Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.waren, mußte ein deutsches Kirchenregiment über Pannonien ganz von selbst Sicher hätten nun diese wenigen Priester das slawische Pannonien so waren, mußte ein deutsches Kirchenregiment über Pannonien ganz von selbst Sicher hätten nun diese wenigen Priester das slawische Pannonien so <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0434" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133722"/> <p xml:id="ID_1398" prev="#ID_1397"> waren, mußte ein deutsches Kirchenregiment über Pannonien ganz von selbst<lb/> die deutsche Einwanderung fördern. Alle Fäden dieses Regiments liefen in<lb/> Salzburg zusammen, von dort kamen die Geistlichen des Landes, dorthin<lb/> richteten sie die Blicke der Neubekehrten. Das persönliche Erscheinen der Erz-<lb/> bischöfe, die Thätigkeit der Landbischöfe, die ohne festen Sitz von Ort zu Ort<lb/> wanderten, dies Alles brachte die deutsche Kirchenmacht beständig in Erinne¬<lb/> rung. Die Geistlichen sodann mußten nothwendig zunächst wenigstens Deutsche<lb/> sein. Schon vor der Begründung einer Kirche in Mosaburg hatte Priwina<lb/> seinen Hauskaplan; ihm, der dann 850 die Mosaburger Diöcese übernahm,<lb/> folgten bis 871 noch drei deutsche Geistliche. Zwei andere, Sandrat und<lb/> Erinpart, verwalteten zur selben Zeit Pfarrstellen bei Mosaburg, ein dritter,<lb/> Gundbato, besaß eine Kirche zu Quartinaha am Plattensee und die zahl¬<lb/> reichen sonst erwähnten Kirchen setzen ebenso viele Priester voraus, gewiß mit<lb/> wenigen Ausnahmen Deutsche.</p><lb/> <p xml:id="ID_1399" next="#ID_1400"> Sicher hätten nun diese wenigen Priester das slawische Pannonien so<lb/> wenig germanisirt, wie später die deutschen Geistlichen das Polen des 10. Jahr¬<lb/> hunderts dem Deutschthume zu gewinnen vermochten. Aber an sie schloß sich<lb/> eine starke deutsche Einwanderung. Erzbischof Liupram sandte von Salzburg<lb/> „Maurer und Maler. Zimmerleute und Holzarbeiter" nach dem Plattensee,<lb/> um in Mosaburg eine Kirche zu errichten. Deutsche waren es also, die die<lb/> Mauern und das Gebälk der Kirchen aufführten, die mit Fresken, Mosaiken<lb/> und Schnitzereien sie schmückten, und mögen auch viele wieder der Heimat sich<lb/> zugewandt haben, manche blieben gewiß in dem Lande zurück, das ihnen<lb/> lohnende Arbeit geboten. Doch nicht die Gewerbtreibenden allein — und<lb/> damals ganz besonders nicht — hätten germanisirend wirken können; die<lb/> Hauptarbeit fiel der harten Kraft der deutschen Bauern zu. Da tritt nun<lb/> ein tiefer Unterschied hervox, zwischen der deutschen Auswanderung des 9. und<lb/> der des 12. und 13. Jahrhunderts. Diese letztere, veranlaßt durch eine rela¬<lb/> tive Ueberzahl der ackerbauenden Bevölkerung, welche das Landvolk in dichten<lb/> Schaaren auch in die Städte trieb und so deren raschen Aufschwung förderte,<lb/> vollzog sich durch starke Colonistenzüge freier Bauern, die aus eigner Wahl<lb/> dem Rufe eines slawischen Fürsten oder Edlen folgten und auf fremdem<lb/> Grunde freie Gemeinden schufen. Von dieser relativen Uebervölkerung konnte<lb/> im 9. Jahrhundert nicht wohl die Rede sein, zu einer Zeit, wo ein guter<lb/> Theil des deutschen Bodens noch ungerodetes Neuland war. Eine dringende<lb/> Nothwendigkeit also, sich eine neue Heimat zu suchen, lag damals für die<lb/> ländliche Bevölkerung Deutschlands wohl nur selten vor. Da waren es die<lb/> großen Grundbesitzer, der König, die Kirche, die Edelleute, vornehmlich Baierns,<lb/> die im neuunterworfenen Slawenlande Erwerbungen machten und sie wenigstens<lb/> zum Theil mit den Hörigen ihrer im Innern Deutschlands belegenen Güter</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0434]
