Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

kämpfe sich windenden Körper schritten zwei Männer weg und fingen sie auf,
bevor sie fiel."

Die Männer sind Herr Mac Closky, ihr Stiefvater, und Ridgeway.
Weil Jenny letzteren durch Rance's Besuch verloren zu haben glaubt, hat sie --
so müssen wir vermuthen, der Dichter selbst sagt es nicht -- Rance das
Stelldichein vorgeschlagen und ihn gereizt, ihr den Tod zu geben. Diese
Absicht mißlingt; wie früher Ridgeway, so wird jetzt auch Jenny gerettet,
und das Weitere denkt sich der Leser hinzu. Auf Nacht und abermals Nacht
folgt heiteres Licht, und in diesem findet auch das verdrießliche Geheimniß,
welches den ersten Bräutigam Jenny's von ihr entfernt hat. eine befriedigende
Beseitigung. Die jungen Leute haben die Stelle besucht, wo ihre Seelen sich
zuerst in Liebe gegen einander aufgeschlossen haben. Sie kommen Hand in
Hand in das Haus zurück.

"Herr Mac Closky erwartete sie mit Ungeduld in der Veranda. Als
Fräulein Jenny die Treppe hinausgeschlüpft war, um einen Kragen, der eine
etwas verdächtig schiefe Lage angenommen hatte, durch einen andern zu
ersetzen, zog Herr Mac Closky Ridgeway mit feierlicher Miene beiseite. Er
hielt einen großen Theaterzettel in der einen und eine Zeitung in der andern
Hand. "Ich hab' es immer gesagt", bemerkte er langsam mit der Miene,
als ob er nur ein abgebrochnes Gespräch wieder aufnähme, "ich hab' es
immer gesagt, daß es sich nicht recht für sie passen thäte, drei Pferde aus
einmal zu reiten. Es will scheinen, als ob ich Recht gehabt hätte. Nach
Bemerkungen in diesem Blatte hier sieht es aus, als ob sie das letzte Woche
in Marysville versucht und dabei den Hals gebrochen hätte."

Die dritte Erzählung "Eine Episode aus dem Leben von Fidd-
letown" hat zur Heldin eine Dame, die uns zunächst als allgemein bewunderte
Schönheit, als sentimentale Dichterin, als unverstandene schöne Seele, als
selbstsüchtig und eitel entgegentritt. Sie ist eine geschiedene Frau und heirathet
einen ebenfalls geschiedenen Mann, den gewesenen Frachtfuhrmann Tretherick,
den ihre Poesien auf sie aufmerksam gemacht haben. Die Ehe ist keine glückliche.
Herr Tretherick prügelt seine Frau, sie wird ihm dasür ein wenig untreu, er
gewöhnt sich darauf das Trinken an, und sie liefert von nun an regelmäßig
poetische Beiträge in das Ortsblättchen. Die Sache wird zuletzt so arg, daß
Frau Tretherick sich eines Tages aus dem Hause ihres Mannes entfernt.
Einige Tage später kommt sie während der Abwesenheit desselben mit dem
Obersten Starbottle, einem Verehrer ihres Genius wie nicht minder ihrer
körperlichen Reize, zurück und will die von ihr zurückgelassnen Sachen abholen.
Sie trifft hier, indeß sie mit Einpacken beschäftigt ist, das Kind des Herrn
Tretherick von dessen erster Frau, welches derselbe in den letzten Tagen zu
sich genommen hat. Das Kind sieht sie als seine neue Mama an und nähert


kämpfe sich windenden Körper schritten zwei Männer weg und fingen sie auf,
bevor sie fiel."

Die Männer sind Herr Mac Closky, ihr Stiefvater, und Ridgeway.
Weil Jenny letzteren durch Rance's Besuch verloren zu haben glaubt, hat sie —
so müssen wir vermuthen, der Dichter selbst sagt es nicht — Rance das
Stelldichein vorgeschlagen und ihn gereizt, ihr den Tod zu geben. Diese
Absicht mißlingt; wie früher Ridgeway, so wird jetzt auch Jenny gerettet,
und das Weitere denkt sich der Leser hinzu. Auf Nacht und abermals Nacht
folgt heiteres Licht, und in diesem findet auch das verdrießliche Geheimniß,
welches den ersten Bräutigam Jenny's von ihr entfernt hat. eine befriedigende
Beseitigung. Die jungen Leute haben die Stelle besucht, wo ihre Seelen sich
zuerst in Liebe gegen einander aufgeschlossen haben. Sie kommen Hand in
Hand in das Haus zurück.

