Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

immer wünschen kann. Auch ist die Errichtung solcher Fellowships in ihrer
ursprünglichen Idee gewiß als eine vorzügliche zu bezeichnen, indem dadurch
einer Anzahl von jungen Leuten, die ihre Examina mit Auszeichnung bestan¬
den haben, Gelegenheit gegeben wird, während einer weiteren Reihe von
Jahren in vollständig unabhängiger, sorgenfreier, ja glänzender Stellung,
unterstützt von den reichsten wissenschaftlichen Hülfsmitteln, ihre Kenntnisse zu
erweitern und diese dann wieder der Universität zu Gute kommen zu lassen.
Manchmal freilich sind diese Stellen durch Vorschrift des Stifters an gewisse
Familien, Schulen oder Grafschaften gebunden, für gewöhnlich jedoch hängt
die Besetzung einer Vacanz von der Wahl der Fellows selber ab. Leider
wurde aber, wie schon bemerkt, der ursprüngliche gute Zweck durch verschiedene
Mißbräuche, namentlich die lebenslängliche Berechtigung sehr beeinträchtigt,
indem, wie leicht begreiflich, die weniger Strebsamen nach Erlangung einer
solchen Sinecure oftmals alles ernsthafte Studiren völlig aufgeben, da sie ja
entweder im College lebenslänglich versorgt sind oder nach einiger Zeit sta¬
tutenmäßig oder auch oft freiwillig in den geistlichen Stand treten und als¬
dann leicht in den Besitz einer der zahlreichen von dem College abhängigen
Pfarreien gelangen können, womit dann gewöhnlich auch die Ehelosigkeit ein
vergnügtes Ende nimmt. Indeß geben die tüchtigeren Leute nach einer Reihe
von Jahren in der Regel aus freien Stücken jene Stellungen auf, um in ir¬
gend einen praktischen Lebensberuf überzutreten, wofür sie sich während der
Dauer und mit Hülfe ihres Fellowship vorbereitet haben. Denn nach Ver¬
lauf einer bestimmten Aufenthaltszeit im College bindet sie meistens nichts
mehr an dasselbe; so lange sie unverheiratet bleiben und nicht irgend ein
sehr einträgliches Amt annehmen -- die Grenze des erlaubten Uebereinkom¬
mens ist meistens angegeben -- können sie ihr College-Einkommen verzehren
wo sie wollen, also etwa in London sich für die Juristen-Carriöre vorbereiten,
oder auch, wie dies neuerdings manchmal geschieht, auf irgend einer Universi¬
tät des Continents weiter studiren. Dieß ist gewiß eine vortreffliche Ein¬
richtung, und bei den reichen Mitteln der Colleges kann es kaum in Betracht
kommen, wenn hin' und wieder in Folge der großen Freiheiten im Genuß
solcher Stipendien das eine oder das andere nicht in der würdigsten Weise
verwandt wird. Im Allgemeinen muß anerkannt werden, daß man bemüht
ist, Mißbräuche und Auswüchse nach und nach zu beseitigen, und wenn uns
auch zuweilen einzelne in den Colleges alt und grau gewordene Fellows be¬
gegnen, die für nichts weiter besonders viel Interesse an den Tag legen, als
etwa für die Besetzung der letzten vacanten Pfarreien oder etwa für Fuchs¬
jagden, Angeln, Wettrennen und tgi., so wird doch jeder unbefangene Be¬
obachter gern anerkennen, daß unter den jüngeren Mitgliedern ein tüchtiger,


