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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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Da der wichtigste Factor dabei die technische Ausbildung der Bevölkerung
ist, so ist gleichzeitig eine Kenntniß aller der Anstalten wünschenswert!), welche
in verschiednen Ländern zur technischen Ausbildung der ländlichen Bevölkerung
getroffen und eingerichtet worden sind, z. B. Zeichnen-, Holzschnitzer- und Uhr-
macherschulen.

Das Gesammtresultat einer solchen Untersuchung würde, systematisch ge¬
sichtet, den Blick außerordentlich erweitern, es würde dazu dienen, die zweck¬
mäßigsten Erwerbszweige und Methoden für die Einführung der Hausindustrie
zu finden und was ebenso wichtig ist, zur allgemeinen Kenntniß zu bringen.
Denn gegenwärtig giebt es immer noch eine Menge von Gegenden, wo das
Landvolk noch seinen Stolz darin findet, während des Winters zu spinnen
und zu stricken. Männer finden allerdings noch hinreichende Winterbeschäfti¬
gung am Dreschen, Holzfällen, allein man darf sich keinen Illusionen hingeben,
daß im großen Ganzen genommen auch die Tage des Dreschens gezählt sind.
Wenn gegenwärtig Dampf-, Wasser- und Göppeldreschmaschinen nur von
größeren Gutsbesitzern verwendet werden, so kann man doch schon an ein¬
zelnen Beispielen in England, am Rhein und Mitteldeutschland wahrnehmen,
daß die Arbeit des Dreschens allmählich auch bei den Bauern der Maschine
zufallen wird, sei es daß einzelne Unternehmer mit wandernden Dampfdresch¬
maschinen dieses Geschäft lohnweise verrichten oder daß sich Genossenschaften
bilden oder daß die Gemeinde die betreffende Einrichtung trifft oder daß, rv"
die Wasserkräfte ausreichen, diese Verrichtung mit der Mühle verknüpft wird.
Es entsteht dann die Frage, welcher Ersatz kann für die entfallende Arbeit
geboten werden? Solange der Boden nicht gefroren oder von Schnee bedeckt
ist, giebt es in Feld und Wald für den umsichtigen Landwirth vollauf
thun. Es brauchen nur die Canalisirung und Drainirung der Aecker, sow^
die Berieselungsanstalten der Wiesen besser als es bisher geschieht, eingerichtet
und gepflegt zu werden und es giebt dann im Spätherbst und Frühjahr
neben den regelmäßigen Bestellungsarbeiten für die Männer genug zu thun-
Hingegen bleiben doch drei Wintermonate, für welche an die Stelle des
mählich wegfallenden Dreschens eine neue Beschäftigung für die Männer ge'
funden werden sollte. Die wichtigste Frage bleibt aber der Ersatz für die
bisher gewöhnliche Beschäftigung der Frauen, da das Spinnen allmählich
ganz unhaltbar geworden ist und die Frauen, obwohl sie in den ländlich^
Arbeiten namentlich im Sommer mitwirken, doch nicht so ständig dabei be-°
schäftigt zu werden Pflegen als die Männer.

(Fortsetzung folgt).




Verantwortlicher Redakteur: or. Hans Blum in Leipzig.
Verlag von F. L. Hcrvig in Leipzig. -- Druck von Hüthel Herrmann in Leipzig-
I

Da der wichtigste Factor dabei die technische Ausbildung der Bevölkerung
ist, so ist gleichzeitig eine Kenntniß aller der Anstalten wünschenswert!), welche
in verschiednen Ländern zur technischen Ausbildung der ländlichen Bevölkerung
getroffen und eingerichtet worden sind, z. B. Zeichnen-, Holzschnitzer- und Uhr-
macherschulen.