waren, mußte ein deutsches Kirchenregiment über Pannonien ganz von selbst
die deutsche Einwanderung fördern. Alle Fäden dieses Regiments liefen in
Salzburg zusammen, von dort kamen die Geistlichen des Landes, dorthin
richteten sie die Blicke der Neubekehrten. Das persönliche Erscheinen der Erz-
bischöfe, die Thätigkeit der Landbischöfe, die ohne festen Sitz von Ort zu Ort
wanderten, dies Alles brachte die deutsche Kirchenmacht beständig in Erinne¬
rung. Die Geistlichen sodann mußten nothwendig zunächst wenigstens Deutsche
sein. Schon vor der Begründung einer Kirche in Mosaburg hatte Priwina
seinen Hauskaplan; ihm, der dann 850 die Mosaburger Diöcese übernahm,
folgten bis 871 noch drei deutsche Geistliche. Zwei andere, Sandrat und
Erinpart, verwalteten zur selben Zeit Pfarrstellen bei Mosaburg, ein dritter,
Gundbato, besaß eine Kirche zu Quartinaha am Plattensee und die zahl¬
reichen sonst erwähnten Kirchen setzen ebenso viele Priester voraus, gewiß mit
wenigen Ausnahmen Deutsche.
Sicher hätten nun diese wenigen Priester das slawische Pannonien so
wenig germanisirt, wie später die deutschen Geistlichen das Polen des 10. Jahr¬
hunderts dem Deutschthume zu gewinnen vermochten. Aber an sie schloß sich
eine starke deutsche Einwanderung. Erzbischof Liupram sandte von Salzburg
„Maurer und Maler. Zimmerleute und Holzarbeiter" nach dem Plattensee,
um in Mosaburg eine Kirche zu errichten. Deutsche waren es also, die die
Mauern und das Gebälk der Kirchen aufführten, die mit Fresken, Mosaiken
und Schnitzereien sie schmückten, und mögen auch viele wieder der Heimat sich
zugewandt haben, manche blieben gewiß in dem Lande zurück, das ihnen
lohnende Arbeit geboten. Doch nicht die Gewerbtreibenden allein — und
damals ganz besonders nicht — hätten germanisirend wirken können; die
Hauptarbeit fiel der harten Kraft der deutschen Bauern zu. Da tritt nun
ein tiefer Unterschied hervox, zwischen der deutschen Auswanderung des 9. und
der des 12. und 13. Jahrhunderts. Diese letztere, veranlaßt durch eine rela¬
tive Ueberzahl der ackerbauenden Bevölkerung, welche das Landvolk in dichten
Schaaren auch in die Städte trieb und so deren raschen Aufschwung förderte,
vollzog sich durch starke Colonistenzüge freier Bauern, die aus eigner Wahl
dem Rufe eines slawischen Fürsten oder Edlen folgten und auf fremdem
Grunde freie Gemeinden schufen. Von dieser relativen Uebervölkerung konnte
im 9. Jahrhundert nicht wohl die Rede sein, zu einer Zeit, wo ein guter
Theil des deutschen Bodens noch ungerodetes Neuland war. Eine dringende
Nothwendigkeit also, sich eine neue Heimat zu suchen, lag damals für die
ländliche Bevölkerung Deutschlands wohl nur selten vor. Da waren es die
großen Grundbesitzer, der König, die Kirche, die Edelleute, vornehmlich Baierns,
die im neuunterworfenen Slawenlande Erwerbungen machten und sie wenigstens
zum Theil mit den Hörigen ihrer im Innern Deutschlands belegenen Güter
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