„Herr Mac Closky erwartete sie mit Ungeduld in der Veranda. Als
Fräulein Jenny die Treppe hinausgeschlüpft war, um einen Kragen, der eine
etwas verdächtig schiefe Lage angenommen hatte, durch einen andern zu
ersetzen, zog Herr Mac Closky Ridgeway mit feierlicher Miene beiseite. Er
hielt einen großen Theaterzettel in der einen und eine Zeitung in der andern
Hand. „Ich hab' es immer gesagt", bemerkte er langsam mit der Miene,
als ob er nur ein abgebrochnes Gespräch wieder aufnähme, „ich hab' es
immer gesagt, daß es sich nicht recht für sie passen thäte, drei Pferde aus
einmal zu reiten. Es will scheinen, als ob ich Recht gehabt hätte. Nach
Bemerkungen in diesem Blatte hier sieht es aus, als ob sie das letzte Woche
in Marysville versucht und dabei den Hals gebrochen hätte."

Die dritte Erzählung „Eine Episode aus dem Leben von Fidd-
letown" hat zur Heldin eine Dame, die uns zunächst als allgemein bewunderte
Schönheit, als sentimentale Dichterin, als unverstandene schöne Seele, als
selbstsüchtig und eitel entgegentritt. Sie ist eine geschiedene Frau und heirathet
einen ebenfalls geschiedenen Mann, den gewesenen Frachtfuhrmann Tretherick,
den ihre Poesien auf sie aufmerksam gemacht haben. Die Ehe ist keine glückliche.
Herr Tretherick prügelt seine Frau, sie wird ihm dasür ein wenig untreu, er
gewöhnt sich darauf das Trinken an, und sie liefert von nun an regelmäßig
poetische Beiträge in das Ortsblättchen. Die Sache wird zuletzt so arg, daß
Frau Tretherick sich eines Tages aus dem Hause ihres Mannes entfernt.
Einige Tage später kommt sie während der Abwesenheit desselben mit dem
Obersten Starbottle, einem Verehrer ihres Genius wie nicht minder ihrer
körperlichen Reize, zurück und will die von ihr zurückgelassnen Sachen abholen.
Sie trifft hier, indeß sie mit Einpacken beschäftigt ist, das Kind des Herrn
Tretherick von dessen erster Frau, welches derselbe in den letzten Tagen zu
sich genommen hat. Das Kind sieht sie als seine neue Mama an und nähert


