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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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Weil aber nun die Protestanten jene 3 Kennzeichen zu einem wahren
Sacrament forderten, lehrt nun auch der OateeKism. Roilmvus, daß jene
Z Dinge zu einem Sacramente gehören, nämlich Einsetzung von Christo, ein
sichtbares Zeichen, und Aratia justiücans (was sich übrigens nicht mit der
"Vergebung der Sünde" deckt). Aber er behauptet oder lehrt das nur in der
vorgängigen allgemeinen Erörterung (in ssönsre), was ein Sacrament sei, hat
aber dabei schon statt der Schriftlehre Matth. 26, 28 "Vergebung der Sünde"
den viel dehnbareren und unbestimmteren Charakter "rechtfertigende Gnade"
(Zratig, ^ustiücÄNL) untergeschoben, und bei den einzelnen Sacramenten unter¬
läßt er dann die 3 Erfordernisse und Kennzeichen nachzuweisen, weil er es
nicht konnte.

Denn 1) wie schon bemerkt ist die Ehe nicht erst von Christo eingesetzt,
sie ist eine Ordnung der Natur und schon vor Christo da. Daß Christus
den sündhaften Leichtsinn der jüdischen Ehescheidung verurtheilt und verbietet,
ist keine Einsetzung. Die Ehe hat 2) keine wawrig, visidilis, die nach der
Einsetzung Christi zu ihr gehört. Daher nun die Verlegenheit und das Aus¬
einandergehen der Lehrer, wer der Spender, und was die sichtbare Materie
der Ehe als Sacrament sei.

Die Scholastiker lehren frischweg, daß, wie die Ehe durch den muwus
ovnsensus entsteht, so auch die Eheleute selbst die Ausspender sind,
(eine große Differenz vom Cone. Trit. und der gangbaren katholischen Ansicht),
und die sichtbare Materie der Beischlaf selbst sei, das Concil. Trit.
dagegen lehrt zwar in der allgemeinen Erörterung über die Sacramente im
Allgemeinen, daß der Priester sie austheile (eontorrs), über die Ehe im Beson¬
deren aber (Lessio XXIV) vorsichtigerweise gar nichts, wer Ausspender und
was die materig, visibilis sei, sondern verordnet (schö. XXIV as rstorm.)
nur, daß die Einsegnung dem IV. I^ecran. gemäß erst nach dreimaligem Auf¬
gebot erfolgen dürfe, was aber nicht etwa das Wesen der Ehe ausmacht, die
vielmehr durch den mutuus consensus entsteht. Das spricht denn auch der
vat. Rom. II, 3 -- 8 bestimmt aus, daß das Wesen der Ehe in dem mutuus
eorlsensus bestehe, lehrt im Allgemeinen (in Aonvrch außer der institutio
VKristo als nothwendig eine rss sensibilis s. visibilis (---- materig,), und das
Wort (torma), nach Augustin, der es freilich nur von der Taufe versteht,
hütet sich aber, anzugeben, worin die Materie bei der Ehe bestehe. So gehen
nun die Lehrer auseinander. Nach dem einen ist die Materie die wechselseitige
Uebergabe und Uebernahme, die Form, die Erklärung :c., nach Walter ist der
Stoff der eheliche Stand, die Form die Art des Eheschlusses, wechselnd nach
der Disciplin der Zeiten, womit Walter die Ehe für eine Sache der
Disciplin erklärt, ganz gegen Lat. R.*), wo wateria und torma göttliche


Weil aber nun die Protestanten jene 3 Kennzeichen zu einem wahren
Sacrament forderten, lehrt nun auch der OateeKism. Roilmvus, daß jene
Z Dinge zu einem Sacramente gehören, nämlich Einsetzung von Christo, ein
sichtbares Zeichen, und Aratia justiücans (was sich übrigens nicht mit der
„Vergebung der Sünde" deckt). Aber er behauptet oder lehrt das nur in der
vorgängigen allgemeinen Erörterung (in ssönsre), was ein Sacrament sei, hat
aber dabei schon statt der Schriftlehre Matth. 26, 28 „Vergebung der Sünde"
den viel dehnbareren und unbestimmteren Charakter „rechtfertigende Gnade"
(Zratig, ^ustiücÄNL) untergeschoben, und bei den einzelnen Sacramenten unter¬
läßt er dann die 3 Erfordernisse und Kennzeichen nachzuweisen, weil er es
nicht konnte.

Denn 1) wie schon bemerkt ist die Ehe nicht erst von Christo eingesetzt,
sie ist eine Ordnung der Natur und schon vor Christo da. Daß Christus
den sündhaften Leichtsinn der jüdischen Ehescheidung verurtheilt und verbietet,
ist keine Einsetzung. Die Ehe hat 2) keine wawrig, visidilis, die nach der
Einsetzung Christi zu ihr gehört. Daher nun die Verlegenheit und das Aus¬
einandergehen der Lehrer, wer der Spender, und was die sichtbare Materie
der Ehe als Sacrament sei.

