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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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die Pilger geplündert, an den Gräbern der Märtyrer ihnen mit gezückten
Schwertern die Spenden entrissen wurden. In einem Aufstande hatte ihn
Konrad II. geschützt. In einem andern Aufstande stellten ihm die Crescentier
den Bischof Johann von Sabina als Silvester III. entgegen; aber dieser
war ebenfalls durch Geld zur Wahl gebracht; Benedikt IX. vertrieb ihn 1044
wieder nach der Sabina. Nun wollte Benedikt sich gar als Papst vermählen;
davon durch drohende Volksbewegung zurückgehalten, verkaufte er 1045 seine
Papstwürde für 1000 Mark Silber an den Archidiakonus Johann Gratian,
der sich Gregor VI. nannte. Als aber Benedikt der Handel rente und er
wieder zur Papstwürde griff, waren 3 Päpste da. Der Archidiakonus Peter
Damiani bat persönlich fußfällig König Heinrich zu helfen.

Dieser hatte, nachdem er seines Vaters Thron bestiegen, drei beschwerliche
Feldzüge gegen Böhmen 1039 -- 1041 und andere Züge wegen Polens und
Ungarns, in welchen Reichen das päpstliche Königthum*) bedroht war, ge¬
führt. Nun eilte er 1046 über die Alpen, um dem Aergerniß mit den drei
Simonistischen Päpsten ein Ende zu machen. Auf mehreren Kirchenversamm¬
lungen, namentlich zu Sutri, beseitigte er die genannten Päpste und setzte
dann nach einander aus dem deutschen Reiche eine Reihe von Bischöfen auf
den päpstlichen Stuhl, welche denselben hoch wieder erhoben. Er war der
kaiserliche Adler, unter dessen Fittichen sich der Sperber Papstthum und die
römische Kirche erst hoch in die Lüfte tragen ließ, um dann mit ungeschwächter
Kraft oben in der Höhe hervorzuschießen und sich über den kaiserlichen Aar
zu erheben.

Die Päpste, welche Heinrich, freilich mit dem selbstverständlich wieder an¬
erkannten Rechte des Kaisers über die Papstwahl, einsetzte, waren Clemens II.
Luidger von Bamberg, Damasus II. aus Bayern, der dauerhafte Brun von
Toul, Vetter des Kaisers, als Papst Leo IX., unter dem der mit Gregor VI.
nach Deutschland in die Verbannung gegangene Cluniacenser Mönch Hilde¬
brand zurückkehrend seine Wirksamkeit am päpstlichen Stuhle begann, und
Victor II. (Bischof Gebhard von Eichstädt). Den letztern holte Hildebrand
selbst an der Spitze einer Gesandtschaft sich vom kaiserlichen Hofe.

Was diese Männer der Kirche geleistet haben, ist nun nicht vollständig
zu übersehen, ohne die gleichzeitige Geschichte des deutschen Reiches zu berück¬
sichtigen. Heinrich trat die Erbschaft seines Vaters an als gekrönter König,
Herzog von Baiern, Schwaben und Franken, König von Burgund. Kärnthen
war durch Konrad des Jüngern Ableben kurz nach Heinrich's Bater erledigt
und nur Sachsen und Lothringen noch unter eignen Herzögen. Es ist klar.



Charakteristisch ist, daß um diese Zeit auch der Herzog von Böhmen sich beim Papste
um die Königskrone bemühte. Giesebrecht II, Auflage, Seite 34!>. Der Papst war auch
nicht abgeneigt und es wurde viel Geld von Seiten Böhmens aufgewandt.

die Pilger geplündert, an den Gräbern der Märtyrer ihnen mit gezückten
Schwertern die Spenden entrissen wurden. In einem Aufstande hatte ihn
Konrad II. geschützt. In einem andern Aufstande stellten ihm die Crescentier
den Bischof Johann von Sabina als Silvester III. entgegen; aber dieser
war ebenfalls durch Geld zur Wahl gebracht; Benedikt IX. vertrieb ihn 1044
wieder nach der Sabina. Nun wollte Benedikt sich gar als Papst vermählen;
davon durch drohende Volksbewegung zurückgehalten, verkaufte er 1045 seine
Papstwürde für 1000 Mark Silber an den Archidiakonus Johann Gratian,
der sich Gregor VI. nannte. Als aber Benedikt der Handel rente und er
wieder zur Papstwürde griff, waren 3 Päpste da. Der Archidiakonus Peter
Damiani bat persönlich fußfällig König Heinrich zu helfen.

Dieser hatte, nachdem er seines Vaters Thron bestiegen, drei beschwerliche
Feldzüge gegen Böhmen 1039 — 1041 und andere Züge wegen Polens und
Ungarns, in welchen Reichen das päpstliche Königthum*) bedroht war, ge¬
führt. Nun eilte er 1046 über die Alpen, um dem Aergerniß mit den drei
Simonistischen Päpsten ein Ende zu machen. Auf mehreren Kirchenversamm¬
lungen, namentlich zu Sutri, beseitigte er die genannten Päpste und setzte
dann nach einander aus dem deutschen Reiche eine Reihe von Bischöfen auf
den päpstlichen Stuhl, welche denselben hoch wieder erhoben. Er war der
kaiserliche Adler, unter dessen Fittichen sich der Sperber Papstthum und die
römische Kirche erst hoch in die Lüfte tragen ließ, um dann mit ungeschwächter
Kraft oben in der Höhe hervorzuschießen und sich über den kaiserlichen Aar
zu erheben.

