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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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Kaiserhauses entschieden. Die beiden Wahlkandidaten waren Nachkommen
von Konrad dem Rothen und Liutgarde, der Tochter Otto's des Großen,
Söhne zweier Brüder, also Bettern; und stammten weiblicher Seits
von den Ottonen. 3) Bei der Wahl ging mit der Stimmgebung der Erz-
bischof von Mainz voran und entschied für Konrad den ältern, gen. von
Worms mit den andern allen, außer dem Erzbischof von Köln und den
Lothringern, welche auf Konrad den Jüngern gehalten hatten, aber schließlich
sich in die Konrad's des Aeltern Wohl gaben.

Die Parteinahme des Erzbischofs Aribo von Mainz für Konrad den Aeltern
schließt die Einwirkung auch Clugnys aus, weil Aribo Urheber der gegen
Clugny's Tendenz gerichteten Seligenstädter Beschlüsse von 1022 war. Nur
ist es eigenthümlich dabei, daß man in Clugny erzählte, Konrad habe vor seiner
Wahl eine förmliche Verpflichtung gegen die Bischöfe eingegangen, sich von
seiner ihm ursprünglich verwandten Gemahlin Gisela zu trennen, und daß
der Erzbischof von Mainz, der ihn erkoren hatte, dann Gisela nicht krönen
wollte, was gerade der Gegner Konrad's bei der Wahl, der Erzbischof von
Köln, später leistete. All das läßt eher schließen: weil Konrad nicht die
Zusage der Trennung von Gisela zugestand, war man gegen ihn, und als
er dann doch gewählt war, erfüllte ihm einer der Gegner, was der Freund
nicht leistete, weil er in dem Streite Mainz's um Gandersheim nicht des
Königs Beistand fand. Man muß um diese Zeit allgemeine Lösung seit¬
heriger Verbindungen annehmen und voraussetzen, daß in dieser Auflösung
Jeder seinen besondern Interessen, vorübergehenden oder dauernden nachging.

Also handelte auch König Konrad II. Ein Mann der Kirche wie
Heinrich II. war er auf keinen Fall; dieser war kinderlos und Konrad hatte
einen Sohn, den ihm Gisela bereits 1018 geboren. Während sich Heinrich
von jeder Familienpolitik, die über die Begünstigung der Brüder seiner Ge¬
mahlin hinausging, fern hielt, war Konrad's Regiment durch und durch von
dem Gedanken bestimmt, die Herrschaft seinem Sohne in Gestalt eines erb¬
lichen Kaiserthums zu überliefern. Den Sohn, den bereits 1026 die Fürsten
als Nachfolger anerkannten, ließ er schon 1028 zum König krönen und ihm
das Anrecht auf die Erbfolge in Burgund, wo die Königswürde bereits erb¬
lich war, zuschwören. Bei der unter Heinrich II. mehr als etwas Anderes
eingerissenen Erblichkeit der Aemter und Lehen, mußte es logischer Weise ferner
das Bestreben Konrad's sein, das so äußerst schwankend gewordene Königthum
mit neuen Mitteln zu befestigen, den Grundsatz der nicht mehr abzuwendenden
Erblichkeit auch auf die Königskrone anzuwenden, durch Anerkennung der
Erblichkeit der kleineren Lehen und Afterlehen die Mittelgewalten zu schwächen
und als Preis für jene Erblichkeit die Erblichkeit der Krone zu erreichen.


Kaiserhauses entschieden. Die beiden Wahlkandidaten waren Nachkommen
von Konrad dem Rothen und Liutgarde, der Tochter Otto's des Großen,
Söhne zweier Brüder, also Bettern; und stammten weiblicher Seits
von den Ottonen. 3) Bei der Wahl ging mit der Stimmgebung der Erz-
bischof von Mainz voran und entschied für Konrad den ältern, gen. von
Worms mit den andern allen, außer dem Erzbischof von Köln und den
Lothringern, welche auf Konrad den Jüngern gehalten hatten, aber schließlich
sich in die Konrad's des Aeltern Wohl gaben.

Die Parteinahme des Erzbischofs Aribo von Mainz für Konrad den Aeltern
schließt die Einwirkung auch Clugnys aus, weil Aribo Urheber der gegen
Clugny's Tendenz gerichteten Seligenstädter Beschlüsse von 1022 war. Nur
ist es eigenthümlich dabei, daß man in Clugny erzählte, Konrad habe vor seiner
Wahl eine förmliche Verpflichtung gegen die Bischöfe eingegangen, sich von
seiner ihm ursprünglich verwandten Gemahlin Gisela zu trennen, und daß
der Erzbischof von Mainz, der ihn erkoren hatte, dann Gisela nicht krönen
wollte, was gerade der Gegner Konrad's bei der Wahl, der Erzbischof von
Köln, später leistete. All das läßt eher schließen: weil Konrad nicht die
Zusage der Trennung von Gisela zugestand, war man gegen ihn, und als
er dann doch gewählt war, erfüllte ihm einer der Gegner, was der Freund
nicht leistete, weil er in dem Streite Mainz's um Gandersheim nicht des
Königs Beistand fand. Man muß um diese Zeit allgemeine Lösung seit¬
heriger Verbindungen annehmen und voraussetzen, daß in dieser Auflösung
Jeder seinen besondern Interessen, vorübergehenden oder dauernden nachging.

