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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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Holzschnitt oder Photographie hergestellt, sondern wunderbarer Weise durch
Lithographie, nach einem Verfahren, auf dessen Ausbildung der Verleger, der
zugleich der Lithograph ist, zwanzig Jahre lang die unablässigste Mühe
verwandt hat, kommt aber dem Original vermöge der wahrhaft staunens¬
werthen Accuratesse, mit welcher auch das unbedeutendste Detail desselben
wiedergegeben ist, dermaßen nahe, daß man fast glauben könnte, man habe
einen schönen neuen Abzug von den alten Originalplatten vor sich, der durch
irgend ein Wunder in diesem saubern, völlig intacter Zustande erhalten worden
sei. Und da die Verlagshandlung selbst auf die Nachahmung des Papiers
und der Schwärze die größte Sorgfalt verwandt hat und zum Ueberfluß den
Umschlag des Werkes aus dem neuerdings mehrfach zu solchen Zwecken
benutzten imitirten Pergament hat herstellen lassen, so ist die Illusion eine
vollständige: So ungefähr, sagt man sich/'muß eine Nürnberger Kunst¬
publication im Jahre 1511 ausgesehen haben!

Nur diese Treue der Reproduction, an welcher nicht bloß der Kunst¬
freund, sondern selbst der originalgierige Sammler seine Freude haben wird,
ist es, die wir hier rühmend hervorheben wollen. Ueber das Kunstwerk selbst
bedarf es keines Wortes. Das "Martenleben" ist bekanntlich nicht bloß das
bedeutendste Holzschnittwerk Albrecht Dürer's, sondern auch eine der wunder¬
barsten Leistungen des altdeutschen Holzschnittes überhaupt. In den zwanzig
Tafeln dieses Werkes offenbart sich ein Reichthum der Phantasie, eine Gro߬
artigkeit und Vornehmheit der Komposition, eine Wahrheit der Charakteristik,
eine Innigkeit und Keuschheit der Empfindung, wie nirgens wieder in solcher
Fülle in so engem Rahmen. Blätter, wie jene Scene des Wiedersehens
zwischen Joachim und Anna, den Eltern Maria's, nach der endlichen Erhörung
ihres Gebetes um Kindersegen, oder wie jene köstliche, altdeutsche Wochen¬
stube auf der Darstellung von Mariae Geburt, der Besuch Maria's bei Elisa¬
beth, Joseph und Maria auf der Flucht nach Aegypten u. a. zählen zu den
Perlen altdeutscher Kunst.

Die Verlagshandlung hat die Absicht, nach und nach auch die übrigen
Holzschnittwerke Dürer's in derselben Weise wie das "Leben Maria's"
herauszugeben. Möchte sie dadurch, daß die hier vorliegende Publication bei
allen Kunstfreunden die lebhafteste Theilnahme findet, in diesem ihrem Vor¬
satze bestärkt werden!




BermitworMcher Redakteur: or. Hans BlnM in Leipzig.
Verlng von F. L- Herlii" in Leipzig, -- Druck von Hiithcl <ü- Herrmann in Leipzig-

Holzschnitt oder Photographie hergestellt, sondern wunderbarer Weise durch
Lithographie, nach einem Verfahren, auf dessen Ausbildung der Verleger, der
zugleich der Lithograph ist, zwanzig Jahre lang die unablässigste Mühe
verwandt hat, kommt aber dem Original vermöge der wahrhaft staunens¬
werthen Accuratesse, mit welcher auch das unbedeutendste Detail desselben
wiedergegeben ist, dermaßen nahe, daß man fast glauben könnte, man habe
einen schönen neuen Abzug von den alten Originalplatten vor sich, der durch
irgend ein Wunder in diesem saubern, völlig intacter Zustande erhalten worden
sei. Und da die Verlagshandlung selbst auf die Nachahmung des Papiers
und der Schwärze die größte Sorgfalt verwandt hat und zum Ueberfluß den
Umschlag des Werkes aus dem neuerdings mehrfach zu solchen Zwecken
benutzten imitirten Pergament hat herstellen lassen, so ist die Illusion eine
vollständige: So ungefähr, sagt man sich/'muß eine Nürnberger Kunst¬
publication im Jahre 1511 ausgesehen haben!

Nur diese Treue der Reproduction, an welcher nicht bloß der Kunst¬
freund, sondern selbst der originalgierige Sammler seine Freude haben wird,
ist es, die wir hier rühmend hervorheben wollen. Ueber das Kunstwerk selbst
bedarf es keines Wortes. Das „Martenleben" ist bekanntlich nicht bloß das
bedeutendste Holzschnittwerk Albrecht Dürer's, sondern auch eine der wunder¬
barsten Leistungen des altdeutschen Holzschnittes überhaupt. In den zwanzig
Tafeln dieses Werkes offenbart sich ein Reichthum der Phantasie, eine Gro߬
artigkeit und Vornehmheit der Komposition, eine Wahrheit der Charakteristik,
eine Innigkeit und Keuschheit der Empfindung, wie nirgens wieder in solcher
Fülle in so engem Rahmen. Blätter, wie jene Scene des Wiedersehens
zwischen Joachim und Anna, den Eltern Maria's, nach der endlichen Erhörung
ihres Gebetes um Kindersegen, oder wie jene köstliche, altdeutsche Wochen¬
stube auf der Darstellung von Mariae Geburt, der Besuch Maria's bei Elisa¬
beth, Joseph und Maria auf der Flucht nach Aegypten u. a. zählen zu den
Perlen altdeutscher Kunst.

Die Verlagshandlung hat die Absicht, nach und nach auch die übrigen
Holzschnittwerke Dürer's in derselben Weise wie das „Leben Maria's"
herauszugeben. Möchte sie dadurch, daß die hier vorliegende Publication bei
allen Kunstfreunden die lebhafteste Theilnahme findet, in diesem ihrem Vor¬
satze bestärkt werden!




BermitworMcher Redakteur: or. Hans BlnM in Leipzig.
Verlng von F. L- Herlii„ in Leipzig, — Druck von Hiithcl <ü- Herrmann in Leipzig-
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/168>, abgerufen am 29.06.2024.