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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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vieler werthvoller Wochen zu einem so einfachen Beschluß? Gleiches gilt
bezüglich des ebenfalls abgelehnten Verpfändungsgesetzes und fast aller an¬
deren Vorlagen, welche den gemeinschaftlichen Landtag letzthin beschäftigt
haben. Besonders verzögerlich pflegen auch die Etatsarbeiten betrieben
zu werden, die selbst im preußischen Abgeordnetenhause kaum so viel Zeit
wegnehmen, als in Coburg oder Gotha; ein großer, lang gestreckter Anlauf
und doch nur ein kleiner Sprung: das ist so Stil bei unseren Landtags-
eommissionen. Wird derselbe bald und gründlich geändert werden?

Tiefgehende Differenzen zwischen Regierung und Landesvertretung
bestehen seit langer Zeit weder in Cis- noch in Transthüringen; auch die
unangenehme Gothaer Muse um öd an-An g ele g en hei t ist kürzlich beigelegt
und hoffentlich für immer aus der Welt geschafft worden. Es waren gute
Zeiten des Ueberflusses, in denen Regierung und Landtag beschlossen, daß für
die Gemäldegallerie, das chinesische Cabinet und die Kunstsammlungen, welche
sich auf dem Friedenstein befinden, ein besonderes Museum errichtet und der
auf 120,000 Thlr. veranschlagte Bauaufwand aus dem Gothaer Domänen¬
vermögen entnommen werden solle. Der Wiener Baumeister wurde mit dieser,
durch Zwischenzinsen erheblich vermehrten Summe sehr bald fertig, so daß
das Staatsministerium im Jahre 1867 dem Landtag eröffnete, es seien zur
planmäßigen Vollendung noch weitere 80,000 Thlr. erforderlich. Dieselben
wurden gleichfalls aus Domänen-Mitteln verwilligt, jedoch unter der von
dem Herzog zugestandenen Bedingung, daß jedes abermalige Mehr,
welches sich etwa nöthig machen sollte, von ihm selbst aus seiner Privatkasse
getragen werde. Und in der That, die 80,000 Thlr. reichten wiederum nicht
hin, auch nicht mit einem Zuschuß von 23,000 Thlr., welchen der Herzog
persönlich leistete; im Jahre 1870 waren es von Neuem 160,000 Thlr., die
noch fehlten und welche nunmehr nach einem Antrage des Ministeriums durch
eine Domänenanleihe aufgebracht werden sollten, weil der Herzog zu so be¬
trächtlichen Zahlungen die Mittel nicht besitze. Nach einer äußerst uner¬
quicklichen Debatte lehnte jedoch der Landtag das Ansinnen ab, und seit jener
Zeit stand der Unglücksbau unfertig und öde da, eine zweite Kattenburg,
wie die Coburger spotteten. Anfang Mai dieses Jahres ist endlich ein Aus¬
gleich zu Stande gekommen, der dem Herzog, trotzdem daß derselbe inzwischen
nochmals 28,000 Thlr. aus seiner Privatkasse gezahlt hat, immer noch nahe
an 100,000 Thlr. kostet, während die Staatskasse 40,000 Thlr. darauf legen
wird. Bis zum 1. April 1878 sollen die werthvollen Sammlungen in dem
neuen, architektonisch schön ausgestatteten Gebäude der Benutzung des Publi¬
kums übergeben werden. Für einen etwaigen Mehraufwand haftet wiederum
der Herzog. Das gegebene Fürstenwort kommt ihm hoch zu stehen, und doch


vieler werthvoller Wochen zu einem so einfachen Beschluß? Gleiches gilt
bezüglich des ebenfalls abgelehnten Verpfändungsgesetzes und fast aller an¬
deren Vorlagen, welche den gemeinschaftlichen Landtag letzthin beschäftigt
haben. Besonders verzögerlich pflegen auch die Etatsarbeiten betrieben
zu werden, die selbst im preußischen Abgeordnetenhause kaum so viel Zeit
wegnehmen, als in Coburg oder Gotha; ein großer, lang gestreckter Anlauf
und doch nur ein kleiner Sprung: das ist so Stil bei unseren Landtags-
eommissionen. Wird derselbe bald und gründlich geändert werden?

