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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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triebenen Ausdehnung von West nach Ost, ausgeglichen durch ein der wirklich
ermittelten Richtung der Küsten widersprechendes Seitwärtsherüberziehen
des arabischen Meerbusens. Das ganze Innere ist scheinbar ausgefüllt mit
geographischen Thatsachen , die zum Theil auf wirklicher Beobachtung beruhten,
aber falsch dargestellt wurden. Portugiesische Heerführer und Missionäre
drangen nämlich um jene Zeit nach Congo, Monomotapa und Abessinien.
So kam 1320 Lopez Segueira mit einer Flotte an die Küste des letzteren
Landes und erfuhr Manches über die dortigen Verhältnisse, was der in dem
nämlichen Jahre dahin abgesandte Francesco Alvarez in einem lesenswerthen
Reiseberichte näher entwickelte. Aehnliche Expeditionen fanden im Laufe des
XVI. und das ganze XVII. Jahrhundert hindurch statt. Als die wichtigsten
Ereignisse dieser Art verdienen vielleicht folgende genannt zu werden, die
wir in thunlichster Kürze und in chronologischer Ordnung aufzählen:

Im Jahre 1541 giebt Stefan da Gama gute Nachrichten von Abessinien
und dem Stromgebiete des Nils; 1661 macht der britische Schiffscapitän
Thomas Windham eine Handelsfahrt nach Marokko und den Barbaresken-
staaten; 1353 geht er nach Guinea und ist der erste Brite, der so weit südlich
an Afrika's Küste'vordringt. Im folgenden Jahre reist dahin der Engländer
John Lock und 1355 sein Landsmann William Towrson, der drehnal die Reise
nach dem goldreichen Lande wiederholt. 1662 begegnen wir dort den Briten
Rudler, Backer, David Carlet und Hawkins; 1566 machte Georges Fenner,
gleichfalls ein Engländer, eine Reise nach den Inseln des grünen Vorgebirges.
Im Jahre 1573 drangen die Portugiesen Franz Bareto und Franz Homem
mit einer Armee in Monomotapa ein, um das Land wegen der dort befind¬
lichen Goldminen zu erforschen; 1589 unternahm der Graf Georges von
Cumberland eine Reise nach den Azoren, welche die gänzliche Bekanntwerdung
dieser Inseln nebst den kleineren, sie umgebenden Eilanden zur Folge hatte.
Im Jahre 1399 theilte der Engländer Andreas Battel wichtige Nachrichten
über Angola, Benguela und die benachbarten Länder mit; durch seine Be¬
mühungen lernte man zuerst die tiefer im Binnenlande von Afrika hausenden
wilden Jaggas kennen. Im Jahre 1606 schiffte der Holländer Peter van
der Brock nach dem grünen Vorgebirge, 1607 der Engländer William Fluch
nach Sierra Leone und der Goldküste. Das Jahr 1626 ist als der Zeitpunkt
der französischen Niederlassungen an der afrikanischen Westküste zu betrachten,
welche die Franzosen übrigens schon früher befahren hatten. Zu gleicher
Zeit drang der portugiesische Jesuit P. Hieronymus Lobo nach Abessinien vor,
indem er seinen Weg von Goa (in Indien) nach der Insel Pate und von
da über die Ostküste von Afrika zu Lande bis Jubo nahm, um von hier das
aethiopische Hochland zu erreichen. Nicht minder bemerkenswerth ist die
Reise (1635) zweier Kapuziner Alexis de Saint-Lo und Bernardin de Renou-


triebenen Ausdehnung von West nach Ost, ausgeglichen durch ein der wirklich
ermittelten Richtung der Küsten widersprechendes Seitwärtsherüberziehen
des arabischen Meerbusens. Das ganze Innere ist scheinbar ausgefüllt mit
geographischen Thatsachen , die zum Theil auf wirklicher Beobachtung beruhten,
aber falsch dargestellt wurden. Portugiesische Heerführer und Missionäre
drangen nämlich um jene Zeit nach Congo, Monomotapa und Abessinien.
So kam 1320 Lopez Segueira mit einer Flotte an die Küste des letzteren
Landes und erfuhr Manches über die dortigen Verhältnisse, was der in dem
nämlichen Jahre dahin abgesandte Francesco Alvarez in einem lesenswerthen
Reiseberichte näher entwickelte. Aehnliche Expeditionen fanden im Laufe des
XVI. und das ganze XVII. Jahrhundert hindurch statt. Als die wichtigsten
Ereignisse dieser Art verdienen vielleicht folgende genannt zu werden, die
wir in thunlichster Kürze und in chronologischer Ordnung aufzählen:

Im Jahre 1541 giebt Stefan da Gama gute Nachrichten von Abessinien
und dem Stromgebiete des Nils; 1661 macht der britische Schiffscapitän
Thomas Windham eine Handelsfahrt nach Marokko und den Barbaresken-
staaten; 1353 geht er nach Guinea und ist der erste Brite, der so weit südlich
an Afrika's Küste'vordringt. Im folgenden Jahre reist dahin der Engländer
John Lock und 1355 sein Landsmann William Towrson, der drehnal die Reise
nach dem goldreichen Lande wiederholt. 1662 begegnen wir dort den Briten
Rudler, Backer, David Carlet und Hawkins; 1566 machte Georges Fenner,
gleichfalls ein Engländer, eine Reise nach den Inseln des grünen Vorgebirges.
Im Jahre 1573 drangen die Portugiesen Franz Bareto und Franz Homem
mit einer Armee in Monomotapa ein, um das Land wegen der dort befind¬
lichen Goldminen zu erforschen; 1589 unternahm der Graf Georges von
Cumberland eine Reise nach den Azoren, welche die gänzliche Bekanntwerdung
dieser Inseln nebst den kleineren, sie umgebenden Eilanden zur Folge hatte.
Im Jahre 1399 theilte der Engländer Andreas Battel wichtige Nachrichten
über Angola, Benguela und die benachbarten Länder mit; durch seine Be¬
mühungen lernte man zuerst die tiefer im Binnenlande von Afrika hausenden
wilden Jaggas kennen. Im Jahre 1606 schiffte der Holländer Peter van
der Brock nach dem grünen Vorgebirge, 1607 der Engländer William Fluch
nach Sierra Leone und der Goldküste. Das Jahr 1626 ist als der Zeitpunkt
der französischen Niederlassungen an der afrikanischen Westküste zu betrachten,
welche die Franzosen übrigens schon früher befahren hatten. Zu gleicher
Zeit drang der portugiesische Jesuit P. Hieronymus Lobo nach Abessinien vor,
indem er seinen Weg von Goa (in Indien) nach der Insel Pate und von
da über die Ostküste von Afrika zu Lande bis Jubo nahm, um von hier das
aethiopische Hochland zu erreichen. Nicht minder bemerkenswerth ist die
Reise (1635) zweier Kapuziner Alexis de Saint-Lo und Bernardin de Renou-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/181>, abgerufen am 29.06.2024.