Die Scholastiker lehren frischweg, daß, wie die Ehe durch den muwus
ovnsensus entsteht, so auch die Eheleute selbst die Ausspender sind,
(eine große Differenz vom Cone. Trit. und der gangbaren katholischen Ansicht),
und die sichtbare Materie der Beischlaf selbst sei, das Concil. Trit.
dagegen lehrt zwar in der allgemeinen Erörterung über die Sacramente im
Allgemeinen, daß der Priester sie austheile (eontorrs), über die Ehe im Beson¬
deren aber (Lessio XXIV) vorsichtigerweise gar nichts, wer Ausspender und
was die materig, visibilis sei, sondern verordnet (schö. XXIV as rstorm.)
nur, daß die Einsegnung dem IV. I^ecran. gemäß erst nach dreimaligem Auf¬
gebot erfolgen dürfe, was aber nicht etwa das Wesen der Ehe ausmacht, die
vielmehr durch den mutuus consensus entsteht. Das spricht denn auch der
vat. Rom. II, 3 — 8 bestimmt aus, daß das Wesen der Ehe in dem mutuus
eorlsensus bestehe, lehrt im Allgemeinen (in Aonvrch außer der institutio
VKristo als nothwendig eine rss sensibilis s. visibilis (---- materig,), und das
Wort (torma), nach Augustin, der es freilich nur von der Taufe versteht,
hütet sich aber, anzugeben, worin die Materie bei der Ehe bestehe. So gehen
nun die Lehrer auseinander. Nach dem einen ist die Materie die wechselseitige
Uebergabe und Uebernahme, die Form, die Erklärung :c., nach Walter ist der
Stoff der eheliche Stand, die Form die Art des Eheschlusses, wechselnd nach
der Disciplin der Zeiten, womit Walter die Ehe für eine Sache der
Disciplin erklärt, ganz gegen Lat. R.*), wo wateria und torma göttliche


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[0416] Weil aber nun die Protestanten jene 3 Kennzeichen zu einem wahren Sacrament forderten, lehrt nun auch der OateeKism. Roilmvus, daß jene Z Dinge zu einem Sacramente gehören, nämlich Einsetzung von Christo, ein sichtbares Zeichen, und Aratia justiücans (was sich übrigens nicht mit der „Vergebung der Sünde" deckt). Aber er behauptet oder lehrt das nur in der vorgängigen allgemeinen Erörterung (in ssönsre), was ein Sacrament sei, hat aber dabei schon statt der Schriftlehre Matth. 26, 28 „Vergebung der Sünde" den viel dehnbareren und unbestimmteren Charakter „rechtfertigende Gnade" (Zratig, ^ustiücÄNL) untergeschoben, und bei den einzelnen Sacramenten unter¬ läßt er dann die 3 Erfordernisse und Kennzeichen nachzuweisen, weil er es nicht konnte. Denn 1) wie schon bemerkt ist die Ehe nicht erst von Christo eingesetzt, sie ist eine Ordnung der Natur und schon vor Christo da. Daß Christus den sündhaften Leichtsinn der jüdischen Ehescheidung verurtheilt und verbietet, ist keine Einsetzung. Die Ehe hat 2) keine wawrig, visidilis, die nach der Einsetzung Christi zu ihr gehört. Daher nun die Verlegenheit und das Aus¬ einandergehen der Lehrer, wer der Spender, und was die sichtbare Materie der Ehe als Sacrament sei. Die Scholastiker lehren frischweg, daß, wie die Ehe durch den muwus ovnsensus entsteht, so auch die Eheleute selbst die Ausspender sind, (eine große Differenz vom Cone. Trit. und der gangbaren katholischen Ansicht), und die sichtbare Materie der Beischlaf selbst sei, das Concil. Trit. dagegen lehrt zwar in der allgemeinen Erörterung über die Sacramente im Allgemeinen, daß der Priester sie austheile (eontorrs), über die Ehe im Beson¬ deren aber (Lessio XXIV) vorsichtigerweise gar nichts, wer Ausspender und was die materig, visibilis sei, sondern verordnet (schö. XXIV as rstorm.) nur, daß die Einsegnung dem IV. I^ecran. gemäß erst nach dreimaligem Auf¬ gebot erfolgen dürfe, was aber nicht etwa das Wesen der Ehe ausmacht, die vielmehr durch den mutuus consensus entsteht. Das spricht denn auch der vat. Rom. II, 3 — 8 bestimmt aus, daß das Wesen der Ehe in dem mutuus eorlsensus bestehe, lehrt im Allgemeinen (in Aonvrch außer der institutio VKristo als nothwendig eine rss sensibilis s. visibilis (---- materig,), und das Wort (torma), nach Augustin, der es freilich nur von der Taufe versteht, hütet sich aber, anzugeben, worin die Materie bei der Ehe bestehe. So gehen nun die Lehrer auseinander. Nach dem einen ist die Materie die wechselseitige Uebergabe und Uebernahme, die Form, die Erklärung :c., nach Walter ist der Stoff der eheliche Stand, die Form die Art des Eheschlusses, wechselnd nach der Disciplin der Zeiten, womit Walter die Ehe für eine Sache der Disciplin erklärt, ganz gegen Lat. R.*), wo wateria und torma göttliche

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/416>, abgerufen am 22.07.2024.