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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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schützen, das Land 16, die Stadt 103 Spieße, das Land 346. die Stadt
361 Hellebarden, das Land 1238. Die Hellebardiere machten also in der
Stadt mehr als die Hälfte der Mannschaft aus. und auf dem Lande waren
sie noch stärker vertreten. Im Ganzen verhält sich die Summe der Helle¬
barden gegen alle übrigen Waffen wie 3 zu 2; von sämmtlichen blanken
Waffen machen die Spieße nur wenig mehr aus als den vierten Theil, und
die Fernwaffen verhalten sich zu den blanken Waffen überhaupt nur wie
ungefähr 1 zu 4. -- Die Schützen erscheinen unter solchen Verhältnissen als
eine nicht zahlreiche. doch in großem Ansehn stehende SpezialWaffe, von der
in der Stadt ^, auf dem Lande nur V20 Feuerwaffen führte.*) Im Frieden
bildeten die Schützen Gesellschaften, welche sich namhafter Begünstigungen
von Seiten des Staates erfreuten. Im Felde formirter sie meist eine
besondere Abtheilung und zogen unter eigener Fahne, dem sogenannten
"Schützenvenly".

Die Reiterei der Eidgenossen war gleichfalls wenig zahlreich; doch
hat dieselbe zuweilen gute Dienste geleistet. Ihr Entstehen dürfte dem in
den Städten oder auf dem Lande angesessenen Adel, sowie überhaupt den
Besitzern lehenspflichtiger Güter zu verdanken sein. Mit der Zeit haben
dann auch die sogenannten "Junker"- oder "Constabel-Zünfte" und überhaupt
die vornehmeren oder reicheren Bürger, welche es vorzogen. zu Pferde zu die¬
nen, einen Beitrag zur Vermehrung der Reiterei geliefert. Schon im 14. Jahr¬
hundert geschieht des "Roßpanners" der Berner Erwähnung. Unter ihm
Zogen gewöhnlich (so z. B. 1415) fünfzig Reisige oder Lanzen. Daß Bern
unter allen Eidgenossen die zahlreichste Reiterei ins Feld stellen konnte, ist
sowohl durch die wette Ausdehnung des Gebiets. als durch den Umstand
erklärlich, daß gerade auf dem Berner Lande der meiste Adel, welcher lehens-
Pflichtige Güter besaß, angesessen war. Nebst der Reiterei der Berner wird
^ 2^hrhundert auch die der Freiburger und Solothurner erwähnt. --
Hauptwaffe der vollgerüsteten Reisigen ist auch bet den Eidgenossen die Lanze.

Was die Artillerie betrifft, so führten frühe schon die Schweizer eine
^re leicht beweglicher Geschütze kleinen Kalibers auch im offenen Feld mit,
^weilen so leicht, daß sie nur mit einem Pferde bespannt waren. -- Das
elagerungsgeschütz anlangend, setzte im 15. Jahrhundert jede Stadt eine
vesondere Ehre darin, möglichst schwere Kanonen zu besitzen. Die großen
einbüchsen, welche ein oder mehrzentnerige Steinkugeln schössen, hieß man
"setzen", die langröhrigen Geschütze aber, welche eiserne Kugeln schössen, be-
annte man, wohl nach ihrer Gestalt, "Schlangen", und falls sie bet klei¬
nem Kaliber auch im Gefecht gebraucht wurden, "Feldschlangen". -- Uebrigens



") Rüstow a. ". O.
Grenboten IV. 187S. 47

schützen, das Land 16, die Stadt 103 Spieße, das Land 346. die Stadt
361 Hellebarden, das Land 1238. Die Hellebardiere machten also in der
Stadt mehr als die Hälfte der Mannschaft aus. und auf dem Lande waren
sie noch stärker vertreten. Im Ganzen verhält sich die Summe der Helle¬
barden gegen alle übrigen Waffen wie 3 zu 2; von sämmtlichen blanken
Waffen machen die Spieße nur wenig mehr aus als den vierten Theil, und
die Fernwaffen verhalten sich zu den blanken Waffen überhaupt nur wie
ungefähr 1 zu 4. — Die Schützen erscheinen unter solchen Verhältnissen als
eine nicht zahlreiche. doch in großem Ansehn stehende SpezialWaffe, von der
in der Stadt ^, auf dem Lande nur V20 Feuerwaffen führte.*) Im Frieden
bildeten die Schützen Gesellschaften, welche sich namhafter Begünstigungen
von Seiten des Staates erfreuten. Im Felde formirter sie meist eine
besondere Abtheilung und zogen unter eigener Fahne, dem sogenannten
»Schützenvenly".

