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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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Im Jahre 1716 entschloß sich Compagnon die so gefährliche Reise nach
Bambuk zu wagen; unter unsäglichen Gefahren drang er von dem Fort
Se. Joseph nach Se. Pierre an dem Flusse Faleme vor. Keiner vor ihm war
jemals so weit landeinwärts gekommen; er war der erste Weiße, der in
Bambuk gesehen wurde. Eine andere Reise machte er auf der Ostseite des
Flusses hin, über Onneko nach Nahe, nordwärts von Kainura. Sein dritter
Weg ging quer durch das Land von Babiakolam oder Bakajokalan an der
Sonanga bis nach Netteko und Tamba-Aura. In den Zeitraum 1719 -- 1732
fallen die Fahrten des Engländers William Snelgrave, der nebst der Sierra
Leone hauptsächlich Guinea von Scherebro bis zum Cap Gonsalvez und das
Reich Dahomey zum Gegenstande seiner Beobachtungen machte. 1720 erhalten
Wir lehrreiche Nachrichten über die Barbarei angrenzender Länder durch
Thomas Shaw, 1724 ging der Hauptmann Bartholomäus Stibbs nach dem
Gambia. Werthvoller waren die Erforschungen des Ritters des Marchais,
her 1723 das Commando eines nach Guinea bestimmten Schiffes übernahm.
Ein Jahr darauf, 1726, wurde der britische Ingenieur William Smith von
der afrikanischen Gesellschaft zu London nach Sierra Leone und dann eben¬
falls nach Guinea entsandt. Francois Tollot berichtete 1730 über die Bar-
bareskenstaaten, während sein Landsmann Tourtechot - Granger belehrende
Nachrichten über Aegypten herausgab. Dieses Land begann allmählig in den
Vordergrund der Forschung zu treten; 1737 sandte der dänische Hof den
Schiffscapitän Friedrich Norden dahin, der das Land mit kritischem Forscher¬
blicke bis zu den Katarakten bereiste und darüber ein durch genaue Zeichnung
wichtiges Werk hinterließ. In gleicher Richtung und zur nämlichen Zeit war
in Aegypten der gelehrte Lordbischof von Ossory, Dr. Richard Poeocke thätig.
In die vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts fallen endlich die Reisen
des Prunean de Pommegorge nach Nigritien, des Louis de la Rocque nach
Senegambien und insbesondere in das Innere der Landschaft Galam,
endlich des gelehrten Akademikers Michel Adanson gleichfalls nach Sene¬
gambien. (1749).

Dies ist der Zeitpunkt, wo der große Bourguignon d'Urville zuerst die
Grundsätze historischer Kritik aus die Kartographie anwendete, und mit divina-
torischen Scharfblicke die sicheren Zeugnisse aus dem Wüste der Fabeln sondernd,
die relativ noch geringfügigen Ergebnisse der Beobachtungen europäischer und
arabischer Berichterstatter über Immer-Afrika mit der schon im Wesentlichen
aus berichtigte astronomische Daten gestützten correeteren Contouren des Erd¬
theiles zu einem Kartenbilde combwirte, welches als das erste, wissenschaftlichen
Anforderungen für seine Zeit entsprechende anzusehen ist. Die ersten Jahr¬
zehnte nach dem Erscheinen von d'Urville's klassischer Arbeit sind durch keine
ergebnißreiche Reise ausgezeichnet. Epochemachend war blos die 1768 be-


Im Jahre 1716 entschloß sich Compagnon die so gefährliche Reise nach
Bambuk zu wagen; unter unsäglichen Gefahren drang er von dem Fort
Se. Joseph nach Se. Pierre an dem Flusse Faleme vor. Keiner vor ihm war
jemals so weit landeinwärts gekommen; er war der erste Weiße, der in
Bambuk gesehen wurde. Eine andere Reise machte er auf der Ostseite des
Flusses hin, über Onneko nach Nahe, nordwärts von Kainura. Sein dritter
Weg ging quer durch das Land von Babiakolam oder Bakajokalan an der
Sonanga bis nach Netteko und Tamba-Aura. In den Zeitraum 1719 — 1732
fallen die Fahrten des Engländers William Snelgrave, der nebst der Sierra
Leone hauptsächlich Guinea von Scherebro bis zum Cap Gonsalvez und das
Reich Dahomey zum Gegenstande seiner Beobachtungen machte. 1720 erhalten
Wir lehrreiche Nachrichten über die Barbarei angrenzender Länder durch
Thomas Shaw, 1724 ging der Hauptmann Bartholomäus Stibbs nach dem
Gambia. Werthvoller waren die Erforschungen des Ritters des Marchais,
her 1723 das Commando eines nach Guinea bestimmten Schiffes übernahm.
Ein Jahr darauf, 1726, wurde der britische Ingenieur William Smith von
der afrikanischen Gesellschaft zu London nach Sierra Leone und dann eben¬
falls nach Guinea entsandt. Francois Tollot berichtete 1730 über die Bar-
bareskenstaaten, während sein Landsmann Tourtechot - Granger belehrende
Nachrichten über Aegypten herausgab. Dieses Land begann allmählig in den
Vordergrund der Forschung zu treten; 1737 sandte der dänische Hof den
Schiffscapitän Friedrich Norden dahin, der das Land mit kritischem Forscher¬
blicke bis zu den Katarakten bereiste und darüber ein durch genaue Zeichnung
wichtiges Werk hinterließ. In gleicher Richtung und zur nämlichen Zeit war
in Aegypten der gelehrte Lordbischof von Ossory, Dr. Richard Poeocke thätig.
In die vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts fallen endlich die Reisen
des Prunean de Pommegorge nach Nigritien, des Louis de la Rocque nach
Senegambien und insbesondere in das Innere der Landschaft Galam,
endlich des gelehrten Akademikers Michel Adanson gleichfalls nach Sene¬
gambien. (1749).