Grcnzvotcn II. 187g, 12

immer wünschen kann. Auch ist die Errichtung solcher Fellowships in ihrer
ursprünglichen Idee gewiß als eine vorzügliche zu bezeichnen, indem dadurch
einer Anzahl von jungen Leuten, die ihre Examina mit Auszeichnung bestan¬
den haben, Gelegenheit gegeben wird, während einer weiteren Reihe von
Jahren in vollständig unabhängiger, sorgenfreier, ja glänzender Stellung,
unterstützt von den reichsten wissenschaftlichen Hülfsmitteln, ihre Kenntnisse zu
erweitern und diese dann wieder der Universität zu Gute kommen zu lassen.
Manchmal freilich sind diese Stellen durch Vorschrift des Stifters an gewisse
Familien, Schulen oder Grafschaften gebunden, für gewöhnlich jedoch hängt
die Besetzung einer Vacanz von der Wahl der Fellows selber ab. Leider
wurde aber, wie schon bemerkt, der ursprüngliche gute Zweck durch verschiedene
Mißbräuche, namentlich die lebenslängliche Berechtigung sehr beeinträchtigt,
indem, wie leicht begreiflich, die weniger Strebsamen nach Erlangung einer
solchen Sinecure oftmals alles ernsthafte Studiren völlig aufgeben, da sie ja
entweder im College lebenslänglich versorgt sind oder nach einiger Zeit sta¬
tutenmäßig oder auch oft freiwillig in den geistlichen Stand treten und als¬
dann leicht in den Besitz einer der zahlreichen von dem College abhängigen
Pfarreien gelangen können, womit dann gewöhnlich auch die Ehelosigkeit ein
vergnügtes Ende nimmt. Indeß geben die tüchtigeren Leute nach einer Reihe
von Jahren in der Regel aus freien Stücken jene Stellungen auf, um in ir¬
gend einen praktischen Lebensberuf überzutreten, wofür sie sich während der
Dauer und mit Hülfe ihres Fellowship vorbereitet haben. Denn nach Ver¬
lauf einer bestimmten Aufenthaltszeit im College bindet sie meistens nichts
mehr an dasselbe; so lange sie unverheiratet bleiben und nicht irgend ein
sehr einträgliches Amt annehmen — die Grenze des erlaubten Uebereinkom¬
mens ist meistens angegeben — können sie ihr College-Einkommen verzehren
wo sie wollen, also etwa in London sich für die Juristen-Carriöre vorbereiten,
oder auch, wie dies neuerdings manchmal geschieht, auf irgend einer Universi¬
tät des Continents weiter studiren. Dieß ist gewiß eine vortreffliche Ein¬
richtung, und bei den reichen Mitteln der Colleges kann es kaum in Betracht
kommen, wenn hin' und wieder in Folge der großen Freiheiten im Genuß
solcher Stipendien das eine oder das andere nicht in der würdigsten Weise
verwandt wird. Im Allgemeinen muß anerkannt werden, daß man bemüht
ist, Mißbräuche und Auswüchse nach und nach zu beseitigen, und wenn uns
auch zuweilen einzelne in den Colleges alt und grau gewordene Fellows be¬
gegnen, die für nichts weiter besonders viel Interesse an den Tag legen, als
etwa für die Besetzung der letzten vacanten Pfarreien oder etwa für Fuchs¬
jagden, Angeln, Wettrennen und tgi., so wird doch jeder unbefangene Be¬
obachter gern anerkennen, daß unter den jüngeren Mitgliedern ein tüchtiger,


