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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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sucht leider nur allzusehr gefrvhnt" und weiter: "Sucht, was ihr auf
unerlaubte Weise gewonnen habt, zu guten Zwecken zu verwenden, betet
auch mit aller Inbrunst für das Seelenheil meines Vaters, der mit Euch
in gleicher Schuld ist, damit ihr ihm Erlaß von dieser Sünde von Gott
erwirket".

Wahrscheinlich sind freilich solche Worte von dem erfinderischen Klerus
dem Kaiser nur untergeschoben, aber sie zeigen doch die Grundsätze, die er
wirklich befolgt hat. Auch wieder das Kaiserthum in dem Sinne einer
Universalherrschaft über die lateinische Christenheit faßend, der Hoffnung, daß
das deutsche Papstthum ven deutschen Kaiserthum die letzten, höchsten
Triumphe bereiten werde (Giesebrecht II. S. 382 ff.), seit 1043 mit Agnes
von Poitiers, deren Borfahren das Kloster von Clugny gegründet, ver¬
heiratet, stand auch er in den engsten Beziehungen zu diesem Orden. Von
seinem Vater weiß man thatsächlich in dieser Richtung etwa nur, daß er
im Jahr 1030 zu Limburg, hinter Dürkheim am 12. Juli auf der Stelle
der zerfallnen Burg den Grundstein zu einer Abtei nach der Cluniacenser
Regel legen ließ.

In dieser Grundanschauung Heinrich's III. hat er nun der Kirche die
Dienste geleistet, deren sie bedürfte, um aus der tiefen Gesunkenheit, welcher
sie von Neuem verfallen war, herausgehoben zu werden, und welche Heinrich's
Sohn nach Canossa geführt haben. Losmachen muß man sich freilich, um
dies so aufzufassen, von der noch so oft zu sindenden Anschauung, als wenn
Heinrich III. das römische Kaiserthum deutscher Nation auf die höchste Stufe
seiner Machtentwickelung geführt hätte. Vielmehr sagt schon Pfister*) mit
Recht: "Hier scheint die Höhe der Monarchie zu sein. Aber Heinrich III.
war schon im Herabsteigen. Das zusammengesetzte System hatte etwas
Schwankendes, das sich verdächtig machte! Wir werden das später ersehen.
Vorläufig konstatiren wir, daß Heinrich III., der neue Cluniacenser auf
dem Throne, die Kirche nicht nur rettete, sondern über die Kaisermacht erhöht)

Mit Papst Benedikt IX,., Theophylakt, war es so weit gekommen, daß
es kein Verbrechen gab, dessen man ihn nicht mit Recht bezichtigte, daß er
und seine Gesellen Mord und Unzucht ungescheut in der Stadt vor den
Augen des Volkes verübten, daß auf dem Wege nach den heiligen Städten




") Pfister, Geschichte der Teutschen, It., S. IW. Pfister thut die Aeußerung zu dem
Zeitabschnitte in Heinrich's Regierung, wo er glaubte, die Herzogthiimer bald einziehen, bald
an Günstlinge vergeben zu rönnen.
") Baur, Geschichte der Kirche des Mittelalters S. N>7: "Wie harmonisch haben auch
nach den Ottonen Heinrich II. und Benedikt VIII., Heinrich III. und die drei von ihm er¬
nannten Päpste für die Zwecke der Kirche zusammengewirkt, um gemeinsam die Uebel zu be¬
kämpfe" und auszurotten, die die Kirche für ihre schlimmste" Feinde hielt: Pricsterehc und
Simonie."
Grenzboten III. 1875. . 18

sucht leider nur allzusehr gefrvhnt" und weiter: „Sucht, was ihr auf
unerlaubte Weise gewonnen habt, zu guten Zwecken zu verwenden, betet
auch mit aller Inbrunst für das Seelenheil meines Vaters, der mit Euch
in gleicher Schuld ist, damit ihr ihm Erlaß von dieser Sünde von Gott
erwirket".

Wahrscheinlich sind freilich solche Worte von dem erfinderischen Klerus
dem Kaiser nur untergeschoben, aber sie zeigen doch die Grundsätze, die er
wirklich befolgt hat. Auch wieder das Kaiserthum in dem Sinne einer
Universalherrschaft über die lateinische Christenheit faßend, der Hoffnung, daß
das deutsche Papstthum ven deutschen Kaiserthum die letzten, höchsten
Triumphe bereiten werde (Giesebrecht II. S. 382 ff.), seit 1043 mit Agnes
von Poitiers, deren Borfahren das Kloster von Clugny gegründet, ver¬
heiratet, stand auch er in den engsten Beziehungen zu diesem Orden. Von
seinem Vater weiß man thatsächlich in dieser Richtung etwa nur, daß er
im Jahr 1030 zu Limburg, hinter Dürkheim am 12. Juli auf der Stelle
der zerfallnen Burg den Grundstein zu einer Abtei nach der Cluniacenser
Regel legen ließ.