Dies ist der Zeitpunkt, wo der große Bourguignon d'Urville zuerst die
Grundsätze historischer Kritik aus die Kartographie anwendete, und mit divina-
torischen Scharfblicke die sicheren Zeugnisse aus dem Wüste der Fabeln sondernd,
die relativ noch geringfügigen Ergebnisse der Beobachtungen europäischer und
arabischer Berichterstatter über Immer-Afrika mit der schon im Wesentlichen
aus berichtigte astronomische Daten gestützten correeteren Contouren des Erd¬
theiles zu einem Kartenbilde combwirte, welches als das erste, wissenschaftlichen
Anforderungen für seine Zeit entsprechende anzusehen ist. Die ersten Jahr¬
zehnte nach dem Erscheinen von d'Urville's klassischer Arbeit sind durch keine
ergebnißreiche Reise ausgezeichnet. Epochemachend war blos die 1768 be-


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[0183] Im Jahre 1716 entschloß sich Compagnon die so gefährliche Reise nach Bambuk zu wagen; unter unsäglichen Gefahren drang er von dem Fort Se. Joseph nach Se. Pierre an dem Flusse Faleme vor. Keiner vor ihm war jemals so weit landeinwärts gekommen; er war der erste Weiße, der in Bambuk gesehen wurde. Eine andere Reise machte er auf der Ostseite des Flusses hin, über Onneko nach Nahe, nordwärts von Kainura. Sein dritter Weg ging quer durch das Land von Babiakolam oder Bakajokalan an der Sonanga bis nach Netteko und Tamba-Aura. In den Zeitraum 1719 — 1732 fallen die Fahrten des Engländers William Snelgrave, der nebst der Sierra Leone hauptsächlich Guinea von Scherebro bis zum Cap Gonsalvez und das Reich Dahomey zum Gegenstande seiner Beobachtungen machte. 1720 erhalten Wir lehrreiche Nachrichten über die Barbarei angrenzender Länder durch Thomas Shaw, 1724 ging der Hauptmann Bartholomäus Stibbs nach dem Gambia. Werthvoller waren die Erforschungen des Ritters des Marchais, her 1723 das Commando eines nach Guinea bestimmten Schiffes übernahm. Ein Jahr darauf, 1726, wurde der britische Ingenieur William Smith von der afrikanischen Gesellschaft zu London nach Sierra Leone und dann eben¬ falls nach Guinea entsandt. Francois Tollot berichtete 1730 über die Bar- bareskenstaaten, während sein Landsmann Tourtechot - Granger belehrende Nachrichten über Aegypten herausgab. Dieses Land begann allmählig in den Vordergrund der Forschung zu treten; 1737 sandte der dänische Hof den Schiffscapitän Friedrich Norden dahin, der das Land mit kritischem Forscher¬ blicke bis zu den Katarakten bereiste und darüber ein durch genaue Zeichnung wichtiges Werk hinterließ. In gleicher Richtung und zur nämlichen Zeit war in Aegypten der gelehrte Lordbischof von Ossory, Dr. Richard Poeocke thätig. In die vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts fallen endlich die Reisen des Prunean de Pommegorge nach Nigritien, des Louis de la Rocque nach Senegambien und insbesondere in das Innere der Landschaft Galam, endlich des gelehrten Akademikers Michel Adanson gleichfalls nach Sene¬ gambien. (1749). Dies ist der Zeitpunkt, wo der große Bourguignon d'Urville zuerst die Grundsätze historischer Kritik aus die Kartographie anwendete, und mit divina- torischen Scharfblicke die sicheren Zeugnisse aus dem Wüste der Fabeln sondernd, die relativ noch geringfügigen Ergebnisse der Beobachtungen europäischer und arabischer Berichterstatter über Immer-Afrika mit der schon im Wesentlichen aus berichtigte astronomische Daten gestützten correeteren Contouren des Erd¬ theiles zu einem Kartenbilde combwirte, welches als das erste, wissenschaftlichen Anforderungen für seine Zeit entsprechende anzusehen ist. Die ersten Jahr¬ zehnte nach dem Erscheinen von d'Urville's klassischer Arbeit sind durch keine ergebnißreiche Reise ausgezeichnet. Epochemachend war blos die 1768 be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/183>, abgerufen am 29.06.2024.