Das Gesammtresultat einer solchen Untersuchung würde, systematisch ge¬
sichtet, den Blick außerordentlich erweitern, es würde dazu dienen, die zweck¬
mäßigsten Erwerbszweige und Methoden für die Einführung der Hausindustrie
zu finden und was ebenso wichtig ist, zur allgemeinen Kenntniß zu bringen.
Denn gegenwärtig giebt es immer noch eine Menge von Gegenden, wo das
Landvolk noch seinen Stolz darin findet, während des Winters zu spinnen
und zu stricken. Männer finden allerdings noch hinreichende Winterbeschäfti¬
gung am Dreschen, Holzfällen, allein man darf sich keinen Illusionen hingeben,
daß im großen Ganzen genommen auch die Tage des Dreschens gezählt sind.
Wenn gegenwärtig Dampf-, Wasser- und Göppeldreschmaschinen nur von
größeren Gutsbesitzern verwendet werden, so kann man doch schon an ein¬
zelnen Beispielen in England, am Rhein und Mitteldeutschland wahrnehmen,
daß die Arbeit des Dreschens allmählich auch bei den Bauern der Maschine
zufallen wird, sei es daß einzelne Unternehmer mit wandernden Dampfdresch¬
maschinen dieses Geschäft lohnweise verrichten oder daß sich Genossenschaften
bilden oder daß die Gemeinde die betreffende Einrichtung trifft oder daß, rv»
die Wasserkräfte ausreichen, diese Verrichtung mit der Mühle verknüpft wird.
Es entsteht dann die Frage, welcher Ersatz kann für die entfallende Arbeit
geboten werden? Solange der Boden nicht gefroren oder von Schnee bedeckt
ist, giebt es in Feld und Wald für den umsichtigen Landwirth vollauf
thun. Es brauchen nur die Canalisirung und Drainirung der Aecker, sow^
die Berieselungsanstalten der Wiesen besser als es bisher geschieht, eingerichtet
und gepflegt zu werden und es giebt dann im Spätherbst und Frühjahr
neben den regelmäßigen Bestellungsarbeiten für die Männer genug zu thun-
Hingegen bleiben doch drei Wintermonate, für welche an die Stelle des
mählich wegfallenden Dreschens eine neue Beschäftigung für die Männer ge'
funden werden sollte. Die wichtigste Frage bleibt aber der Ersatz für die
bisher gewöhnliche Beschäftigung der Frauen, da das Spinnen allmählich
ganz unhaltbar geworden ist und die Frauen, obwohl sie in den ländlich^
Arbeiten namentlich im Sommer mitwirken, doch nicht so ständig dabei be-°
schäftigt zu werden Pflegen als die Männer.

(Fortsetzung folgt).




Verantwortlicher Redakteur: or. Hans Blum in Leipzig.
Verlag von F. L. Hcrvig in Leipzig. — Druck von Hüthel Herrmann in Leipzig-
I

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[0164] Da der wichtigste Factor dabei die technische Ausbildung der Bevölkerung ist, so ist gleichzeitig eine Kenntniß aller der Anstalten wünschenswert!), welche in verschiednen Ländern zur technischen Ausbildung der ländlichen Bevölkerung getroffen und eingerichtet worden sind, z. B. Zeichnen-, Holzschnitzer- und Uhr- macherschulen. Das Gesammtresultat einer solchen Untersuchung würde, systematisch ge¬ sichtet, den Blick außerordentlich erweitern, es würde dazu dienen, die zweck¬ mäßigsten Erwerbszweige und Methoden für die Einführung der Hausindustrie zu finden und was ebenso wichtig ist, zur allgemeinen Kenntniß zu bringen. Denn gegenwärtig giebt es immer noch eine Menge von Gegenden, wo das Landvolk noch seinen Stolz darin findet, während des Winters zu spinnen und zu stricken. Männer finden allerdings noch hinreichende Winterbeschäfti¬ gung am Dreschen, Holzfällen, allein man darf sich keinen Illusionen hingeben, daß im großen Ganzen genommen auch die Tage des Dreschens gezählt sind. Wenn gegenwärtig Dampf-, Wasser- und Göppeldreschmaschinen nur von größeren Gutsbesitzern verwendet werden, so kann man doch schon an ein¬ zelnen Beispielen in England, am Rhein und Mitteldeutschland wahrnehmen, daß die Arbeit des Dreschens allmählich auch bei den Bauern der Maschine zufallen wird, sei es daß einzelne Unternehmer mit wandernden Dampfdresch¬ maschinen dieses Geschäft lohnweise verrichten oder daß sich Genossenschaften bilden oder daß die Gemeinde die betreffende Einrichtung trifft oder daß, rv» die Wasserkräfte ausreichen, diese Verrichtung mit der Mühle verknüpft wird. Es entsteht dann die Frage, welcher Ersatz kann für die entfallende Arbeit geboten werden? Solange der Boden nicht gefroren oder von Schnee bedeckt ist, giebt es in Feld und Wald für den umsichtigen Landwirth vollauf thun. Es brauchen nur die Canalisirung und Drainirung der Aecker, sow^ die Berieselungsanstalten der Wiesen besser als es bisher geschieht, eingerichtet und gepflegt zu werden und es giebt dann im Spätherbst und Frühjahr neben den regelmäßigen Bestellungsarbeiten für die Männer genug zu thun- Hingegen bleiben doch drei Wintermonate, für welche an die Stelle des mählich wegfallenden Dreschens eine neue Beschäftigung für die Männer ge' funden werden sollte. Die wichtigste Frage bleibt aber der Ersatz für die bisher gewöhnliche Beschäftigung der Frauen, da das Spinnen allmählich ganz unhaltbar geworden ist und die Frauen, obwohl sie in den ländlich^ Arbeiten namentlich im Sommer mitwirken, doch nicht so ständig dabei be-° schäftigt zu werden Pflegen als die Männer. (Fortsetzung folgt). Verantwortlicher Redakteur: or. Hans Blum in Leipzig. Verlag von F. L. Hcrvig in Leipzig. — Druck von Hüthel Herrmann in Leipzig- I

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/164>, abgerufen am 22.07.2024.