. Zum Theile erfolgreicher war die
1859 von Adalbert Joh. Freih. von Barnim und Robert Hartmann ausgeführte
Reise an den blauen Nil. Zwar starb v. Barnim schon im Juli 1860 bei
Roseres, doch seinem Begleiter war es gegönnt, die Resultate seiner
Forschungen in die Heimath zu bringen.

Das Jahr 1861 brachte die große Expedition zur Aufsuchung des ver¬
schollenen Eduard Vogel, an deren Spitze Theodor v. Heuglin berufen ward.
Ihn begleiteten der Botaniker H. Steudner, ein Oesterreicher, der Schweizer
Werner Munzinger, Theodor Kinzelbach aus Stuttgart, der Wiener Martin
Hanhai und Hera. Schubert. Von Massaua am Rothen Meere ging die
Expedition aus und sollte möglichst direct nach Wadai vordringen. Bald
jedoch führten Meinungsverschiedenheiten der Mitglieder zum Bruche. Während
Munzinger und Kinzelbach sich nach Kovdofan wandten, von wo aus jedoch
jedes weiteres Vordringen gegen Westen unmöglich war, durchforschten Heuglin
und Steudner die abessinischen Hochlande, wo sie bedeutende Resultate erzielten.
Ueber Gondar gingen sie längs des blauen Nils nach Chartum und schlössen
sich 1863 der Expedition des Frl. Tinne an, eine Reise, die sie in den Gazellen¬
strom bis zur Meschera-el-Rek führte; dann drangen sie westwärts über den
Djur und gaben zuerst ein Bild von diesen fast noch unbekannten Uferland-
schasten des Bahr-al-Ghasal. Doch erlag hier Steudner den klimatischen
Einflüssen.

Die Nordabhänge Abesstniens wurden durch W. Munzinger genau durch¬
forscht; er war es, der die Gebiet der Bogos, der Beni Amer, der Bazer,
der Barea und Kunana zuerst in ihren geographischen, ethnographischen und


eröffnete Alfred Edmund Brehm, der 1847 nach Kordofan, 1830 aber von
Chartum durch die tropischen Wälder am blauen Nil bis Rosüres ging. Von
seinen Begleitern erlagen indeß Dr. Richard Vierthaler und Constantin
Reitz dem Fieber. Anfangs der fünfziger Jahre gewinnen auch die Reisen
des John Petherick, der seit 1845 in Afrika weilte, und des Theodor von
Heuglin eine besondere Bedeutung. Ersterer benutzte seinen sechzehnjähriger
Aufenthalt in Afrika, um Aegypten, die Küste des rothen Meeres, Kordofan,
Chartum, den weißen Nil, das Land der Schilluks und der Djur zu bereisen
und am Gazellenflusfe bis in das Gebiet der niam-niam vorzudringen.
Letzterer, Heuglin, bereiste 1850—54 zum ersten Male Aegypten und Abessinien,
und erforschte dann 1856—58 die afrikanischen Küstenländer des rothen Meeres
und am Golfe von Aden. Um diese Zeit war es, daß Wilhelm von Harnier
über Chartum und RosLres bis zu den Katarakten oberhalb von Gondokor6
wanderte; er begab sich dann nach Heiligenkreuz, wo er 1861 seinen Tod
fand. Eben so erging es dem Freiherrn Richard von Neimans, der im Früh¬
jahre 1857 nach Djidda gegangen war, wo er im März 1858 starb. Sein
Schicksal theilte der Franzose Dr. Cuny. Zum Theile erfolgreicher war die
1859 von Adalbert Joh. Freih. von Barnim und Robert Hartmann ausgeführte
Reise an den blauen Nil. Zwar starb v. Barnim schon im Juli 1860 bei
Roseres, doch seinem Begleiter war es gegönnt, die Resultate seiner
Forschungen in die Heimath zu bringen.

Das Jahr 1861 brachte die große Expedition zur Aufsuchung des ver¬
schollenen Eduard Vogel, an deren Spitze Theodor v. Heuglin berufen ward.
Ihn begleiteten der Botaniker H. Steudner, ein Oesterreicher, der Schweizer
Werner Munzinger, Theodor Kinzelbach aus Stuttgart, der Wiener Martin
Hanhai und Hera. Schubert. Von Massaua am Rothen Meere ging die
Expedition aus und sollte möglichst direct nach Wadai vordringen. Bald
jedoch führten Meinungsverschiedenheiten der Mitglieder zum Bruche. Während
Munzinger und Kinzelbach sich nach Kovdofan wandten, von wo aus jedoch
jedes weiteres Vordringen gegen Westen unmöglich war, durchforschten Heuglin
und Steudner die abessinischen Hochlande, wo sie bedeutende Resultate erzielten.
Ueber Gondar gingen sie längs des blauen Nils nach Chartum und schlössen
sich 1863 der Expedition des Frl. Tinne an, eine Reise, die sie in den Gazellen¬
strom bis zur Meschera-el-Rek führte; dann drangen sie westwärts über den
Djur und gaben zuerst ein Bild von diesen fast noch unbekannten Uferland-
schasten des Bahr-al-Ghasal. Doch erlag hier Steudner den klimatischen
Einflüssen.

Die Nordabhänge Abesstniens wurden durch W. Munzinger genau durch¬
forscht; er war es, der die Gebiet der Bogos, der Beni Amer, der Bazer,
der Barea und Kunana zuerst in ihren geographischen, ethnographischen und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/186>, abgerufen am 29.06.2024.