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0348" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133636"/>
          <p xml:id="ID_1098" prev="#ID_1097"> kämpfe sich windenden Körper schritten zwei Männer weg und fingen sie auf,<lb/>
bevor sie fiel."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1099"> Die Männer sind Herr Mac Closky, ihr Stiefvater, und Ridgeway.<lb/>
Weil Jenny letzteren durch Rance's Besuch verloren zu haben glaubt, hat sie &#x2014;<lb/>
so müssen wir vermuthen, der Dichter selbst sagt es nicht &#x2014; Rance das<lb/>
Stelldichein vorgeschlagen und ihn gereizt, ihr den Tod zu geben. Diese<lb/>
Absicht mißlingt; wie früher Ridgeway, so wird jetzt auch Jenny gerettet,<lb/>
und das Weitere denkt sich der Leser hinzu. Auf Nacht und abermals Nacht<lb/>
folgt heiteres Licht, und in diesem findet auch das verdrießliche Geheimniß,<lb/>
welches den ersten Bräutigam Jenny's von ihr entfernt hat. eine befriedigende<lb/>
Beseitigung. Die jungen Leute haben die Stelle besucht, wo ihre Seelen sich<lb/>
zuerst in Liebe gegen einander aufgeschlossen haben. Sie kommen Hand in<lb/>
Hand in das Haus zurück.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1100"> &#x201E;Herr Mac Closky erwartete sie mit Ungeduld in der Veranda. Als<lb/>
Fräulein Jenny die Treppe hinausgeschlüpft war, um einen Kragen, der eine<lb/>
etwas verdächtig schiefe Lage angenommen hatte, durch einen andern zu<lb/>
ersetzen, zog Herr Mac Closky Ridgeway mit feierlicher Miene beiseite. Er<lb/>
hielt einen großen Theaterzettel in der einen und eine Zeitung in der andern<lb/>
Hand. &#x201E;Ich hab' es immer gesagt", bemerkte er langsam mit der Miene,<lb/>
als ob er nur ein abgebrochnes Gespräch wieder aufnähme, &#x201E;ich hab' es<lb/>
immer gesagt, daß es sich nicht recht für sie passen thäte, drei Pferde aus<lb/>
einmal zu reiten. Es will scheinen, als ob ich Recht gehabt hätte. Nach<lb/>
Bemerkungen in diesem Blatte hier sieht es aus, als ob sie das letzte Woche<lb/>
in Marysville versucht und dabei den Hals gebrochen hätte."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1101" next="#ID_1102"> Die dritte Erzählung &#x201E;Eine Episode aus dem Leben von Fidd-<lb/>
letown" hat zur Heldin eine Dame, die uns zunächst als allgemein bewunderte<lb/>
Schönheit, als sentimentale Dichterin, als unverstandene schöne Seele, als<lb/>
selbstsüchtig und eitel entgegentritt. Sie ist eine geschiedene Frau und heirathet<lb/>
einen ebenfalls geschiedenen Mann, den gewesenen Frachtfuhrmann Tretherick,<lb/>
den ihre Poesien auf sie aufmerksam gemacht haben. Die Ehe ist keine glückliche.<lb/>
Herr Tretherick prügelt seine Frau, sie wird ihm dasür ein wenig untreu, er<lb/>
gewöhnt sich darauf das Trinken an, und sie liefert von nun an regelmäßig<lb/>
poetische Beiträge in das Ortsblättchen. Die Sache wird zuletzt so arg, daß<lb/>
Frau Tretherick sich eines Tages aus dem Hause ihres Mannes entfernt.<lb/>
Einige Tage später kommt sie während der Abwesenheit desselben mit dem<lb/>
Obersten Starbottle, einem Verehrer ihres Genius wie nicht minder ihrer<lb/>
körperlichen Reize, zurück und will die von ihr zurückgelassnen Sachen abholen.<lb/>
Sie trifft hier, indeß sie mit Einpacken beschäftigt ist, das Kind des Herrn<lb/>
Tretherick von dessen erster Frau, welches derselbe in den letzten Tagen zu<lb/>
sich genommen hat. Das Kind sieht sie als seine neue Mama an und nähert</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0348] kämpfe sich windenden Körper schritten zwei Männer weg und fingen sie auf, bevor sie fiel." Die Männer sind Herr Mac Closky, ihr Stiefvater, und Ridgeway. Weil Jenny letzteren durch Rance's Besuch verloren zu haben glaubt, hat sie — so müssen wir vermuthen, der Dichter selbst sagt es nicht — Rance das Stelldichein vorgeschlagen und ihn gereizt, ihr den Tod zu geben. Diese Absicht mißlingt; wie früher Ridgeway, so wird jetzt auch Jenny gerettet, und das Weitere denkt sich der Leser hinzu. Auf Nacht und abermals Nacht folgt heiteres Licht, und in diesem findet auch das verdrießliche Geheimniß, welches den ersten Bräutigam Jenny's von ihr entfernt hat. eine befriedigende Beseitigung. Die jungen Leute haben die Stelle besucht, wo ihre Seelen sich zuerst in Liebe gegen einander aufgeschlossen haben. Sie kommen Hand in Hand in das Haus zurück. „Herr Mac Closky erwartete sie mit Ungeduld in der Veranda. Als Fräulein Jenny die Treppe hinausgeschlüpft war, um einen Kragen, der eine etwas verdächtig schiefe Lage angenommen hatte, durch einen andern zu ersetzen, zog Herr Mac Closky Ridgeway mit feierlicher Miene beiseite. Er hielt einen großen Theaterzettel in der einen und eine Zeitung in der andern Hand. „Ich hab' es immer gesagt", bemerkte er langsam mit der Miene, als ob er nur ein abgebrochnes Gespräch wieder aufnähme, „ich hab' es immer gesagt, daß es sich nicht recht für sie passen thäte, drei Pferde aus einmal zu reiten. Es will scheinen, als ob ich Recht gehabt hätte. Nach Bemerkungen in diesem Blatte hier sieht es aus, als ob sie das letzte Woche in Marysville versucht und dabei den Hals gebrochen hätte." Die dritte Erzählung „Eine Episode aus dem Leben von Fidd- letown" hat zur Heldin eine Dame, die uns zunächst als allgemein bewunderte Schönheit, als sentimentale Dichterin, als unverstandene schöne Seele, als selbstsüchtig und eitel entgegentritt. Sie ist eine geschiedene Frau und heirathet einen ebenfalls geschiedenen Mann, den gewesenen Frachtfuhrmann Tretherick, den ihre Poesien auf sie aufmerksam gemacht haben. Die Ehe ist keine glückliche. Herr Tretherick prügelt seine Frau, sie wird ihm dasür ein wenig untreu, er gewöhnt sich darauf das Trinken an, und sie liefert von nun an regelmäßig poetische Beiträge in das Ortsblättchen. Die Sache wird zuletzt so arg, daß Frau Tretherick sich eines Tages aus dem Hause ihres Mannes entfernt. Einige Tage später kommt sie während der Abwesenheit desselben mit dem Obersten Starbottle, einem Verehrer ihres Genius wie nicht minder ihrer körperlichen Reize, zurück und will die von ihr zurückgelassnen Sachen abholen. Sie trifft hier, indeß sie mit Einpacken beschäftigt ist, das Kind des Herrn Tretherick von dessen erster Frau, welches derselbe in den letzten Tagen zu sich genommen hat. Das Kind sieht sie als seine neue Mama an und nähert

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/348
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/348>, abgerufen am 28.09.2024.