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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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Konrad, sagt Wippo, vita, Oonrtuli Ls-Iiei^) gewann sich dadurch in hohem
Maße die Herzen der Vasallen, daß er die von Alters her besessenen Lehen
der Vorfahren den Nachkommen nicht mehr entziehen ließ. In den Versuch
Konrad's gehörte es ferner hinein, daß die Herzogswürde möglichst in dem
Amte des Königs aufging oder verschwand, und endlich, daß die Güter
der reich gewordenen Kirche dem Königthum? ein es förderndes Einkommen
gewährten.

Dies Letztere geschah unter Konrad's Regiments durch die Simonie. In
der Apostelgeschichte 8, 18 steht zu lesen: "Als aber Simon (der Magier)
sahe, daß durch Handauflegung der Apostel der Geist verleihen werde, brachte er
ihnen Geld und sagte: gebt mir auch diese Macht, daß man durch meine
Handauflegung den heiligen Geist bekomme." In dem ihr eigenthümlichen
Durcheinanderwerfen der Begriffe, dessen sich die römische Kirche von jeher zu
ihren Herrschaftszwecken bedient hat, wandte man jenen Spruch zunächst da¬
raus an, daß Bisthümer und Abteien denjenigen gegeben wurden, welche die
höchsten Geldsummen dafür zahlten, allerdings ein schändlicher Handel, aber
"doch immer noch kein Handel mit der Gabe, den heiligen Geist zu verleihen.
Dann wandte man den Ausdruck Simonie auch an auf das Bezahlen herge¬
brachter Abgaben für Verleihung der mit Lehensrechten verbundenen Kirchen¬
ämter und endlich gar wie Gregor VII. auf die Investitur mit Ring und Stab.

Daß jene erste Art von Simonie auch unter Konrad II. vorge¬
kommen, scheint keinem Zweifel unterliegen zu können, wie sich aus dem
Folgenden ergeben wird; wie es im Einzelnen vor sich ging, darüber, sagt
Thietmar von Merseburg VI., S. 356 von sich selbst: "Leider gelangte ich zu
diesem Amte (d. h. zur Stelle eines Propstes von Walbeck) durch eine Art von
Simonie. Ich gab zwar nicht Geld, aber mein väterliches Landgut dafür
hin". Von einem Tagino sagt derselbe Thietmar II, 292: "Er beehrte den
König, die Königin und alle Hofleute dem Herkommen gemäß mit vielfachen
Geschenken, welche er nach seinem guten Herzen immer für unzureichend hielt."
Ferner erzählt Thietmar, daß Gero von Magdeburg unmittelbar nach seiner
Wahl zum Erzbischof dem Könige und allen seinen Hofbediensteten prächtige
Geschenke machte, ohne hierüber ein Wort mehr zu verlieren. Die höhere
Geistlichkeit hielt sich dann wieder schadlos durch Verleihung der untern Priester¬
stellen in ähnlicher Weise. Man denke dabei nur in Unbefangenheit an unsere
Stolgebühren und was geschenkeweise damit zusammenhängt; für den König
aber an die mittelalterlichen Beden und die Steuerfreiheit, welche gleich durch
jene Beden ausgeglichen werde.

Indessen wie diese Sache nun objectiv auch aufzufassen ist, sie beweist



-) Vgl. Pfister, Geschichte der Teutschen, (Hamburg 182g, Perthes) II. S. 165.

Konrad, sagt Wippo, vita, Oonrtuli Ls-Iiei^) gewann sich dadurch in hohem
Maße die Herzen der Vasallen, daß er die von Alters her besessenen Lehen
der Vorfahren den Nachkommen nicht mehr entziehen ließ. In den Versuch
Konrad's gehörte es ferner hinein, daß die Herzogswürde möglichst in dem
Amte des Königs aufging oder verschwand, und endlich, daß die Güter
der reich gewordenen Kirche dem Königthum? ein es förderndes Einkommen
gewährten.

Dies Letztere geschah unter Konrad's Regiments durch die Simonie. In
der Apostelgeschichte 8, 18 steht zu lesen: „Als aber Simon (der Magier)
sahe, daß durch Handauflegung der Apostel der Geist verleihen werde, brachte er
ihnen Geld und sagte: gebt mir auch diese Macht, daß man durch meine
Handauflegung den heiligen Geist bekomme." In dem ihr eigenthümlichen
Durcheinanderwerfen der Begriffe, dessen sich die römische Kirche von jeher zu
ihren Herrschaftszwecken bedient hat, wandte man jenen Spruch zunächst da¬
raus an, daß Bisthümer und Abteien denjenigen gegeben wurden, welche die
höchsten Geldsummen dafür zahlten, allerdings ein schändlicher Handel, aber
»doch immer noch kein Handel mit der Gabe, den heiligen Geist zu verleihen.
Dann wandte man den Ausdruck Simonie auch an auf das Bezahlen herge¬
brachter Abgaben für Verleihung der mit Lehensrechten verbundenen Kirchen¬
ämter und endlich gar wie Gregor VII. auf die Investitur mit Ring und Stab.

