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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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Literatur.

Geschichte d er neuesten Zeit, 1816--1871. Von Dr. Constantin
Bulle. Erster Band. Von 1813 bis 1848. Bremen, Herrn. Credner 1876. - -
Unser geehrter Mitarbeiter, der den Lesern der Grenzboten noch in frischer
Erinnerung steht durch seine gediegenen Abhandlungen "Aus der Bastille"
und über den "Cölner Bischvfsflreit", hat in den jüngsten Wochen das oben
eingeführte Werk herausgegeben, das seit längerer Zeit bereits vollendet und
dessen Manuscript der Grenzboten-Artikel über die Cölner Wirren s. Z. ent¬
nommen war. Das vorliegende Werk genügt einem in weiten Kreisen em¬
pfundenen Bedürfniß. Die populär gehaltenen Geschichtswerke, welche die
neueste Geschichte gründlich behandeln, sind außerordentlich dünn gesät. Bücher
aber, welche außer dem Streben das Interesse des gesammten Volkes anzu¬
regen auch ernstlich bemüht sind, die Ergebnisse der deutschen Wissenschaft,
vor allem die Resultate der archivalischen Forschungen der letzten Jahre, zum
Gemeingut der Nation zu machen, giebt es kaum noch. In dieser Hinsicht
ist Bulle's Werk der wärmsten Empfehlung und des allgemeinsten Studiums
werth. Keine Epoche der Geschichte ist so reich an archivalischen Enthüllungen
gewesen, als unsere Tage. Man bricht heute mit einem Jahrhunderte lang
ängstlich bewahrten System. Das geheimnißvolle Dunkel der Staatsarchive
lichtet sich. Kaum ist ein diplomatisches Gewebe vollendet, so enthüllen sich
die kunstvoll geschlungenen Fäden dem Auge der Welt. Ueber die Staatsactionen,
welche zur Zeit unserer Großväter und wieder vor wenig Jahren spielten,
werden wir zum ersten Mal aus den besten Quellen authentisch unterichtet, zu
gleicher Zeit und nicht selten aus verschiedenen Quellen zugleich. Denn die
Liberalität und die klare Würdigung der Interessen der Geschichtsforschung,
welche die deutsche Centralregierung zuerst übte, erwecken Nachahmung überall.
So ist die dunkelste Epoche unserer Geschichte, die Zeit, welche Friedrich Wil¬
helm III. bei seinem Scheiden erst nach fünfzig Jahren allmählich zu enthüllen
gedachte, jetzt schon fast vollständig archivalisch erschlossen. Dadurch ist mancher
Vorgang, mancher Charakter in ein anderes Licht gerückt, als der "gebildete"
Deutsche in seiner Jugend gelernt hat. Und doch giebt es kaum wichtigere Ar¬
beit zum Verständnisse der Gegenwart, als die, der archivalischen Ausbeute über
die vaterländische neueste Geschichte zu folgen. Freilich Wenigen ist die Zeit
und der Beruf gegeben, diese Arbeit zu thun. Und deßhalb eben empfehlen
wir Bulle's Werk dem eifrigen Studium weitester Kreise. Bescheiden und
ohne jeden gelehrt scheinenden Quellenapparar, hat Bulle doch die neuesten
archivalischen Forschungen berücksichtigt. Mit Abschluß des Werkes -- der
Schluß-Band soll längstens zu Ostern 1876 erscheinen -- wird man ein Ge¬
schichtswerk besitzen, das in geschmackvoller, fesselnder Darstellung über die
B. neuesten Epochen der Weltgeschichte vollkommen zuverlässig orientirt.




Verantwortlicher Redakteur: or. Haus Blum in Leipzig.
Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. -- Druck von Hüthcl K Herrmann in Leipzig.
Literatur.

Geschichte d er neuesten Zeit, 1816—1871. Von Dr. Constantin
Bulle. Erster Band. Von 1813 bis 1848. Bremen, Herrn. Credner 1876. - -
Unser geehrter Mitarbeiter, der den Lesern der Grenzboten noch in frischer
Erinnerung steht durch seine gediegenen Abhandlungen „Aus der Bastille"
und über den „Cölner Bischvfsflreit", hat in den jüngsten Wochen das oben
eingeführte Werk herausgegeben, das seit längerer Zeit bereits vollendet und
dessen Manuscript der Grenzboten-Artikel über die Cölner Wirren s. Z. ent¬
nommen war. Das vorliegende Werk genügt einem in weiten Kreisen em¬
pfundenen Bedürfniß. Die populär gehaltenen Geschichtswerke, welche die
neueste Geschichte gründlich behandeln, sind außerordentlich dünn gesät. Bücher
aber, welche außer dem Streben das Interesse des gesammten Volkes anzu¬
regen auch ernstlich bemüht sind, die Ergebnisse der deutschen Wissenschaft,
vor allem die Resultate der archivalischen Forschungen der letzten Jahre, zum
Gemeingut der Nation zu machen, giebt es kaum noch. In dieser Hinsicht
ist Bulle's Werk der wärmsten Empfehlung und des allgemeinsten Studiums
werth. Keine Epoche der Geschichte ist so reich an archivalischen Enthüllungen
gewesen, als unsere Tage. Man bricht heute mit einem Jahrhunderte lang
ängstlich bewahrten System. Das geheimnißvolle Dunkel der Staatsarchive
lichtet sich. Kaum ist ein diplomatisches Gewebe vollendet, so enthüllen sich
die kunstvoll geschlungenen Fäden dem Auge der Welt. Ueber die Staatsactionen,
welche zur Zeit unserer Großväter und wieder vor wenig Jahren spielten,
werden wir zum ersten Mal aus den besten Quellen authentisch unterichtet, zu
gleicher Zeit und nicht selten aus verschiedenen Quellen zugleich. Denn die
Liberalität und die klare Würdigung der Interessen der Geschichtsforschung,
welche die deutsche Centralregierung zuerst übte, erwecken Nachahmung überall.
So ist die dunkelste Epoche unserer Geschichte, die Zeit, welche Friedrich Wil¬
helm III. bei seinem Scheiden erst nach fünfzig Jahren allmählich zu enthüllen
gedachte, jetzt schon fast vollständig archivalisch erschlossen. Dadurch ist mancher
Vorgang, mancher Charakter in ein anderes Licht gerückt, als der „gebildete"
Deutsche in seiner Jugend gelernt hat. Und doch giebt es kaum wichtigere Ar¬
beit zum Verständnisse der Gegenwart, als die, der archivalischen Ausbeute über
die vaterländische neueste Geschichte zu folgen. Freilich Wenigen ist die Zeit
und der Beruf gegeben, diese Arbeit zu thun. Und deßhalb eben empfehlen
wir Bulle's Werk dem eifrigen Studium weitester Kreise. Bescheiden und
ohne jeden gelehrt scheinenden Quellenapparar, hat Bulle doch die neuesten
archivalischen Forschungen berücksichtigt. Mit Abschluß des Werkes — der
Schluß-Band soll längstens zu Ostern 1876 erscheinen — wird man ein Ge¬
schichtswerk besitzen, das in geschmackvoller, fesselnder Darstellung über die
B. neuesten Epochen der Weltgeschichte vollkommen zuverlässig orientirt.