Tiefgehende Differenzen zwischen Regierung und Landesvertretung
bestehen seit langer Zeit weder in Cis- noch in Transthüringen; auch die
unangenehme Gothaer Muse um öd an-An g ele g en hei t ist kürzlich beigelegt
und hoffentlich für immer aus der Welt geschafft worden. Es waren gute
Zeiten des Ueberflusses, in denen Regierung und Landtag beschlossen, daß für
die Gemäldegallerie, das chinesische Cabinet und die Kunstsammlungen, welche
sich auf dem Friedenstein befinden, ein besonderes Museum errichtet und der
auf 120,000 Thlr. veranschlagte Bauaufwand aus dem Gothaer Domänen¬
vermögen entnommen werden solle. Der Wiener Baumeister wurde mit dieser,
durch Zwischenzinsen erheblich vermehrten Summe sehr bald fertig, so daß
das Staatsministerium im Jahre 1867 dem Landtag eröffnete, es seien zur
planmäßigen Vollendung noch weitere 80,000 Thlr. erforderlich. Dieselben
wurden gleichfalls aus Domänen-Mitteln verwilligt, jedoch unter der von
dem Herzog zugestandenen Bedingung, daß jedes abermalige Mehr,
welches sich etwa nöthig machen sollte, von ihm selbst aus seiner Privatkasse
getragen werde. Und in der That, die 80,000 Thlr. reichten wiederum nicht
hin, auch nicht mit einem Zuschuß von 23,000 Thlr., welchen der Herzog
persönlich leistete; im Jahre 1870 waren es von Neuem 160,000 Thlr., die
noch fehlten und welche nunmehr nach einem Antrage des Ministeriums durch
eine Domänenanleihe aufgebracht werden sollten, weil der Herzog zu so be¬
trächtlichen Zahlungen die Mittel nicht besitze. Nach einer äußerst uner¬
quicklichen Debatte lehnte jedoch der Landtag das Ansinnen ab, und seit jener
Zeit stand der Unglücksbau unfertig und öde da, eine zweite Kattenburg,
wie die Coburger spotteten. Anfang Mai dieses Jahres ist endlich ein Aus¬
gleich zu Stande gekommen, der dem Herzog, trotzdem daß derselbe inzwischen
nochmals 28,000 Thlr. aus seiner Privatkasse gezahlt hat, immer noch nahe
an 100,000 Thlr. kostet, während die Staatskasse 40,000 Thlr. darauf legen
wird. Bis zum 1. April 1878 sollen die werthvollen Sammlungen in dem
neuen, architektonisch schön ausgestatteten Gebäude der Benutzung des Publi¬
kums übergeben werden. Für einen etwaigen Mehraufwand haftet wiederum
der Herzog. Das gegebene Fürstenwort kommt ihm hoch zu stehen, und doch


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[0162] vieler werthvoller Wochen zu einem so einfachen Beschluß? Gleiches gilt bezüglich des ebenfalls abgelehnten Verpfändungsgesetzes und fast aller an¬ deren Vorlagen, welche den gemeinschaftlichen Landtag letzthin beschäftigt haben. Besonders verzögerlich pflegen auch die Etatsarbeiten betrieben zu werden, die selbst im preußischen Abgeordnetenhause kaum so viel Zeit wegnehmen, als in Coburg oder Gotha; ein großer, lang gestreckter Anlauf und doch nur ein kleiner Sprung: das ist so Stil bei unseren Landtags- eommissionen. Wird derselbe bald und gründlich geändert werden? Tiefgehende Differenzen zwischen Regierung und Landesvertretung bestehen seit langer Zeit weder in Cis- noch in Transthüringen; auch die unangenehme Gothaer Muse um öd an-An g ele g en hei t ist kürzlich beigelegt und hoffentlich für immer aus der Welt geschafft worden. Es waren gute Zeiten des Ueberflusses, in denen Regierung und Landtag beschlossen, daß für die Gemäldegallerie, das chinesische Cabinet und die Kunstsammlungen, welche sich auf dem Friedenstein befinden, ein besonderes Museum errichtet und der auf 120,000 Thlr. veranschlagte Bauaufwand aus dem Gothaer Domänen¬ vermögen entnommen werden solle. Der Wiener Baumeister wurde mit dieser, durch Zwischenzinsen erheblich vermehrten Summe sehr bald fertig, so daß das Staatsministerium im Jahre 1867 dem Landtag eröffnete, es seien zur planmäßigen Vollendung noch weitere 80,000 Thlr. erforderlich. Dieselben wurden gleichfalls aus Domänen-Mitteln verwilligt, jedoch unter der von dem Herzog zugestandenen Bedingung, daß jedes abermalige Mehr, welches sich etwa nöthig machen sollte, von ihm selbst aus seiner Privatkasse getragen werde. Und in der That, die 80,000 Thlr. reichten wiederum nicht hin, auch nicht mit einem Zuschuß von 23,000 Thlr., welchen der Herzog persönlich leistete; im Jahre 1870 waren es von Neuem 160,000 Thlr., die noch fehlten und welche nunmehr nach einem Antrage des Ministeriums durch eine Domänenanleihe aufgebracht werden sollten, weil der Herzog zu so be¬ trächtlichen Zahlungen die Mittel nicht besitze. Nach einer äußerst uner¬ quicklichen Debatte lehnte jedoch der Landtag das Ansinnen ab, und seit jener Zeit stand der Unglücksbau unfertig und öde da, eine zweite Kattenburg, wie die Coburger spotteten. Anfang Mai dieses Jahres ist endlich ein Aus¬ gleich zu Stande gekommen, der dem Herzog, trotzdem daß derselbe inzwischen nochmals 28,000 Thlr. aus seiner Privatkasse gezahlt hat, immer noch nahe an 100,000 Thlr. kostet, während die Staatskasse 40,000 Thlr. darauf legen wird. Bis zum 1. April 1878 sollen die werthvollen Sammlungen in dem neuen, architektonisch schön ausgestatteten Gebäude der Benutzung des Publi¬ kums übergeben werden. Für einen etwaigen Mehraufwand haftet wiederum der Herzog. Das gegebene Fürstenwort kommt ihm hoch zu stehen, und doch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/162>, abgerufen am 29.06.2024.