Grcnzvotcn II. 187g, 12
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0093" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133381"/>
          <p xml:id="ID_278" prev="#ID_277" next="#ID_279"> immer wünschen kann. Auch ist die Errichtung solcher Fellowships in ihrer<lb/>
ursprünglichen Idee gewiß als eine vorzügliche zu bezeichnen, indem dadurch<lb/>
einer Anzahl von jungen Leuten, die ihre Examina mit Auszeichnung bestan¬<lb/>
den haben, Gelegenheit gegeben wird, während einer weiteren Reihe von<lb/>
Jahren in vollständig unabhängiger, sorgenfreier, ja glänzender Stellung,<lb/>
unterstützt von den reichsten wissenschaftlichen Hülfsmitteln, ihre Kenntnisse zu<lb/>
erweitern und diese dann wieder der Universität zu Gute kommen zu lassen.<lb/>
Manchmal freilich sind diese Stellen durch Vorschrift des Stifters an gewisse<lb/>
Familien, Schulen oder Grafschaften gebunden, für gewöhnlich jedoch hängt<lb/>
die Besetzung einer Vacanz von der Wahl der Fellows selber ab. Leider<lb/>
wurde aber, wie schon bemerkt, der ursprüngliche gute Zweck durch verschiedene<lb/>
Mißbräuche, namentlich die lebenslängliche Berechtigung sehr beeinträchtigt,<lb/>
indem, wie leicht begreiflich, die weniger Strebsamen nach Erlangung einer<lb/>
solchen Sinecure oftmals alles ernsthafte Studiren völlig aufgeben, da sie ja<lb/>
entweder im College lebenslänglich versorgt sind oder nach einiger Zeit sta¬<lb/>
tutenmäßig oder auch oft freiwillig in den geistlichen Stand treten und als¬<lb/>
dann leicht in den Besitz einer der zahlreichen von dem College abhängigen<lb/>
Pfarreien gelangen können, womit dann gewöhnlich auch die Ehelosigkeit ein<lb/>
vergnügtes Ende nimmt. Indeß geben die tüchtigeren Leute nach einer Reihe<lb/>
von Jahren in der Regel aus freien Stücken jene Stellungen auf, um in ir¬<lb/>
gend einen praktischen Lebensberuf überzutreten, wofür sie sich während der<lb/>
Dauer und mit Hülfe ihres Fellowship vorbereitet haben. Denn nach Ver¬<lb/>
lauf einer bestimmten Aufenthaltszeit im College bindet sie meistens nichts<lb/>
mehr an dasselbe; so lange sie unverheiratet bleiben und nicht irgend ein<lb/>
sehr einträgliches Amt annehmen &#x2014; die Grenze des erlaubten Uebereinkom¬<lb/>
mens ist meistens angegeben &#x2014; können sie ihr College-Einkommen verzehren<lb/>
wo sie wollen, also etwa in London sich für die Juristen-Carriöre vorbereiten,<lb/>
oder auch, wie dies neuerdings manchmal geschieht, auf irgend einer Universi¬<lb/>
tät des Continents weiter studiren. Dieß ist gewiß eine vortreffliche Ein¬<lb/>
richtung, und bei den reichen Mitteln der Colleges kann es kaum in Betracht<lb/>
kommen, wenn hin' und wieder in Folge der großen Freiheiten im Genuß<lb/>
solcher Stipendien das eine oder das andere nicht in der würdigsten Weise<lb/>
verwandt wird. Im Allgemeinen muß anerkannt werden, daß man bemüht<lb/>
ist, Mißbräuche und Auswüchse nach und nach zu beseitigen, und wenn uns<lb/>
auch zuweilen einzelne in den Colleges alt und grau gewordene Fellows be¬<lb/>
gegnen, die für nichts weiter besonders viel Interesse an den Tag legen, als<lb/>
etwa für die Besetzung der letzten vacanten Pfarreien oder etwa für Fuchs¬<lb/>
jagden, Angeln, Wettrennen und tgi., so wird doch jeder unbefangene Be¬<lb/>
obachter gern anerkennen, daß unter den jüngeren Mitgliedern ein tüchtiger,</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grcnzvotcn II. 187g, 12</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0093] immer wünschen kann. Auch ist die Errichtung solcher Fellowships in ihrer ursprünglichen Idee gewiß als eine vorzügliche zu bezeichnen, indem dadurch einer Anzahl von jungen Leuten, die ihre Examina mit Auszeichnung bestan¬ den haben, Gelegenheit gegeben wird, während einer weiteren Reihe von Jahren in vollständig unabhängiger, sorgenfreier, ja glänzender Stellung, unterstützt von den reichsten wissenschaftlichen Hülfsmitteln, ihre Kenntnisse zu erweitern und diese dann wieder der Universität zu Gute kommen zu lassen. Manchmal freilich sind diese Stellen durch Vorschrift des Stifters an gewisse Familien, Schulen oder Grafschaften gebunden, für gewöhnlich jedoch hängt die Besetzung einer Vacanz von der Wahl der Fellows selber ab. Leider wurde aber, wie schon bemerkt, der ursprüngliche gute Zweck durch verschiedene Mißbräuche, namentlich die lebenslängliche Berechtigung sehr beeinträchtigt, indem, wie leicht begreiflich, die weniger Strebsamen nach Erlangung einer solchen Sinecure oftmals alles ernsthafte Studiren völlig aufgeben, da sie ja entweder im College lebenslänglich versorgt sind oder nach einiger Zeit sta¬ tutenmäßig oder auch oft freiwillig in den geistlichen Stand treten und als¬ dann leicht in den Besitz einer der zahlreichen von dem College abhängigen Pfarreien gelangen können, womit dann gewöhnlich auch die Ehelosigkeit ein vergnügtes Ende nimmt. Indeß geben die tüchtigeren Leute nach einer Reihe von Jahren in der Regel aus freien Stücken jene Stellungen auf, um in ir¬ gend einen praktischen Lebensberuf überzutreten, wofür sie sich während der Dauer und mit Hülfe ihres Fellowship vorbereitet haben. Denn nach Ver¬ lauf einer bestimmten Aufenthaltszeit im College bindet sie meistens nichts mehr an dasselbe; so lange sie unverheiratet bleiben und nicht irgend ein sehr einträgliches Amt annehmen — die Grenze des erlaubten Uebereinkom¬ mens ist meistens angegeben — können sie ihr College-Einkommen verzehren wo sie wollen, also etwa in London sich für die Juristen-Carriöre vorbereiten, oder auch, wie dies neuerdings manchmal geschieht, auf irgend einer Universi¬ tät des Continents weiter studiren. Dieß ist gewiß eine vortreffliche Ein¬ richtung, und bei den reichen Mitteln der Colleges kann es kaum in Betracht kommen, wenn hin' und wieder in Folge der großen Freiheiten im Genuß solcher Stipendien das eine oder das andere nicht in der würdigsten Weise verwandt wird. Im Allgemeinen muß anerkannt werden, daß man bemüht ist, Mißbräuche und Auswüchse nach und nach zu beseitigen, und wenn uns auch zuweilen einzelne in den Colleges alt und grau gewordene Fellows be¬ gegnen, die für nichts weiter besonders viel Interesse an den Tag legen, als etwa für die Besetzung der letzten vacanten Pfarreien oder etwa für Fuchs¬ jagden, Angeln, Wettrennen und tgi., so wird doch jeder unbefangene Be¬ obachter gern anerkennen, daß unter den jüngeren Mitgliedern ein tüchtiger, Grcnzvotcn II. 187g, 12

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/93
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/93>, abgerufen am 06.02.2025.