In dieser Grundanschauung Heinrich's III. hat er nun der Kirche die
Dienste geleistet, deren sie bedürfte, um aus der tiefen Gesunkenheit, welcher
sie von Neuem verfallen war, herausgehoben zu werden, und welche Heinrich's
Sohn nach Canossa geführt haben. Losmachen muß man sich freilich, um
dies so aufzufassen, von der noch so oft zu sindenden Anschauung, als wenn
Heinrich III. das römische Kaiserthum deutscher Nation auf die höchste Stufe
seiner Machtentwickelung geführt hätte. Vielmehr sagt schon Pfister*) mit
Recht: „Hier scheint die Höhe der Monarchie zu sein. Aber Heinrich III.
war schon im Herabsteigen. Das zusammengesetzte System hatte etwas
Schwankendes, das sich verdächtig machte! Wir werden das später ersehen.
Vorläufig konstatiren wir, daß Heinrich III., der neue Cluniacenser auf
dem Throne, die Kirche nicht nur rettete, sondern über die Kaisermacht erhöht)

Mit Papst Benedikt IX,., Theophylakt, war es so weit gekommen, daß
es kein Verbrechen gab, dessen man ihn nicht mit Recht bezichtigte, daß er
und seine Gesellen Mord und Unzucht ungescheut in der Stadt vor den
Augen des Volkes verübten, daß auf dem Wege nach den heiligen Städten




") Pfister, Geschichte der Teutschen, It., S. IW. Pfister thut die Aeußerung zu dem
Zeitabschnitte in Heinrich's Regierung, wo er glaubte, die Herzogthiimer bald einziehen, bald
an Günstlinge vergeben zu rönnen.
") Baur, Geschichte der Kirche des Mittelalters S. N>7: „Wie harmonisch haben auch
nach den Ottonen Heinrich II. und Benedikt VIII., Heinrich III. und die drei von ihm er¬
nannten Päpste für die Zwecke der Kirche zusammengewirkt, um gemeinsam die Uebel zu be¬
kämpfe» und auszurotten, die die Kirche für ihre schlimmste» Feinde hielt: Pricsterehc und
Simonie."
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[0145] sucht leider nur allzusehr gefrvhnt" und weiter: „Sucht, was ihr auf unerlaubte Weise gewonnen habt, zu guten Zwecken zu verwenden, betet auch mit aller Inbrunst für das Seelenheil meines Vaters, der mit Euch in gleicher Schuld ist, damit ihr ihm Erlaß von dieser Sünde von Gott erwirket". Wahrscheinlich sind freilich solche Worte von dem erfinderischen Klerus dem Kaiser nur untergeschoben, aber sie zeigen doch die Grundsätze, die er wirklich befolgt hat. Auch wieder das Kaiserthum in dem Sinne einer Universalherrschaft über die lateinische Christenheit faßend, der Hoffnung, daß das deutsche Papstthum ven deutschen Kaiserthum die letzten, höchsten Triumphe bereiten werde (Giesebrecht II. S. 382 ff.), seit 1043 mit Agnes von Poitiers, deren Borfahren das Kloster von Clugny gegründet, ver¬ heiratet, stand auch er in den engsten Beziehungen zu diesem Orden. Von seinem Vater weiß man thatsächlich in dieser Richtung etwa nur, daß er im Jahr 1030 zu Limburg, hinter Dürkheim am 12. Juli auf der Stelle der zerfallnen Burg den Grundstein zu einer Abtei nach der Cluniacenser Regel legen ließ. In dieser Grundanschauung Heinrich's III. hat er nun der Kirche die Dienste geleistet, deren sie bedürfte, um aus der tiefen Gesunkenheit, welcher sie von Neuem verfallen war, herausgehoben zu werden, und welche Heinrich's Sohn nach Canossa geführt haben. Losmachen muß man sich freilich, um dies so aufzufassen, von der noch so oft zu sindenden Anschauung, als wenn Heinrich III. das römische Kaiserthum deutscher Nation auf die höchste Stufe seiner Machtentwickelung geführt hätte. Vielmehr sagt schon Pfister*) mit Recht: „Hier scheint die Höhe der Monarchie zu sein. Aber Heinrich III. war schon im Herabsteigen. Das zusammengesetzte System hatte etwas Schwankendes, das sich verdächtig machte! Wir werden das später ersehen. Vorläufig konstatiren wir, daß Heinrich III., der neue Cluniacenser auf dem Throne, die Kirche nicht nur rettete, sondern über die Kaisermacht erhöht) Mit Papst Benedikt IX,., Theophylakt, war es so weit gekommen, daß es kein Verbrechen gab, dessen man ihn nicht mit Recht bezichtigte, daß er und seine Gesellen Mord und Unzucht ungescheut in der Stadt vor den Augen des Volkes verübten, daß auf dem Wege nach den heiligen Städten ") Pfister, Geschichte der Teutschen, It., S. IW. Pfister thut die Aeußerung zu dem Zeitabschnitte in Heinrich's Regierung, wo er glaubte, die Herzogthiimer bald einziehen, bald an Günstlinge vergeben zu rönnen. ") Baur, Geschichte der Kirche des Mittelalters S. N>7: „Wie harmonisch haben auch nach den Ottonen Heinrich II. und Benedikt VIII., Heinrich III. und die drei von ihm er¬ nannten Päpste für die Zwecke der Kirche zusammengewirkt, um gemeinsam die Uebel zu be¬ kämpfe» und auszurotten, die die Kirche für ihre schlimmste» Feinde hielt: Pricsterehc und Simonie." Grenzboten III. 1875. . 18

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/145>, abgerufen am 29.06.2024.