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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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trete denselben nicht Passiren könnte, während dagegen der Rachen sehr gut
eine ziemlich große Schaluppe mit seiner Mannchaft aufzunehmen im Stande
ist, und man kann daher recht wohl versichern, daß, wenn der Prophet Jonas,
wie die Bibel erzählt, durch einen riesenhaften Fisch verschlungen worden ist,
dies kein Wallfisch gewesen sein kann. Das Oel, welches man aus dem Fett
der Cetaceen fabrizirt, dient gewöhnlich zur Erleuchtung, zur Zurichtung des
Leders u. s. w. Für die Herstellung gewisser Webstoffe ist dieses Oel fast
einzig und allein verwendbar. Unglücklicherweise ist es mit der Zeit immer
seltener geworden und der Preis desselben hat eine ziemlich beträchtliche Höhe
erreicht. Nach statistischen Feststellungen hatte im Jahre 1839 der Wallfisch¬
fang 2078 Tonnen Oel geliefert, im Jahre 1860 dagegen nur 1909 und
l>n Jahre 1861 schon nur 1710 Tonnen; seitdem ist die Tonnenzahl immer
geringer geworden, und im Jahre 1864 haben mehrere Gesellschaften, welche
diesen Handel ausbeuten wollten. Bankerott gemacht. Nach Frankreich werden
jährlich ungefähr für zwei Millionen Wallfischbarden und für ein und eine
halbe bis zwei Millionen Oel eingeführt; die Ausfuhr ist gar nicht nen¬
nenswert!).

Außer jenen allgemein nützlichen Dingen liefert der Wallfisch auch Ma¬
terial für Feinschmecker. Das Fleisch des Wallfisches hat einen so delikaten
Geschmack, daß dasselbe, wie man sagt, lange Zeit ein Gericht auf der könig¬
lichen Tafel in England bildete. Im 16. Jahrhundert servirte man von
diesem Fleisch regelmäßig an der Tafel der Gräfin Leicester, und diejenigen
Wallfische, welche in der Themse gefangen wurden, gehörten von Rechtswegen
dem Lord-Mayor, der dieselben bei den Gemeindefestlichkeiten serviren ließ.
Im Jahre 1243 forderte Heinrich III. die Sheriff von London auf, für seine
Tafel 100 Stück Wallfische zu liefern.

Heutzutage fängt man den Wallfisch nicht mehr mit jener primitiven
Harpune wie ehedem. Der Fang mit jenem Instrument war äußerst lang¬
wierig. Wenn man den Wallfisch mit der Harpune gefaßt hatte, und die¬
selbe in das Fleisch des Thieres fest eingezogen war, begann ein tolles
Jagen; das Opfer floh mit unglaublicher Schnelligkeit, tauchte auf den Grund
des Meeres unter, schoß wieder bis zum Spiegel in die Höhe, um Lust zu
schöpfen und so dauerte das Rennen fort, bis das Thier, durch die Anstrengung
und den Blutverlust erschöpft auf der Meeresoberfläche schwimmend unter den
Lanzenstichen seiner unerbittlichen Feinde erlag. Die Neuzeit hat diese Jagd
UM Einiges vereinfacht. Die Amerikaner, erfindungsreich wie sie sind, haben
den Hakenspieß durch eine "Bomben-Lanze", wie sie die Vorrichtung nennen,
ersetzt. Es ist dies ein explosibles Projektil, welches aus einem Gewehr ge¬
worfen wird, das 24 bis 48 Meter, d. h. in seemännischer Rechnung 16 bis
3v Faden weit trägt. Diese Bombe ist nichts anderes als eine gegossene


trete denselben nicht Passiren könnte, während dagegen der Rachen sehr gut
eine ziemlich große Schaluppe mit seiner Mannchaft aufzunehmen im Stande
ist, und man kann daher recht wohl versichern, daß, wenn der Prophet Jonas,
wie die Bibel erzählt, durch einen riesenhaften Fisch verschlungen worden ist,
dies kein Wallfisch gewesen sein kann. Das Oel, welches man aus dem Fett
der Cetaceen fabrizirt, dient gewöhnlich zur Erleuchtung, zur Zurichtung des
Leders u. s. w. Für die Herstellung gewisser Webstoffe ist dieses Oel fast
einzig und allein verwendbar. Unglücklicherweise ist es mit der Zeit immer
seltener geworden und der Preis desselben hat eine ziemlich beträchtliche Höhe
erreicht. Nach statistischen Feststellungen hatte im Jahre 1839 der Wallfisch¬
fang 2078 Tonnen Oel geliefert, im Jahre 1860 dagegen nur 1909 und
l>n Jahre 1861 schon nur 1710 Tonnen; seitdem ist die Tonnenzahl immer
geringer geworden, und im Jahre 1864 haben mehrere Gesellschaften, welche
diesen Handel ausbeuten wollten. Bankerott gemacht. Nach Frankreich werden
jährlich ungefähr für zwei Millionen Wallfischbarden und für ein und eine
halbe bis zwei Millionen Oel eingeführt; die Ausfuhr ist gar nicht nen¬
nenswert!).

Außer jenen allgemein nützlichen Dingen liefert der Wallfisch auch Ma¬
terial für Feinschmecker. Das Fleisch des Wallfisches hat einen so delikaten
Geschmack, daß dasselbe, wie man sagt, lange Zeit ein Gericht auf der könig¬
lichen Tafel in England bildete. Im 16. Jahrhundert servirte man von
diesem Fleisch regelmäßig an der Tafel der Gräfin Leicester, und diejenigen
Wallfische, welche in der Themse gefangen wurden, gehörten von Rechtswegen
dem Lord-Mayor, der dieselben bei den Gemeindefestlichkeiten serviren ließ.
Im Jahre 1243 forderte Heinrich III. die Sheriff von London auf, für seine
Tafel 100 Stück Wallfische zu liefern.

Heutzutage fängt man den Wallfisch nicht mehr mit jener primitiven
Harpune wie ehedem. Der Fang mit jenem Instrument war äußerst lang¬
wierig. Wenn man den Wallfisch mit der Harpune gefaßt hatte, und die¬
selbe in das Fleisch des Thieres fest eingezogen war, begann ein tolles
Jagen; das Opfer floh mit unglaublicher Schnelligkeit, tauchte auf den Grund
des Meeres unter, schoß wieder bis zum Spiegel in die Höhe, um Lust zu
schöpfen und so dauerte das Rennen fort, bis das Thier, durch die Anstrengung
und den Blutverlust erschöpft auf der Meeresoberfläche schwimmend unter den
Lanzenstichen seiner unerbittlichen Feinde erlag. Die Neuzeit hat diese Jagd
UM Einiges vereinfacht. Die Amerikaner, erfindungsreich wie sie sind, haben
den Hakenspieß durch eine „Bomben-Lanze", wie sie die Vorrichtung nennen,
ersetzt. Es ist dies ein explosibles Projektil, welches aus einem Gewehr ge¬
worfen wird, das 24 bis 48 Meter, d. h. in seemännischer Rechnung 16 bis
3v Faden weit trägt. Diese Bombe ist nichts anderes als eine gegossene


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/111>, abgerufen am 22.07.2024.