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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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Simbel aufdeckte. Die Kriegszüge Mehemed Ali's zur Unterwerfung Nubien's
und Sennaar's erweiterten die Forschungen im Süden. Bahnbrechend waren hier
die Leistungen des Franzosen Fre'de'rin Cailliaud aus Nantes, der seit 1815
in Aegypten weilte. Dieser begleitete die ägyptischen Truppen auf ihrem Feld¬
zuge , drang bis Meroe und bis zum weißen Flusse jenseits Fazogl vor und
besuchte Synab nebst fünf anderen Oasen. In dieselbe Zeit fallen die For¬
schungen des Per. Ed. Simon Rüppell aus Frankfurt a/M. und seines Be¬
gleiters Michael Hey aus Rücksheim, welch letzterer 1825 als erster Europäer
Kordofan und el-Obeid, die Hauptstadt dieses Reiches, besuchte. 1821--1823
bereisten Christian Gottfried Ehrenberg und Hemprich das Nilthal bis nach
Nubien, 1826 und 1827 führte der Oesterreicher Anton Prokesch von Osten
zwischen Assuan und Wady Half" die ersten Positionsbestimmungen aus. Im
nächstfolgenden Jahrzehnt wurden die Reisen zweier anderer Oesterreicher, der
Naturforscher Joseph von Russegger und Theodor Kotschy, epochemachend;
^1838 brach ersterer nach Fazogl auf, und wir verdanken ihm die erste wissen¬
schaftliche Durchforschung der von dem blauen und weißen Nil und dem Sobat
begrenzten Gegend el-Djezire. Auch Kordofa und el-Obeid wurde von den
beiden Gelehrten besucht und durchforscht. Ihnen folgte 1843 der Franzose
Dr. Alfred Peney, welcher dann nach Niambara und Wayo ging, um den
Bahr°el-Abiad bis zum Berge Rego aufwärts zu verfolgen. In den Jahren
1840 und 1841 veranstaltete der Vizekönig von Aegypten zwei Expeditionen,
an deren ersteren sich Ferdinand Werne und dessen Bruder, dann die Fran¬
zosen Thibault, Sabatier und d'Arnaud betheiligten. Diesen Männern ver¬
danken wir die ersten Aufschlüsse über die Ufergegenden des weißen Nils bis
zum 4"42'42" n. Br. Am 4. Mai 1841 erlag der jüngere Werne zu Chartum
dem Wechselfieber. In diesem Platze hatte Papst Gregor XVI. 1840 eine
Missionsschule errichtet, an deren Spitze der österreichische Missionär, P. Ignaz
Knoblecher, ein Mann von tiefem Wissen stand. Unter seiner Leitung entstand
1849 die Station Gondokor6 im Lande der Bari, 1856 Heiligenkreuz im
Lande der Kitsch, gegründet vom Missionär Mosgan. Etwa 12 Jahre lang
waren die Missionäre, sämmtlich dem österreichischen Marienvereine angehörig,
hier thätig, und wir verdanken ihnen manche werthvolle Nachricht; schließlich
aber erlagen die meisten von ihnen den Einwirkungen des Klima's, und mit
ihrem Tode lösten sich die Stationen auf. Im Jahre 1855 führten die
Misstonäre Kirchner und Gossner in Begleitung Martin Hanhai's eine inte¬
ressante Erforschungsreise nach den Rera- und Mcrndera-Bergen aus.

Wenn wir etwa bis zum Jahre 1830 die deutschen Forscher auf das
Nilland beschränkt finden, so sehen wir sie in dem Zeitraume von 1830--1850
allmählich auch über den Osten des Continentes sich verbreiten. Die Aus¬
dehnung der Reisen gegen Süden hin trug wesentlich dazu bei. Den Reigen


Grenzboten 111. 187S. 23

Simbel aufdeckte. Die Kriegszüge Mehemed Ali's zur Unterwerfung Nubien's
und Sennaar's erweiterten die Forschungen im Süden. Bahnbrechend waren hier
die Leistungen des Franzosen Fre'de'rin Cailliaud aus Nantes, der seit 1815
in Aegypten weilte. Dieser begleitete die ägyptischen Truppen auf ihrem Feld¬
zuge , drang bis Meroe und bis zum weißen Flusse jenseits Fazogl vor und
besuchte Synab nebst fünf anderen Oasen. In dieselbe Zeit fallen die For¬
schungen des Per. Ed. Simon Rüppell aus Frankfurt a/M. und seines Be¬
gleiters Michael Hey aus Rücksheim, welch letzterer 1825 als erster Europäer
Kordofan und el-Obeid, die Hauptstadt dieses Reiches, besuchte. 1821—1823
bereisten Christian Gottfried Ehrenberg und Hemprich das Nilthal bis nach
Nubien, 1826 und 1827 führte der Oesterreicher Anton Prokesch von Osten
zwischen Assuan und Wady Half« die ersten Positionsbestimmungen aus. Im
nächstfolgenden Jahrzehnt wurden die Reisen zweier anderer Oesterreicher, der
Naturforscher Joseph von Russegger und Theodor Kotschy, epochemachend;
^1838 brach ersterer nach Fazogl auf, und wir verdanken ihm die erste wissen¬
schaftliche Durchforschung der von dem blauen und weißen Nil und dem Sobat
begrenzten Gegend el-Djezire. Auch Kordofa und el-Obeid wurde von den
beiden Gelehrten besucht und durchforscht. Ihnen folgte 1843 der Franzose
Dr. Alfred Peney, welcher dann nach Niambara und Wayo ging, um den
Bahr°el-Abiad bis zum Berge Rego aufwärts zu verfolgen. In den Jahren
1840 und 1841 veranstaltete der Vizekönig von Aegypten zwei Expeditionen,
an deren ersteren sich Ferdinand Werne und dessen Bruder, dann die Fran¬
zosen Thibault, Sabatier und d'Arnaud betheiligten. Diesen Männern ver¬
danken wir die ersten Aufschlüsse über die Ufergegenden des weißen Nils bis
zum 4"42'42" n. Br. Am 4. Mai 1841 erlag der jüngere Werne zu Chartum
dem Wechselfieber. In diesem Platze hatte Papst Gregor XVI. 1840 eine
Missionsschule errichtet, an deren Spitze der österreichische Missionär, P. Ignaz
Knoblecher, ein Mann von tiefem Wissen stand. Unter seiner Leitung entstand
1849 die Station Gondokor6 im Lande der Bari, 1856 Heiligenkreuz im
Lande der Kitsch, gegründet vom Missionär Mosgan. Etwa 12 Jahre lang
waren die Missionäre, sämmtlich dem österreichischen Marienvereine angehörig,
hier thätig, und wir verdanken ihnen manche werthvolle Nachricht; schließlich
aber erlagen die meisten von ihnen den Einwirkungen des Klima's, und mit
ihrem Tode lösten sich die Stationen auf. Im Jahre 1855 führten die
Misstonäre Kirchner und Gossner in Begleitung Martin Hanhai's eine inte¬
ressante Erforschungsreise nach den Rera- und Mcrndera-Bergen aus.

Wenn wir etwa bis zum Jahre 1830 die deutschen Forscher auf das
Nilland beschränkt finden, so sehen wir sie in dem Zeitraume von 1830—1850
allmählich auch über den Osten des Continentes sich verbreiten. Die Aus¬
dehnung der Reisen gegen Süden hin trug wesentlich dazu bei. Den Reigen


Grenzboten 111. 187S. 23
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/185>, abgerufen am 29.06.2024.