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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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gonnene und 1772 beendete abessinisch ^ nubische Reise des Schotten James
Bruce, der die Ruinen von Axum, die Küsten des rothen Meeres und Gondar
besuchte. Den wichtigsten Wendepunkt afrikanischer Entdeckungsgeschichte darf
man aber wohl in der Stiftung der Londoner African Association, 1788, er¬
blicken, welche sich die wissenschaftliche Erforschung dieses Welttheiles zum
Ziele setzte. Leider nahmen fast alle Unternehmungen der Gesellschaft einen
tragischen Ausgang. Nachdem Ledyard und Lucas die ersten Briten gewesen,
welche auf Kosten dieser Gesellschaft noch in dem nämlichen Jahre in das
Innere des afrikanischen Continentes eindrangen, entsandte sie schon 1790 den
Major Houghton, um längs des Gambiastromes landeinwärts ziehend, die
Binnenlandschasten Afrika's zu erforschen. Er gelangte über Timbuktu bis
an die Grenze der Sahara, wo er in der maurischen Stadt Uarra dem Hunger
und den Entbehrungen erlag. Aehnlich erging es den Reisenden Hornemann,
Röntgen und Mungo Park, von denen später die Rede sein wird. Unab¬
hängig führte William George Brown 1793 seine große Reise von Assiut
über die Oase Etwas und die berühmte Saline Bir-el-Malha in das Reich
Darfur aus, von wo er 1798 glücklich wieder nach Europa zurückkehrte.

Als bedeutendste wissenschaftliche Unternehmung erscheint aber die durch
die französische Expedition zu Anfang unseres Jahrhunderts zu einem gewissen
Abschlüsse gediehene Erforschung Aegyptens, Wohl selten hat ein unglücklicher
Feldzug für die Wissenschaft einen größeren Erfolg gehabt, als der Buona-
parte's im Nillande. Von ihm datirt bekanntlich das Emporkommen eines
neuen Wissenszweiges, der Aegyptologie, ein von den französischen Gelehrten
mit Vorliebe und Erfolg gepflegtes Feld, auf dem in neuerer Zeit auch Eng¬
länder und Deutsche Rühmliches geleistet.

Mit dem Eintritts in unser Jahrhundert häufen sich die Forschungsreisen
in Afrika so beträchtlich, daß eine chronologische Aufzählung kein sprechendes
Bild des Geleisteten mehr gewähren würde. Es empfiehlt sich daher die ein¬
zelnen Gebiete des Continentes nach einander in's Auge zu fassen. Wir be¬
ginnen mit Aegypten und den umliegenden Gegenden.

Hier waren in erster Linie der Schweizer Johann Ludwig Burckhardt
und der Ostfriese Ulrich Jasper Seetzen thätig. Letzterer hielt sich von 1807
bis 1809 in Aegypten auf, wo er werthvolle Nachrichten sammelte, Ersterer
kam erst 1813 dahin und vollführte wichtige Reisen im Nilthale. Im Dienste
der Londoner Afrikanischen Gesellschaft ging Burckhardt den Nil aufwärts
bis Dongola und war er der erste Europäer, welcher die Carawanenstraße
von Berber nach Sanakin am Rothen Meere betrat. Er starb 1817 in Cairo.
Ihm folgte, antiquarischen Zwecken nachgehend, sein Freund, der Italiener
Belzoni, der weit über die Nilkatarakten hinaus gelangte und in Gesellschaft
der Engländer Jrby, Mangles und Beechey 1817 den Felsentempel von Abu


gonnene und 1772 beendete abessinisch ^ nubische Reise des Schotten James
Bruce, der die Ruinen von Axum, die Küsten des rothen Meeres und Gondar
besuchte. Den wichtigsten Wendepunkt afrikanischer Entdeckungsgeschichte darf
man aber wohl in der Stiftung der Londoner African Association, 1788, er¬
blicken, welche sich die wissenschaftliche Erforschung dieses Welttheiles zum
Ziele setzte. Leider nahmen fast alle Unternehmungen der Gesellschaft einen
tragischen Ausgang. Nachdem Ledyard und Lucas die ersten Briten gewesen,
welche auf Kosten dieser Gesellschaft noch in dem nämlichen Jahre in das
Innere des afrikanischen Continentes eindrangen, entsandte sie schon 1790 den
Major Houghton, um längs des Gambiastromes landeinwärts ziehend, die
Binnenlandschasten Afrika's zu erforschen. Er gelangte über Timbuktu bis
an die Grenze der Sahara, wo er in der maurischen Stadt Uarra dem Hunger
und den Entbehrungen erlag. Aehnlich erging es den Reisenden Hornemann,
Röntgen und Mungo Park, von denen später die Rede sein wird. Unab¬
hängig führte William George Brown 1793 seine große Reise von Assiut
über die Oase Etwas und die berühmte Saline Bir-el-Malha in das Reich
Darfur aus, von wo er 1798 glücklich wieder nach Europa zurückkehrte.

Als bedeutendste wissenschaftliche Unternehmung erscheint aber die durch
die französische Expedition zu Anfang unseres Jahrhunderts zu einem gewissen
Abschlüsse gediehene Erforschung Aegyptens, Wohl selten hat ein unglücklicher
Feldzug für die Wissenschaft einen größeren Erfolg gehabt, als der Buona-
parte's im Nillande. Von ihm datirt bekanntlich das Emporkommen eines
neuen Wissenszweiges, der Aegyptologie, ein von den französischen Gelehrten
mit Vorliebe und Erfolg gepflegtes Feld, auf dem in neuerer Zeit auch Eng¬
länder und Deutsche Rühmliches geleistet.

Mit dem Eintritts in unser Jahrhundert häufen sich die Forschungsreisen
in Afrika so beträchtlich, daß eine chronologische Aufzählung kein sprechendes
Bild des Geleisteten mehr gewähren würde. Es empfiehlt sich daher die ein¬
zelnen Gebiete des Continentes nach einander in's Auge zu fassen. Wir be¬
ginnen mit Aegypten und den umliegenden Gegenden.

Hier waren in erster Linie der Schweizer Johann Ludwig Burckhardt
und der Ostfriese Ulrich Jasper Seetzen thätig. Letzterer hielt sich von 1807
bis 1809 in Aegypten auf, wo er werthvolle Nachrichten sammelte, Ersterer
kam erst 1813 dahin und vollführte wichtige Reisen im Nilthale. Im Dienste
der Londoner Afrikanischen Gesellschaft ging Burckhardt den Nil aufwärts
bis Dongola und war er der erste Europäer, welcher die Carawanenstraße
von Berber nach Sanakin am Rothen Meere betrat. Er starb 1817 in Cairo.
Ihm folgte, antiquarischen Zwecken nachgehend, sein Freund, der Italiener
Belzoni, der weit über die Nilkatarakten hinaus gelangte und in Gesellschaft
der Engländer Jrby, Mangles und Beechey 1817 den Felsentempel von Abu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/184>, abgerufen am 28.09.2024.