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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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es freilich für längere Zeit nicht mehr Salons pilzartig emporgeschossener Börsen¬
größen auszurüsten mit salonfähiger Literatur, bei deren Auswahl meist die
Arbeit des Buchbinders den Ausschlag gab. Aber der Geschmack an wirklich
Schönem und Gutem, die Förderung wahrhaft künstlerischer Bestrebungen ist
sicherlich seit dem großen Krach nicht geringer geworden. Solange junge
Herzen frisch und warm empfinden, werden z. B. Werke, wie sie die Arnol¬
dische Buchhandlung in Leipzig bietet "im Frühling, Lenzlieder deutscher
Dichter, mit acht Illustrationen in Farbendruck von Hermine Stille", nicht
unbeachtet bleiben. Beweis dafür ist, daß dieses Werk zum bevorstehenden
Feste schon in zweiter Ausgabe erscheint. Die Auswahl des Textes ist mit
feiner Empfindung getroffen. Die Illustrationen der Künstlerin, welche in
der lithographischen Anstalt von I. G. Bach in Leipzig mit rühmlicher Voll¬
endung in Farbendruck wiedergegeben wurden, stellen in sinnigster Anordnung
die deutsche Flora des Frühjahrs -- theilweise in sehr gelungener und origi'
netter Verbindung mit landschaftlichen Motiven -- zusammen. Die reiche
Ausstattung, welche allen Werken dieses Verlags eigen ist, fehlt natürlich
auch diesem Buche nicht.

Eine naturgemäß bei weitem größere Vielseitigkeit des Textes bietet das
Album deutscher Kunst und Dichtung von Friedrich Boden se ete,
mit Illustrationen (Holzschnitten) von Thumann, Ludwig Richter, Pietsch,
Riesstahl, Cloos, Vautier, Beyschlag. Piloty u. A., das nun schon in dritter
umgearbeiteter Auflage im Verlag der G. Grote'schen Verlagshandlung in
Berlin erschienen ist. Friedrich Bodenstedt, dessen Feder noch in späten
Jahren Gaben darbringt, welche den ungewöhnlichen Erfolg seiner früheren
Dichtungen zu erreichen versprechen, dürfte wohl einer der berufensten Her¬
ausgeber einer solchen Sammlung sein. Wir meinen, es ist zwar das Selbst¬
verständlichste, aber von den wenigsten der gleichartigen Sammlungen erreichte
Lob, das man dieser Auswahl darbringen kann, wenn man sagt, sie zwingt
den Leser dazu gelesen zu werden, mit nachhaltiger Freude gelesen zu werden,
und die Illustrationen stehen fast durchweg auf der Höhe der Dichtungen,
die Bodenstedt's feines Gefühl in dieser Sammlung vereinigte. Die vorzüg¬
lichsten deutschen Xylographen, Brend'amour u. A. haben ihr Bestes gethan,
um das Werk des Zeichners zu gebührender Geltung zu bringen.

Uebrigens ist bekanntermaßen dieses Album keineswegs das einzige Fest¬
geschenk, welches der Grote'sche Verlag uns bietet. Hier erschien die erste
illustrirte deutsche Ausgabe des Shakespeare in Lieferungen, die nun.
seit kurzer Zeit abgeschlossen, bereits in zweiter Auflage vor uns liegt. Die acht
geschmackvollen Bände werden allen Verehrern des großen Briten, der trotz
der kleinlichen Angriffe kleiner Geister immer als der vornehmste Vertreter des
germanischen Dramas gelten wird, eine hochwillkommene Weihnachtsgabe sein.


es freilich für längere Zeit nicht mehr Salons pilzartig emporgeschossener Börsen¬
größen auszurüsten mit salonfähiger Literatur, bei deren Auswahl meist die
Arbeit des Buchbinders den Ausschlag gab. Aber der Geschmack an wirklich
Schönem und Gutem, die Förderung wahrhaft künstlerischer Bestrebungen ist
sicherlich seit dem großen Krach nicht geringer geworden. Solange junge
Herzen frisch und warm empfinden, werden z. B. Werke, wie sie die Arnol¬
dische Buchhandlung in Leipzig bietet „im Frühling, Lenzlieder deutscher
Dichter, mit acht Illustrationen in Farbendruck von Hermine Stille", nicht
unbeachtet bleiben. Beweis dafür ist, daß dieses Werk zum bevorstehenden
Feste schon in zweiter Ausgabe erscheint. Die Auswahl des Textes ist mit
feiner Empfindung getroffen. Die Illustrationen der Künstlerin, welche in
der lithographischen Anstalt von I. G. Bach in Leipzig mit rühmlicher Voll¬
endung in Farbendruck wiedergegeben wurden, stellen in sinnigster Anordnung
die deutsche Flora des Frühjahrs — theilweise in sehr gelungener und origi'
netter Verbindung mit landschaftlichen Motiven — zusammen. Die reiche
Ausstattung, welche allen Werken dieses Verlags eigen ist, fehlt natürlich
auch diesem Buche nicht.

Eine naturgemäß bei weitem größere Vielseitigkeit des Textes bietet das
Album deutscher Kunst und Dichtung von Friedrich Boden se ete,
mit Illustrationen (Holzschnitten) von Thumann, Ludwig Richter, Pietsch,
Riesstahl, Cloos, Vautier, Beyschlag. Piloty u. A., das nun schon in dritter
umgearbeiteter Auflage im Verlag der G. Grote'schen Verlagshandlung in
Berlin erschienen ist. Friedrich Bodenstedt, dessen Feder noch in späten
Jahren Gaben darbringt, welche den ungewöhnlichen Erfolg seiner früheren
Dichtungen zu erreichen versprechen, dürfte wohl einer der berufensten Her¬
ausgeber einer solchen Sammlung sein. Wir meinen, es ist zwar das Selbst¬
verständlichste, aber von den wenigsten der gleichartigen Sammlungen erreichte
Lob, das man dieser Auswahl darbringen kann, wenn man sagt, sie zwingt
den Leser dazu gelesen zu werden, mit nachhaltiger Freude gelesen zu werden,
und die Illustrationen stehen fast durchweg auf der Höhe der Dichtungen,
die Bodenstedt's feines Gefühl in dieser Sammlung vereinigte. Die vorzüg¬
lichsten deutschen Xylographen, Brend'amour u. A. haben ihr Bestes gethan,
um das Werk des Zeichners zu gebührender Geltung zu bringen.

Uebrigens ist bekanntermaßen dieses Album keineswegs das einzige Fest¬
geschenk, welches der Grote'sche Verlag uns bietet. Hier erschien die erste
illustrirte deutsche Ausgabe des Shakespeare in Lieferungen, die nun.
seit kurzer Zeit abgeschlossen, bereits in zweiter Auflage vor uns liegt. Die acht
geschmackvollen Bände werden allen Verehrern des großen Briten, der trotz
der kleinlichen Angriffe kleiner Geister immer als der vornehmste Vertreter des
germanischen Dramas gelten wird, eine hochwillkommene Weihnachtsgabe sein.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/360>, abgerufen am 24.08.2024.