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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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König Rudolf von Burgund, um einen allgemeinen Frieden im Abendlande
aufzurichten, wobei es sich im Großen und Ganzen um nichts Geringeres,
als um eine große Kirchenreformation (also im Bunde des Papstes und des
Kaisers und des Königs von Frankreich und Burgund) handelte. In das
Land Burgund wurde Heinrich zur Uebernahme des Regiments nach König
Rudolf eben wieder nur gerufen auf Anstiften der Cluniacenser Geistlichkeit
zur Hülse wider die beständigen Unordnungen der weltlichen Herren, denen
Rudolf zu steuern zu schwach war.

Die große Kirchenreformation scheiterte für jetzt an dem fast gleichzeitig
auf jene Zusammenkünfte folgenden Ableben Heinrich's wie des Resormpapstes
Benedikt VIII.

Unter dieser Gesammthaltung Kaiser Heinrich's II. aber, wie sie in dem
Vorstehenden zur Erscheinung gelangt ist, muß zum Schluß nun noch das
Folgende betrachtet werden. Es ist bereits von dem besonders freundschaft¬
lichen Verhältniß des Kaisers zu Bischof Meinwerk von Paderborn Andeutung
gegeben worden. Mit diesem stand Heinrich auf dem Fuße eines Duzbruders
und der kurzweiligen Scherze, wobei sich der Bischof am besten stand, dessen
Bisthum aus einem ganz verfallnen, verarmten, durch Schenkungen des kaiser¬
lichen Freundes zu einem der reichsten ward. Mit Meinwerk, so erzählte
man in Clugny, pilgerte denn Heinrich auch nach dort. Man zeigte daselbst
Weihgeschenke von ihm und behauptete, er habe sich unter die Brüder auf¬
nehmen lassen. Aehnliches besagt eine Legende von Verdun weil der Kaiser
das Kloster Richard's von Verdun, des Führers der Cluniacenser in Lothringen,
besuchte und sich vielleicht unter die Ehrenbrüder des Klosters nach der Sitte
der Zeit aufnehmen ließ, >auch darob priesen ihn die Cluniacenser als einen
der Ihrigen!. Ja, von diesem Besuche beim Abte Richard in Verdun nach
der Zusammenkunft von Uvois, wo auch eine solche mit dem Papste zu
Pavia verabredet wurde, die nicht zu Stande kam, weil Benedikt noch vor
Heinrich 1024 starb, geht sogar die Legende, daß der Kaiser 1023 dem
Abte das Gelübde vom unverbrüchlichen Gehorsam geleistet,
aber den Befehl erhalten habe, unverzüglich in die Welt zu¬
rückzukehren, um in Gottesfurcht und Gerechtigkeit (d. h. im
Dienste der Kirche) zu regieren. Ob es Wahrheit oder Legende ist, es
stimmt zu der vorher gebrauchten Aeußerung, daß wir es hier gewissermaßen
mit einem Cleriker auf dem deutschen Throne, mit einem Mönche mit der
Königs- und Kaiserkrone zu thun haben. Sicher ist, daß Heinrich in spätern
Jahren den Willen geäußert hat, sich in die Mauern eines Klosters zurück¬
zuziehen, und natürlich ist es, daß damit der Kirche nicht gedient sein konnte,
weil ein solcher Regent für sie auf dem Herrscherthrone weit besser am Plcitze


König Rudolf von Burgund, um einen allgemeinen Frieden im Abendlande
aufzurichten, wobei es sich im Großen und Ganzen um nichts Geringeres,
als um eine große Kirchenreformation (also im Bunde des Papstes und des
Kaisers und des Königs von Frankreich und Burgund) handelte. In das
Land Burgund wurde Heinrich zur Uebernahme des Regiments nach König
Rudolf eben wieder nur gerufen auf Anstiften der Cluniacenser Geistlichkeit
zur Hülse wider die beständigen Unordnungen der weltlichen Herren, denen
Rudolf zu steuern zu schwach war.

Die große Kirchenreformation scheiterte für jetzt an dem fast gleichzeitig
auf jene Zusammenkünfte folgenden Ableben Heinrich's wie des Resormpapstes
Benedikt VIII.