Daß jene erste Art von Simonie auch unter Konrad II. vorge¬
kommen, scheint keinem Zweifel unterliegen zu können, wie sich aus dem
Folgenden ergeben wird; wie es im Einzelnen vor sich ging, darüber, sagt
Thietmar von Merseburg VI., S. 356 von sich selbst: „Leider gelangte ich zu
diesem Amte (d. h. zur Stelle eines Propstes von Walbeck) durch eine Art von
Simonie. Ich gab zwar nicht Geld, aber mein väterliches Landgut dafür
hin". Von einem Tagino sagt derselbe Thietmar II, 292: „Er beehrte den
König, die Königin und alle Hofleute dem Herkommen gemäß mit vielfachen
Geschenken, welche er nach seinem guten Herzen immer für unzureichend hielt."
Ferner erzählt Thietmar, daß Gero von Magdeburg unmittelbar nach seiner
Wahl zum Erzbischof dem Könige und allen seinen Hofbediensteten prächtige
Geschenke machte, ohne hierüber ein Wort mehr zu verlieren. Die höhere
Geistlichkeit hielt sich dann wieder schadlos durch Verleihung der untern Priester¬
stellen in ähnlicher Weise. Man denke dabei nur in Unbefangenheit an unsere
Stolgebühren und was geschenkeweise damit zusammenhängt; für den König
aber an die mittelalterlichen Beden und die Steuerfreiheit, welche gleich durch
jene Beden ausgeglichen werde.

Indessen wie diese Sache nun objectiv auch aufzufassen ist, sie beweist



-) Vgl. Pfister, Geschichte der Teutschen, (Hamburg 182g, Perthes) II. S. 165.
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[0115] Konrad, sagt Wippo, vita, Oonrtuli Ls-Iiei^) gewann sich dadurch in hohem Maße die Herzen der Vasallen, daß er die von Alters her besessenen Lehen der Vorfahren den Nachkommen nicht mehr entziehen ließ. In den Versuch Konrad's gehörte es ferner hinein, daß die Herzogswürde möglichst in dem Amte des Königs aufging oder verschwand, und endlich, daß die Güter der reich gewordenen Kirche dem Königthum? ein es förderndes Einkommen gewährten. Dies Letztere geschah unter Konrad's Regiments durch die Simonie. In der Apostelgeschichte 8, 18 steht zu lesen: „Als aber Simon (der Magier) sahe, daß durch Handauflegung der Apostel der Geist verleihen werde, brachte er ihnen Geld und sagte: gebt mir auch diese Macht, daß man durch meine Handauflegung den heiligen Geist bekomme." In dem ihr eigenthümlichen Durcheinanderwerfen der Begriffe, dessen sich die römische Kirche von jeher zu ihren Herrschaftszwecken bedient hat, wandte man jenen Spruch zunächst da¬ raus an, daß Bisthümer und Abteien denjenigen gegeben wurden, welche die höchsten Geldsummen dafür zahlten, allerdings ein schändlicher Handel, aber »doch immer noch kein Handel mit der Gabe, den heiligen Geist zu verleihen. Dann wandte man den Ausdruck Simonie auch an auf das Bezahlen herge¬ brachter Abgaben für Verleihung der mit Lehensrechten verbundenen Kirchen¬ ämter und endlich gar wie Gregor VII. auf die Investitur mit Ring und Stab. Daß jene erste Art von Simonie auch unter Konrad II. vorge¬ kommen, scheint keinem Zweifel unterliegen zu können, wie sich aus dem Folgenden ergeben wird; wie es im Einzelnen vor sich ging, darüber, sagt Thietmar von Merseburg VI., S. 356 von sich selbst: „Leider gelangte ich zu diesem Amte (d. h. zur Stelle eines Propstes von Walbeck) durch eine Art von Simonie. Ich gab zwar nicht Geld, aber mein väterliches Landgut dafür hin". Von einem Tagino sagt derselbe Thietmar II, 292: „Er beehrte den König, die Königin und alle Hofleute dem Herkommen gemäß mit vielfachen Geschenken, welche er nach seinem guten Herzen immer für unzureichend hielt." Ferner erzählt Thietmar, daß Gero von Magdeburg unmittelbar nach seiner Wahl zum Erzbischof dem Könige und allen seinen Hofbediensteten prächtige Geschenke machte, ohne hierüber ein Wort mehr zu verlieren. Die höhere Geistlichkeit hielt sich dann wieder schadlos durch Verleihung der untern Priester¬ stellen in ähnlicher Weise. Man denke dabei nur in Unbefangenheit an unsere Stolgebühren und was geschenkeweise damit zusammenhängt; für den König aber an die mittelalterlichen Beden und die Steuerfreiheit, welche gleich durch jene Beden ausgeglichen werde. Indessen wie diese Sache nun objectiv auch aufzufassen ist, sie beweist -) Vgl. Pfister, Geschichte der Teutschen, (Hamburg 182g, Perthes) II. S. 165.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/115>, abgerufen am 29.06.2024.