Die Reiterei der Eidgenossen war gleichfalls wenig zahlreich; doch
hat dieselbe zuweilen gute Dienste geleistet. Ihr Entstehen dürfte dem in
den Städten oder auf dem Lande angesessenen Adel, sowie überhaupt den
Besitzern lehenspflichtiger Güter zu verdanken sein. Mit der Zeit haben
dann auch die sogenannten „Junker"- oder „Constabel-Zünfte" und überhaupt
die vornehmeren oder reicheren Bürger, welche es vorzogen. zu Pferde zu die¬
nen, einen Beitrag zur Vermehrung der Reiterei geliefert. Schon im 14. Jahr¬
hundert geschieht des „Roßpanners" der Berner Erwähnung. Unter ihm
Zogen gewöhnlich (so z. B. 1415) fünfzig Reisige oder Lanzen. Daß Bern
unter allen Eidgenossen die zahlreichste Reiterei ins Feld stellen konnte, ist
sowohl durch die wette Ausdehnung des Gebiets. als durch den Umstand
erklärlich, daß gerade auf dem Berner Lande der meiste Adel, welcher lehens-
Pflichtige Güter besaß, angesessen war. Nebst der Reiterei der Berner wird
^ 2^hrhundert auch die der Freiburger und Solothurner erwähnt. —
Hauptwaffe der vollgerüsteten Reisigen ist auch bet den Eidgenossen die Lanze.

Was die Artillerie betrifft, so führten frühe schon die Schweizer eine
^re leicht beweglicher Geschütze kleinen Kalibers auch im offenen Feld mit,
^weilen so leicht, daß sie nur mit einem Pferde bespannt waren. — Das
elagerungsgeschütz anlangend, setzte im 15. Jahrhundert jede Stadt eine
vesondere Ehre darin, möglichst schwere Kanonen zu besitzen. Die großen
einbüchsen, welche ein oder mehrzentnerige Steinkugeln schössen, hieß man
»setzen", die langröhrigen Geschütze aber, welche eiserne Kugeln schössen, be-
annte man, wohl nach ihrer Gestalt, „Schlangen", und falls sie bet klei¬
nem Kaliber auch im Gefecht gebraucht wurden, „Feldschlangen". — Uebrigens



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[0373] schützen, das Land 16, die Stadt 103 Spieße, das Land 346. die Stadt 361 Hellebarden, das Land 1238. Die Hellebardiere machten also in der Stadt mehr als die Hälfte der Mannschaft aus. und auf dem Lande waren sie noch stärker vertreten. Im Ganzen verhält sich die Summe der Helle¬ barden gegen alle übrigen Waffen wie 3 zu 2; von sämmtlichen blanken Waffen machen die Spieße nur wenig mehr aus als den vierten Theil, und die Fernwaffen verhalten sich zu den blanken Waffen überhaupt nur wie ungefähr 1 zu 4. — Die Schützen erscheinen unter solchen Verhältnissen als eine nicht zahlreiche. doch in großem Ansehn stehende SpezialWaffe, von der in der Stadt ^, auf dem Lande nur V20 Feuerwaffen führte.*) Im Frieden bildeten die Schützen Gesellschaften, welche sich namhafter Begünstigungen von Seiten des Staates erfreuten. Im Felde formirter sie meist eine besondere Abtheilung und zogen unter eigener Fahne, dem sogenannten »Schützenvenly". Die Reiterei der Eidgenossen war gleichfalls wenig zahlreich; doch hat dieselbe zuweilen gute Dienste geleistet. Ihr Entstehen dürfte dem in den Städten oder auf dem Lande angesessenen Adel, sowie überhaupt den Besitzern lehenspflichtiger Güter zu verdanken sein. Mit der Zeit haben dann auch die sogenannten „Junker"- oder „Constabel-Zünfte" und überhaupt die vornehmeren oder reicheren Bürger, welche es vorzogen. zu Pferde zu die¬ nen, einen Beitrag zur Vermehrung der Reiterei geliefert. Schon im 14. Jahr¬ hundert geschieht des „Roßpanners" der Berner Erwähnung. Unter ihm Zogen gewöhnlich (so z. B. 1415) fünfzig Reisige oder Lanzen. Daß Bern unter allen Eidgenossen die zahlreichste Reiterei ins Feld stellen konnte, ist sowohl durch die wette Ausdehnung des Gebiets. als durch den Umstand erklärlich, daß gerade auf dem Berner Lande der meiste Adel, welcher lehens- Pflichtige Güter besaß, angesessen war. Nebst der Reiterei der Berner wird ^ 2^hrhundert auch die der Freiburger und Solothurner erwähnt. — Hauptwaffe der vollgerüsteten Reisigen ist auch bet den Eidgenossen die Lanze. Was die Artillerie betrifft, so führten frühe schon die Schweizer eine ^re leicht beweglicher Geschütze kleinen Kalibers auch im offenen Feld mit, ^weilen so leicht, daß sie nur mit einem Pferde bespannt waren. — Das elagerungsgeschütz anlangend, setzte im 15. Jahrhundert jede Stadt eine vesondere Ehre darin, möglichst schwere Kanonen zu besitzen. Die großen einbüchsen, welche ein oder mehrzentnerige Steinkugeln schössen, hieß man »setzen", die langröhrigen Geschütze aber, welche eiserne Kugeln schössen, be- annte man, wohl nach ihrer Gestalt, „Schlangen", und falls sie bet klei¬ nem Kaliber auch im Gefecht gebraucht wurden, „Feldschlangen". — Uebrigens ") Rüstow a. «. O. Grenboten IV. 187S. 47

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/373>, abgerufen am 22.07.2024.