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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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Th. 27. S. 117 citirt), konnte Propst Gerohus (v. Reigersberg) es sagen: es
werde noch dahin kommen, daß die goldne Bildsäule des Königreichs ganz
zermalmt und jedes große Reich in Vierfürstenthümer aufgelöst werde; erst
dann werde die Kirche frei und ungedruckt bestehen unter dem Schutze
des großen gekrönten Priesters.

Auf diesem Wege dekretirte bereits Papst Jnnvcentius III. (1198--1216)
in einem Schreiben:*) daß an die Wahlfürsten das Recht und die Macht vom
apostolischen Sitze gelangt sei, welcher das römische Kaiserthum auf die
Person Karl's des Großen, von den Griechen auf die Germanen übertragen
habe. Dabei müßten die Fürsten aber auch anerkennen, wie sie es denn sogar
in Gegenwart des Papstes selbst schon anerkannt hätten, daß das Recht und
die Befugniß, die zum König gewählte Person zu prüfen, dem
Papste zustehe, der da halbe, weihe und (zum Kaiser) kröne. 1208 richtete
Innocenz zahlreiche Schreiben bald drohend, bald ermahnend und bittend an
die Fürsten Deutschlands, an die Erzbischöfe von Mainz, Köln, Trier, Magde¬
burg, Salzburg, Aglai und ihre Susfraganen, an die Herren von Böhmen,
Thüringen, Brabant, Zähringen, Meran, Baiern, Meißen, Brandenburg,
Landsberg, um die Fürsten zur Anerkennung Otto's IV. zu bestimmen; der
Bischof von Würzburg mußte die Schreiben auf einer zu Würzburg angesetzten
Wahlbesprechung vertheilen. 1209 tadelt denselben Otto IV. Jnnocentius III.,
daß er nicht die angesehensten Fürsten gesandt habe, um die Bestätigung der
Wahl einzuholen. Zum Verständniß dieser Mahnung muß man hinzunehmen
die Stelle aus dem sächsischen Lehnrecht Art 4, §.2: "swenne**) die bübischer
enen Koning tiefen unde he to Rome vert to der Wienge, so sint plichtig ses vorsten
mit ime to parere, die de ersten in des rikes Kore sin. die bischop von megenze
unde von triere unde von tollte unde die palenzgreve von me rire, die hertoge
von Sassen unde die marcgreve von brandeburch, durch das dem pavese wetenlich
si des Konings redelike kore." 1211 betrieb Innocenz III. schon wieder die
Wahl Friedrich's II. gegen Otto IV. Innocenz IV. aber 1241--12S4 schreibt***)
an die deutschen Fürsten: "Wir befehlen Euch, da unser geliebter Sohn,
der Landgraf von Thüringen bereit ist, das Reich zu übernehmen, daß ihr
denselben ohne allen Verzug einmüthig wählt/' Dieser Landgraf von





Irmooent III. rsxistr. <Z"z "s^ot. impöiii sy 62 vel. Lalui-ius l. 715. Man vergleiche
zu dieser ganzen Partie die treffliche Uebersicht über den Entwicklungsgang der deutschen
Monarchie bei L. Ranke, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, I, Seite <> ff.
*") Hochdeutsche Ueberhebung des Plattdeutschen : "Wenn die Deutschen einen Konig wählen
und er nach Rom zur Weisung geht, find !> Fürsten, welche die ersten bei der Rcichswahl
find, verpflichtet mit ihm zu gehen: der Bischof von Mainz, Trier und Köln, der Pfalzgraf vom
Rhein, der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg, damit dem Papste de>
Königs redliche Wahl kund werde.
ÄLtis Irmooizut. Aormm. IV, ^"it.

Th. 27. S. 117 citirt), konnte Propst Gerohus (v. Reigersberg) es sagen: es
werde noch dahin kommen, daß die goldne Bildsäule des Königreichs ganz
zermalmt und jedes große Reich in Vierfürstenthümer aufgelöst werde; erst
dann werde die Kirche frei und ungedruckt bestehen unter dem Schutze
des großen gekrönten Priesters.

Auf diesem Wege dekretirte bereits Papst Jnnvcentius III. (1198—1216)
in einem Schreiben:*) daß an die Wahlfürsten das Recht und die Macht vom
apostolischen Sitze gelangt sei, welcher das römische Kaiserthum auf die
Person Karl's des Großen, von den Griechen auf die Germanen übertragen
habe. Dabei müßten die Fürsten aber auch anerkennen, wie sie es denn sogar
in Gegenwart des Papstes selbst schon anerkannt hätten, daß das Recht und
die Befugniß, die zum König gewählte Person zu prüfen, dem
Papste zustehe, der da halbe, weihe und (zum Kaiser) kröne. 1208 richtete
Innocenz zahlreiche Schreiben bald drohend, bald ermahnend und bittend an
die Fürsten Deutschlands, an die Erzbischöfe von Mainz, Köln, Trier, Magde¬
burg, Salzburg, Aglai und ihre Susfraganen, an die Herren von Böhmen,
Thüringen, Brabant, Zähringen, Meran, Baiern, Meißen, Brandenburg,
Landsberg, um die Fürsten zur Anerkennung Otto's IV. zu bestimmen; der
Bischof von Würzburg mußte die Schreiben auf einer zu Würzburg angesetzten
Wahlbesprechung vertheilen. 1209 tadelt denselben Otto IV. Jnnocentius III.,
daß er nicht die angesehensten Fürsten gesandt habe, um die Bestätigung der
Wahl einzuholen. Zum Verständniß dieser Mahnung muß man hinzunehmen
die Stelle aus dem sächsischen Lehnrecht Art 4, §.2: „swenne**) die bübischer
enen Koning tiefen unde he to Rome vert to der Wienge, so sint plichtig ses vorsten
mit ime to parere, die de ersten in des rikes Kore sin. die bischop von megenze
unde von triere unde von tollte unde die palenzgreve von me rire, die hertoge
von Sassen unde die marcgreve von brandeburch, durch das dem pavese wetenlich
si des Konings redelike kore." 1211 betrieb Innocenz III. schon wieder die
Wahl Friedrich's II. gegen Otto IV. Innocenz IV. aber 1241—12S4 schreibt***)
an die deutschen Fürsten: „Wir befehlen Euch, da unser geliebter Sohn,
der Landgraf von Thüringen bereit ist, das Reich zu übernehmen, daß ihr
denselben ohne allen Verzug einmüthig wählt/' Dieser Landgraf von





Irmooent III. rsxistr. <Z«z »s^ot. impöiii sy 62 vel. Lalui-ius l. 715. Man vergleiche
zu dieser ganzen Partie die treffliche Uebersicht über den Entwicklungsgang der deutschen
Monarchie bei L. Ranke, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, I, Seite <> ff.
*») Hochdeutsche Ueberhebung des Plattdeutschen : „Wenn die Deutschen einen Konig wählen
und er nach Rom zur Weisung geht, find !> Fürsten, welche die ersten bei der Rcichswahl
find, verpflichtet mit ihm zu gehen: der Bischof von Mainz, Trier und Köln, der Pfalzgraf vom
Rhein, der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg, damit dem Papste de>
Königs redliche Wahl kund werde.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/155>, abgerufen am 29.06.2024.