Unter dieser Gesammthaltung Kaiser Heinrich's II. aber, wie sie in dem
Vorstehenden zur Erscheinung gelangt ist, muß zum Schluß nun noch das
Folgende betrachtet werden. Es ist bereits von dem besonders freundschaft¬
lichen Verhältniß des Kaisers zu Bischof Meinwerk von Paderborn Andeutung
gegeben worden. Mit diesem stand Heinrich auf dem Fuße eines Duzbruders
und der kurzweiligen Scherze, wobei sich der Bischof am besten stand, dessen
Bisthum aus einem ganz verfallnen, verarmten, durch Schenkungen des kaiser¬
lichen Freundes zu einem der reichsten ward. Mit Meinwerk, so erzählte
man in Clugny, pilgerte denn Heinrich auch nach dort. Man zeigte daselbst
Weihgeschenke von ihm und behauptete, er habe sich unter die Brüder auf¬
nehmen lassen. Aehnliches besagt eine Legende von Verdun weil der Kaiser
das Kloster Richard's von Verdun, des Führers der Cluniacenser in Lothringen,
besuchte und sich vielleicht unter die Ehrenbrüder des Klosters nach der Sitte
der Zeit aufnehmen ließ, >auch darob priesen ihn die Cluniacenser als einen
der Ihrigen!. Ja, von diesem Besuche beim Abte Richard in Verdun nach
der Zusammenkunft von Uvois, wo auch eine solche mit dem Papste zu
Pavia verabredet wurde, die nicht zu Stande kam, weil Benedikt noch vor
Heinrich 1024 starb, geht sogar die Legende, daß der Kaiser 1023 dem
Abte das Gelübde vom unverbrüchlichen Gehorsam geleistet,
aber den Befehl erhalten habe, unverzüglich in die Welt zu¬
rückzukehren, um in Gottesfurcht und Gerechtigkeit (d. h. im
Dienste der Kirche) zu regieren. Ob es Wahrheit oder Legende ist, es
stimmt zu der vorher gebrauchten Aeußerung, daß wir es hier gewissermaßen
mit einem Cleriker auf dem deutschen Throne, mit einem Mönche mit der
Königs- und Kaiserkrone zu thun haben. Sicher ist, daß Heinrich in spätern
Jahren den Willen geäußert hat, sich in die Mauern eines Klosters zurück¬
zuziehen, und natürlich ist es, daß damit der Kirche nicht gedient sein konnte,
weil ein solcher Regent für sie auf dem Herrscherthrone weit besser am Plcitze


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[0110] König Rudolf von Burgund, um einen allgemeinen Frieden im Abendlande aufzurichten, wobei es sich im Großen und Ganzen um nichts Geringeres, als um eine große Kirchenreformation (also im Bunde des Papstes und des Kaisers und des Königs von Frankreich und Burgund) handelte. In das Land Burgund wurde Heinrich zur Uebernahme des Regiments nach König Rudolf eben wieder nur gerufen auf Anstiften der Cluniacenser Geistlichkeit zur Hülse wider die beständigen Unordnungen der weltlichen Herren, denen Rudolf zu steuern zu schwach war. Die große Kirchenreformation scheiterte für jetzt an dem fast gleichzeitig auf jene Zusammenkünfte folgenden Ableben Heinrich's wie des Resormpapstes Benedikt VIII. Unter dieser Gesammthaltung Kaiser Heinrich's II. aber, wie sie in dem Vorstehenden zur Erscheinung gelangt ist, muß zum Schluß nun noch das Folgende betrachtet werden. Es ist bereits von dem besonders freundschaft¬ lichen Verhältniß des Kaisers zu Bischof Meinwerk von Paderborn Andeutung gegeben worden. Mit diesem stand Heinrich auf dem Fuße eines Duzbruders und der kurzweiligen Scherze, wobei sich der Bischof am besten stand, dessen Bisthum aus einem ganz verfallnen, verarmten, durch Schenkungen des kaiser¬ lichen Freundes zu einem der reichsten ward. Mit Meinwerk, so erzählte man in Clugny, pilgerte denn Heinrich auch nach dort. Man zeigte daselbst Weihgeschenke von ihm und behauptete, er habe sich unter die Brüder auf¬ nehmen lassen. Aehnliches besagt eine Legende von Verdun weil der Kaiser das Kloster Richard's von Verdun, des Führers der Cluniacenser in Lothringen, besuchte und sich vielleicht unter die Ehrenbrüder des Klosters nach der Sitte der Zeit aufnehmen ließ, >auch darob priesen ihn die Cluniacenser als einen der Ihrigen!. Ja, von diesem Besuche beim Abte Richard in Verdun nach der Zusammenkunft von Uvois, wo auch eine solche mit dem Papste zu Pavia verabredet wurde, die nicht zu Stande kam, weil Benedikt noch vor Heinrich 1024 starb, geht sogar die Legende, daß der Kaiser 1023 dem Abte das Gelübde vom unverbrüchlichen Gehorsam geleistet, aber den Befehl erhalten habe, unverzüglich in die Welt zu¬ rückzukehren, um in Gottesfurcht und Gerechtigkeit (d. h. im Dienste der Kirche) zu regieren. Ob es Wahrheit oder Legende ist, es stimmt zu der vorher gebrauchten Aeußerung, daß wir es hier gewissermaßen mit einem Cleriker auf dem deutschen Throne, mit einem Mönche mit der Königs- und Kaiserkrone zu thun haben. Sicher ist, daß Heinrich in spätern Jahren den Willen geäußert hat, sich in die Mauern eines Klosters zurück¬ zuziehen, und natürlich ist es, daß damit der Kirche nicht gedient sein konnte, weil ein solcher Regent für sie auf dem Herrscherthrone weit besser am Plcitze

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/110>, abgerufen am 29.06.2024.