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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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Me geographische Erforschung KsriKa's.
Fr. v. Hellwald. I.

Schon seit dem grauesten Alterthume sind die Nordränder des afrikanischen
Festlandes bekannt und auch bewohnt gewesen. Hier blühte das älteste
Culturreich der Erde, das fruchtbare Aegypten, weiterhin gegen Westen lagen
die gefeierten Heiligthümer der Ammonsoasen und die Städte des alten
Cyrenaica, an der Stelle des heutigen Tunis endlich erhob sich das meer"
beherrschende Carthago, dessen zahlreiche Pflanzstädte das gesammte nord¬
afrikanische Gestade bis weit jenseits der Säulen des Hercules besäumten.
Frühzeitig trachtete man schon sich über die Ausdehnung und Gestalt des
Continentes Gewißheit zu verschaffen, und zwei Unternehmungen sind es
insbesondere, welche hier Erwähnung verdienen: die nicht ganz unglaub¬
würdige Umseglung Afrika's von Osten aus unter dem ägyptischen Könige
Necho, und die Fahrt des Hanno, die sich vielleicht bis in den Meerbusen
von Guinea erstreckte. Dennoch blieben die geographischen Vorstellungen
über Afrika im ganzen Alterthume überaus ungenau und irrig. Nehmen
wir die alten Kartenbilder zur Hand, wie sie Hecatäus (um 500 v. Ch.)
Herodot (460 v. Ch.), Dieearch (um 300 v. Ch.). Eratosthenes (um 220 v. Ch.),
Hipparch (150 v. Ch.), ja selbst Ptolemäus (um's Jahr 140 unserer Zeit¬
rechnung) entworfen haben, so gewinnen wir leicht die Ueberzeugung, daß von
der eigentlichen Gestalt und besonders von der Ausdehnung dieses Welttheiles
gegen Süden hin die Alten keine Ahnung besassen. Ein Gleiches war wohl
mit dem Inneren des Landes der Fall; zwar wurde mit tief binnenwärts
sitzenden Völkern ein nicht unbeträchtlicher Handel getrieben, und die neuere
Forschung hat die Richtigkeit mancher Angabe der alten Schriftsteller
bestätigen können, doch beruhte ihr Wissen ausschließlich auf mehr oder"minder
verläßlichen Erkundigungen, weniger auf dem Augenschein.

Wesentlich änderten sich diese Verhältnisse nicht, nachdem die Araber und
der Islam sich über das nördliche Afrika ergossen, wenngleich ihr Wissen in
Afrika größere räumliche Erweiterungen gewann als in Asten. In Folge
uralter Handelsbeziehungen mit der afrikanischen Ostküste war dort nach und
nach eine Kette arabischer Handelsstädte entstanden. Südlicher als Sofala
erstreckte sich aber ihr Wissen nicht, dagegen beschreiben uns die Araber
Madagascar, welches bei ihnen den alten Namen der Mondinsel führt; auch
waren sie mit den Comoren bekannt. Im Inneren Asrika's breitete sich der
JslKm schon im XI. bis XIII. Jahrhundert unserer Zeitrechnung aus, und


Me geographische Erforschung KsriKa's.
Fr. v. Hellwald. I.

Schon seit dem grauesten Alterthume sind die Nordränder des afrikanischen
Festlandes bekannt und auch bewohnt gewesen. Hier blühte das älteste
Culturreich der Erde, das fruchtbare Aegypten, weiterhin gegen Westen lagen
die gefeierten Heiligthümer der Ammonsoasen und die Städte des alten
Cyrenaica, an der Stelle des heutigen Tunis endlich erhob sich das meer»
beherrschende Carthago, dessen zahlreiche Pflanzstädte das gesammte nord¬
afrikanische Gestade bis weit jenseits der Säulen des Hercules besäumten.
Frühzeitig trachtete man schon sich über die Ausdehnung und Gestalt des
Continentes Gewißheit zu verschaffen, und zwei Unternehmungen sind es
insbesondere, welche hier Erwähnung verdienen: die nicht ganz unglaub¬
würdige Umseglung Afrika's von Osten aus unter dem ägyptischen Könige
Necho, und die Fahrt des Hanno, die sich vielleicht bis in den Meerbusen
von Guinea erstreckte. Dennoch blieben die geographischen Vorstellungen
über Afrika im ganzen Alterthume überaus ungenau und irrig. Nehmen
wir die alten Kartenbilder zur Hand, wie sie Hecatäus (um 500 v. Ch.)
Herodot (460 v. Ch.), Dieearch (um 300 v. Ch.). Eratosthenes (um 220 v. Ch.),
Hipparch (150 v. Ch.), ja selbst Ptolemäus (um's Jahr 140 unserer Zeit¬
rechnung) entworfen haben, so gewinnen wir leicht die Ueberzeugung, daß von
der eigentlichen Gestalt und besonders von der Ausdehnung dieses Welttheiles
gegen Süden hin die Alten keine Ahnung besassen. Ein Gleiches war wohl
mit dem Inneren des Landes der Fall; zwar wurde mit tief binnenwärts
sitzenden Völkern ein nicht unbeträchtlicher Handel getrieben, und die neuere
Forschung hat die Richtigkeit mancher Angabe der alten Schriftsteller
bestätigen können, doch beruhte ihr Wissen ausschließlich auf mehr oder"minder
verläßlichen Erkundigungen, weniger auf dem Augenschein.