Verantwortlicher Redakteur: or. Haus Blum in Leipzig.
Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. — Druck von Hüthcl K Herrmann in Leipzig.
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[0084] Literatur. Geschichte d er neuesten Zeit, 1816—1871. Von Dr. Constantin Bulle. Erster Band. Von 1813 bis 1848. Bremen, Herrn. Credner 1876. - - Unser geehrter Mitarbeiter, der den Lesern der Grenzboten noch in frischer Erinnerung steht durch seine gediegenen Abhandlungen „Aus der Bastille" und über den „Cölner Bischvfsflreit", hat in den jüngsten Wochen das oben eingeführte Werk herausgegeben, das seit längerer Zeit bereits vollendet und dessen Manuscript der Grenzboten-Artikel über die Cölner Wirren s. Z. ent¬ nommen war. Das vorliegende Werk genügt einem in weiten Kreisen em¬ pfundenen Bedürfniß. Die populär gehaltenen Geschichtswerke, welche die neueste Geschichte gründlich behandeln, sind außerordentlich dünn gesät. Bücher aber, welche außer dem Streben das Interesse des gesammten Volkes anzu¬ regen auch ernstlich bemüht sind, die Ergebnisse der deutschen Wissenschaft, vor allem die Resultate der archivalischen Forschungen der letzten Jahre, zum Gemeingut der Nation zu machen, giebt es kaum noch. In dieser Hinsicht ist Bulle's Werk der wärmsten Empfehlung und des allgemeinsten Studiums werth. Keine Epoche der Geschichte ist so reich an archivalischen Enthüllungen gewesen, als unsere Tage. Man bricht heute mit einem Jahrhunderte lang ängstlich bewahrten System. Das geheimnißvolle Dunkel der Staatsarchive lichtet sich. Kaum ist ein diplomatisches Gewebe vollendet, so enthüllen sich die kunstvoll geschlungenen Fäden dem Auge der Welt. Ueber die Staatsactionen, welche zur Zeit unserer Großväter und wieder vor wenig Jahren spielten, werden wir zum ersten Mal aus den besten Quellen authentisch unterichtet, zu gleicher Zeit und nicht selten aus verschiedenen Quellen zugleich. Denn die Liberalität und die klare Würdigung der Interessen der Geschichtsforschung, welche die deutsche Centralregierung zuerst übte, erwecken Nachahmung überall. So ist die dunkelste Epoche unserer Geschichte, die Zeit, welche Friedrich Wil¬ helm III. bei seinem Scheiden erst nach fünfzig Jahren allmählich zu enthüllen gedachte, jetzt schon fast vollständig archivalisch erschlossen. Dadurch ist mancher Vorgang, mancher Charakter in ein anderes Licht gerückt, als der „gebildete" Deutsche in seiner Jugend gelernt hat. Und doch giebt es kaum wichtigere Ar¬ beit zum Verständnisse der Gegenwart, als die, der archivalischen Ausbeute über die vaterländische neueste Geschichte zu folgen. Freilich Wenigen ist die Zeit und der Beruf gegeben, diese Arbeit zu thun. Und deßhalb eben empfehlen wir Bulle's Werk dem eifrigen Studium weitester Kreise. Bescheiden und ohne jeden gelehrt scheinenden Quellenapparar, hat Bulle doch die neuesten archivalischen Forschungen berücksichtigt. Mit Abschluß des Werkes — der Schluß-Band soll längstens zu Ostern 1876 erscheinen — wird man ein Ge¬ schichtswerk besitzen, das in geschmackvoller, fesselnder Darstellung über die B. neuesten Epochen der Weltgeschichte vollkommen zuverlässig orientirt. Verantwortlicher Redakteur: or. Haus Blum in Leipzig. Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. — Druck von Hüthcl K Herrmann in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/84>, abgerufen am 22.07.2024.