Die Päpste, welche Heinrich, freilich mit dem selbstverständlich wieder an¬
erkannten Rechte des Kaisers über die Papstwahl, einsetzte, waren Clemens II.
Luidger von Bamberg, Damasus II. aus Bayern, der dauerhafte Brun von
Toul, Vetter des Kaisers, als Papst Leo IX., unter dem der mit Gregor VI.
nach Deutschland in die Verbannung gegangene Cluniacenser Mönch Hilde¬
brand zurückkehrend seine Wirksamkeit am päpstlichen Stuhle begann, und
Victor II. (Bischof Gebhard von Eichstädt). Den letztern holte Hildebrand
selbst an der Spitze einer Gesandtschaft sich vom kaiserlichen Hofe.

Was diese Männer der Kirche geleistet haben, ist nun nicht vollständig
zu übersehen, ohne die gleichzeitige Geschichte des deutschen Reiches zu berück¬
sichtigen. Heinrich trat die Erbschaft seines Vaters an als gekrönter König,
Herzog von Baiern, Schwaben und Franken, König von Burgund. Kärnthen
war durch Konrad des Jüngern Ableben kurz nach Heinrich's Bater erledigt
und nur Sachsen und Lothringen noch unter eignen Herzögen. Es ist klar.



Charakteristisch ist, daß um diese Zeit auch der Herzog von Böhmen sich beim Papste
um die Königskrone bemühte. Giesebrecht II, Auflage, Seite 34!>. Der Papst war auch
nicht abgeneigt und es wurde viel Geld von Seiten Böhmens aufgewandt.
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[0146] die Pilger geplündert, an den Gräbern der Märtyrer ihnen mit gezückten Schwertern die Spenden entrissen wurden. In einem Aufstande hatte ihn Konrad II. geschützt. In einem andern Aufstande stellten ihm die Crescentier den Bischof Johann von Sabina als Silvester III. entgegen; aber dieser war ebenfalls durch Geld zur Wahl gebracht; Benedikt IX. vertrieb ihn 1044 wieder nach der Sabina. Nun wollte Benedikt sich gar als Papst vermählen; davon durch drohende Volksbewegung zurückgehalten, verkaufte er 1045 seine Papstwürde für 1000 Mark Silber an den Archidiakonus Johann Gratian, der sich Gregor VI. nannte. Als aber Benedikt der Handel rente und er wieder zur Papstwürde griff, waren 3 Päpste da. Der Archidiakonus Peter Damiani bat persönlich fußfällig König Heinrich zu helfen. Dieser hatte, nachdem er seines Vaters Thron bestiegen, drei beschwerliche Feldzüge gegen Böhmen 1039 — 1041 und andere Züge wegen Polens und Ungarns, in welchen Reichen das päpstliche Königthum*) bedroht war, ge¬ führt. Nun eilte er 1046 über die Alpen, um dem Aergerniß mit den drei Simonistischen Päpsten ein Ende zu machen. Auf mehreren Kirchenversamm¬ lungen, namentlich zu Sutri, beseitigte er die genannten Päpste und setzte dann nach einander aus dem deutschen Reiche eine Reihe von Bischöfen auf den päpstlichen Stuhl, welche denselben hoch wieder erhoben. Er war der kaiserliche Adler, unter dessen Fittichen sich der Sperber Papstthum und die römische Kirche erst hoch in die Lüfte tragen ließ, um dann mit ungeschwächter Kraft oben in der Höhe hervorzuschießen und sich über den kaiserlichen Aar zu erheben. Die Päpste, welche Heinrich, freilich mit dem selbstverständlich wieder an¬ erkannten Rechte des Kaisers über die Papstwahl, einsetzte, waren Clemens II. Luidger von Bamberg, Damasus II. aus Bayern, der dauerhafte Brun von Toul, Vetter des Kaisers, als Papst Leo IX., unter dem der mit Gregor VI. nach Deutschland in die Verbannung gegangene Cluniacenser Mönch Hilde¬ brand zurückkehrend seine Wirksamkeit am päpstlichen Stuhle begann, und Victor II. (Bischof Gebhard von Eichstädt). Den letztern holte Hildebrand selbst an der Spitze einer Gesandtschaft sich vom kaiserlichen Hofe. Was diese Männer der Kirche geleistet haben, ist nun nicht vollständig zu übersehen, ohne die gleichzeitige Geschichte des deutschen Reiches zu berück¬ sichtigen. Heinrich trat die Erbschaft seines Vaters an als gekrönter König, Herzog von Baiern, Schwaben und Franken, König von Burgund. Kärnthen war durch Konrad des Jüngern Ableben kurz nach Heinrich's Bater erledigt und nur Sachsen und Lothringen noch unter eignen Herzögen. Es ist klar. Charakteristisch ist, daß um diese Zeit auch der Herzog von Böhmen sich beim Papste um die Königskrone bemühte. Giesebrecht II, Auflage, Seite 34!>. Der Papst war auch nicht abgeneigt und es wurde viel Geld von Seiten Böhmens aufgewandt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/146>, abgerufen am 29.06.2024.