Wesentlich änderten sich diese Verhältnisse nicht, nachdem die Araber und
der Islam sich über das nördliche Afrika ergossen, wenngleich ihr Wissen in
Afrika größere räumliche Erweiterungen gewann als in Asten. In Folge
uralter Handelsbeziehungen mit der afrikanischen Ostküste war dort nach und
nach eine Kette arabischer Handelsstädte entstanden. Südlicher als Sofala
erstreckte sich aber ihr Wissen nicht, dagegen beschreiben uns die Araber
Madagascar, welches bei ihnen den alten Namen der Mondinsel führt; auch
waren sie mit den Comoren bekannt. Im Inneren Asrika's breitete sich der
JslKm schon im XI. bis XIII. Jahrhundert unserer Zeitrechnung aus, und


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[0178] Me geographische Erforschung KsriKa's. Fr. v. Hellwald. I. Schon seit dem grauesten Alterthume sind die Nordränder des afrikanischen Festlandes bekannt und auch bewohnt gewesen. Hier blühte das älteste Culturreich der Erde, das fruchtbare Aegypten, weiterhin gegen Westen lagen die gefeierten Heiligthümer der Ammonsoasen und die Städte des alten Cyrenaica, an der Stelle des heutigen Tunis endlich erhob sich das meer» beherrschende Carthago, dessen zahlreiche Pflanzstädte das gesammte nord¬ afrikanische Gestade bis weit jenseits der Säulen des Hercules besäumten. Frühzeitig trachtete man schon sich über die Ausdehnung und Gestalt des Continentes Gewißheit zu verschaffen, und zwei Unternehmungen sind es insbesondere, welche hier Erwähnung verdienen: die nicht ganz unglaub¬ würdige Umseglung Afrika's von Osten aus unter dem ägyptischen Könige Necho, und die Fahrt des Hanno, die sich vielleicht bis in den Meerbusen von Guinea erstreckte. Dennoch blieben die geographischen Vorstellungen über Afrika im ganzen Alterthume überaus ungenau und irrig. Nehmen wir die alten Kartenbilder zur Hand, wie sie Hecatäus (um 500 v. Ch.) Herodot (460 v. Ch.), Dieearch (um 300 v. Ch.). Eratosthenes (um 220 v. Ch.), Hipparch (150 v. Ch.), ja selbst Ptolemäus (um's Jahr 140 unserer Zeit¬ rechnung) entworfen haben, so gewinnen wir leicht die Ueberzeugung, daß von der eigentlichen Gestalt und besonders von der Ausdehnung dieses Welttheiles gegen Süden hin die Alten keine Ahnung besassen. Ein Gleiches war wohl mit dem Inneren des Landes der Fall; zwar wurde mit tief binnenwärts sitzenden Völkern ein nicht unbeträchtlicher Handel getrieben, und die neuere Forschung hat die Richtigkeit mancher Angabe der alten Schriftsteller bestätigen können, doch beruhte ihr Wissen ausschließlich auf mehr oder"minder verläßlichen Erkundigungen, weniger auf dem Augenschein. Wesentlich änderten sich diese Verhältnisse nicht, nachdem die Araber und der Islam sich über das nördliche Afrika ergossen, wenngleich ihr Wissen in Afrika größere räumliche Erweiterungen gewann als in Asten. In Folge uralter Handelsbeziehungen mit der afrikanischen Ostküste war dort nach und nach eine Kette arabischer Handelsstädte entstanden. Südlicher als Sofala erstreckte sich aber ihr Wissen nicht, dagegen beschreiben uns die Araber Madagascar, welches bei ihnen den alten Namen der Mondinsel führt; auch waren sie mit den Comoren bekannt. Im Inneren Asrika's breitete sich der JslKm schon im XI. bis XIII. Jahrhundert unserer Zeitrechnung aus, und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/178>, abgerufen am 28.09.2024.