Also handelte auch König Konrad II. Ein Mann der Kirche wie
Heinrich II. war er auf keinen Fall; dieser war kinderlos und Konrad hatte
einen Sohn, den ihm Gisela bereits 1018 geboren. Während sich Heinrich
von jeder Familienpolitik, die über die Begünstigung der Brüder seiner Ge¬
mahlin hinausging, fern hielt, war Konrad's Regiment durch und durch von
dem Gedanken bestimmt, die Herrschaft seinem Sohne in Gestalt eines erb¬
lichen Kaiserthums zu überliefern. Den Sohn, den bereits 1026 die Fürsten
als Nachfolger anerkannten, ließ er schon 1028 zum König krönen und ihm
das Anrecht auf die Erbfolge in Burgund, wo die Königswürde bereits erb¬
lich war, zuschwören. Bei der unter Heinrich II. mehr als etwas Anderes
eingerissenen Erblichkeit der Aemter und Lehen, mußte es logischer Weise ferner
das Bestreben Konrad's sein, das so äußerst schwankend gewordene Königthum
mit neuen Mitteln zu befestigen, den Grundsatz der nicht mehr abzuwendenden
Erblichkeit auch auf die Königskrone anzuwenden, durch Anerkennung der
Erblichkeit der kleineren Lehen und Afterlehen die Mittelgewalten zu schwächen
und als Preis für jene Erblichkeit die Erblichkeit der Krone zu erreichen.


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[0114] Kaiserhauses entschieden. Die beiden Wahlkandidaten waren Nachkommen von Konrad dem Rothen und Liutgarde, der Tochter Otto's des Großen, Söhne zweier Brüder, also Bettern; und stammten weiblicher Seits von den Ottonen. 3) Bei der Wahl ging mit der Stimmgebung der Erz- bischof von Mainz voran und entschied für Konrad den ältern, gen. von Worms mit den andern allen, außer dem Erzbischof von Köln und den Lothringern, welche auf Konrad den Jüngern gehalten hatten, aber schließlich sich in die Konrad's des Aeltern Wohl gaben. Die Parteinahme des Erzbischofs Aribo von Mainz für Konrad den Aeltern schließt die Einwirkung auch Clugnys aus, weil Aribo Urheber der gegen Clugny's Tendenz gerichteten Seligenstädter Beschlüsse von 1022 war. Nur ist es eigenthümlich dabei, daß man in Clugny erzählte, Konrad habe vor seiner Wahl eine förmliche Verpflichtung gegen die Bischöfe eingegangen, sich von seiner ihm ursprünglich verwandten Gemahlin Gisela zu trennen, und daß der Erzbischof von Mainz, der ihn erkoren hatte, dann Gisela nicht krönen wollte, was gerade der Gegner Konrad's bei der Wahl, der Erzbischof von Köln, später leistete. All das läßt eher schließen: weil Konrad nicht die Zusage der Trennung von Gisela zugestand, war man gegen ihn, und als er dann doch gewählt war, erfüllte ihm einer der Gegner, was der Freund nicht leistete, weil er in dem Streite Mainz's um Gandersheim nicht des Königs Beistand fand. Man muß um diese Zeit allgemeine Lösung seit¬ heriger Verbindungen annehmen und voraussetzen, daß in dieser Auflösung Jeder seinen besondern Interessen, vorübergehenden oder dauernden nachging. Also handelte auch König Konrad II. Ein Mann der Kirche wie Heinrich II. war er auf keinen Fall; dieser war kinderlos und Konrad hatte einen Sohn, den ihm Gisela bereits 1018 geboren. Während sich Heinrich von jeder Familienpolitik, die über die Begünstigung der Brüder seiner Ge¬ mahlin hinausging, fern hielt, war Konrad's Regiment durch und durch von dem Gedanken bestimmt, die Herrschaft seinem Sohne in Gestalt eines erb¬ lichen Kaiserthums zu überliefern. Den Sohn, den bereits 1026 die Fürsten als Nachfolger anerkannten, ließ er schon 1028 zum König krönen und ihm das Anrecht auf die Erbfolge in Burgund, wo die Königswürde bereits erb¬ lich war, zuschwören. Bei der unter Heinrich II. mehr als etwas Anderes eingerissenen Erblichkeit der Aemter und Lehen, mußte es logischer Weise ferner das Bestreben Konrad's sein, das so äußerst schwankend gewordene Königthum mit neuen Mitteln zu befestigen, den Grundsatz der nicht mehr abzuwendenden Erblichkeit auch auf die Königskrone anzuwenden, durch Anerkennung der Erblichkeit der kleineren Lehen und Afterlehen die Mittelgewalten zu schwächen und als Preis für jene Erblichkeit die Erblichkeit der Krone zu erreichen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/114>, abgerufen am 29.06.2024.