Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Auch für die Bildung dieser Zeitungsjungen ist in. jeder großen Stadt
durch besondere Tages- und Abendschulen "die News-Boy's schools" gesorgt.
Den Waisenknaben, welche sich dieses Geschäft zum Erwerb auserlesen, sind
ebenfalls besondere Heimathstätten, die News-Boys-Homes geschaffen, in
welchen sie neben einer Wohnstätte und Pflege, auch Schulunterricht und
ärztliche Hülfe finden. -- Nicht immer sind es aber nur arme Knaben die
diesem Verdienst nachgehen. Als ich letzten Winter in einer Oar Chicagos fuhr
sprang ein nett angezogener Junge mit Zeitungen heran und bot sie an.
Auf einmal redete er einen neben ihm sitzenden bekannten geizigen aber wohl¬
habenden Kaufmann mit dem Gruß "Hallo Pa!" an. -- Es war der Sohn
des Kaufmanns und verdiente sich auf diesem nicht mehr ungewöhnlichen
Wege sein Taschengeld.

DK Nachrichten aus allen Weltheilen, werden der amerikanischen Presse
telegraphisch gemeldet. Zwei Associationen bestehen hier zu Lande, welche
die Depeschen für einen verhältnißmäßig billigen Preis ihren Mitgliedern
nach allen Theilen der Union weiter telegraphiren. Die Blätter sind so ein¬
gerichtet, daß meistens auf der ersten Seite spaltenweise die Telegramme neben¬
einander und untereinander gereiht sind. Jede Spalte enthält ein anderes
Gebiet, wie: Ausland, Congreß, Asien, Suezeanal u. s. w. Der Hauptin¬
halt der Depeschen ist mit fettgedruckter Schrift, satzweise unter den jeweiligen
Kopf gesetzt, so daß der Leser schon beim Oeffnen seines Blattes sofort erken¬
nen kann, was in der Welt vorgegangen ist, ohne einstweilen die detaillirten
Depeschen zu durchgehen. Hier liest man am Morgen, auch in den Blättern
von Se. Louis, Chicago, San Francisco u. s. w. die stenographischen-Berichte
der Congreßverhandlungen des vorhergehenden Tages, die Berichte der Nacht¬
sthungen, bis 2 Uhr Morgens des gleichen Tages, an welchem die Zeitungen
erscheinen.

Man sagt bei Ihnen mit gewissem Recht, daß es ja einerlei sei, ob
Man die Nachrichten aus fernen Welttheilen einen Tag, eine Woche, einen
^oral früher oder später erfahre.

Aber man gewöhnt sich gar schnell und gerne an die schöne Einrichtung
leben Morgen telegraphisch zu erfahren, was vor erst 12 Stunden in
Ehina, in Calcutta, am Suez-Canal, in Se. Petersburg sich zugetragen. Und
diese Depeschen sind nicht etwa der Art, daß man wegen ihrer "kabelmäßi¬
gen" Kürze deren Sinn mehr errathen als erkennen könnte. -- Ueber den Un¬
ternehmungsgeist der amerikanischen Zeitungsverleger mehr zu sagen, ist wohl
U'ehe nöthig; man erinnere sich nur der Aufsuchung Livingstone's durch Stan-
ley im Auftrag des N. Y. Herald. -- Auch die Größe der Zeitungen, sowie
der enge, kleine Druck wird den meisten Lesern schon bekannt sein.

Das Verlangen des Publikums, nach dem Neuesten, bringt es mit sich,


Auch für die Bildung dieser Zeitungsjungen ist in. jeder großen Stadt
durch besondere Tages- und Abendschulen „die News-Boy's schools" gesorgt.
Den Waisenknaben, welche sich dieses Geschäft zum Erwerb auserlesen, sind
ebenfalls besondere Heimathstätten, die News-Boys-Homes geschaffen, in
welchen sie neben einer Wohnstätte und Pflege, auch Schulunterricht und
ärztliche Hülfe finden. — Nicht immer sind es aber nur arme Knaben die
diesem Verdienst nachgehen. Als ich letzten Winter in einer Oar Chicagos fuhr
sprang ein nett angezogener Junge mit Zeitungen heran und bot sie an.
Auf einmal redete er einen neben ihm sitzenden bekannten geizigen aber wohl¬
habenden Kaufmann mit dem Gruß „Hallo Pa!" an. — Es war der Sohn
des Kaufmanns und verdiente sich auf diesem nicht mehr ungewöhnlichen
Wege sein Taschengeld.

DK Nachrichten aus allen Weltheilen, werden der amerikanischen Presse
telegraphisch gemeldet. Zwei Associationen bestehen hier zu Lande, welche
die Depeschen für einen verhältnißmäßig billigen Preis ihren Mitgliedern
nach allen Theilen der Union weiter telegraphiren. Die Blätter sind so ein¬
gerichtet, daß meistens auf der ersten Seite spaltenweise die Telegramme neben¬
einander und untereinander gereiht sind. Jede Spalte enthält ein anderes
Gebiet, wie: Ausland, Congreß, Asien, Suezeanal u. s. w. Der Hauptin¬
halt der Depeschen ist mit fettgedruckter Schrift, satzweise unter den jeweiligen
Kopf gesetzt, so daß der Leser schon beim Oeffnen seines Blattes sofort erken¬
nen kann, was in der Welt vorgegangen ist, ohne einstweilen die detaillirten
Depeschen zu durchgehen. Hier liest man am Morgen, auch in den Blättern
von Se. Louis, Chicago, San Francisco u. s. w. die stenographischen-Berichte
der Congreßverhandlungen des vorhergehenden Tages, die Berichte der Nacht¬
sthungen, bis 2 Uhr Morgens des gleichen Tages, an welchem die Zeitungen
erscheinen.

Man sagt bei Ihnen mit gewissem Recht, daß es ja einerlei sei, ob
Man die Nachrichten aus fernen Welttheilen einen Tag, eine Woche, einen
^oral früher oder später erfahre.

Aber man gewöhnt sich gar schnell und gerne an die schöne Einrichtung
leben Morgen telegraphisch zu erfahren, was vor erst 12 Stunden in
Ehina, in Calcutta, am Suez-Canal, in Se. Petersburg sich zugetragen. Und
diese Depeschen sind nicht etwa der Art, daß man wegen ihrer „kabelmäßi¬
gen" Kürze deren Sinn mehr errathen als erkennen könnte. — Ueber den Un¬
ternehmungsgeist der amerikanischen Zeitungsverleger mehr zu sagen, ist wohl
U'ehe nöthig; man erinnere sich nur der Aufsuchung Livingstone's durch Stan-
ley im Auftrag des N. Y. Herald. — Auch die Größe der Zeitungen, sowie
der enge, kleine Druck wird den meisten Lesern schon bekannt sein.

Das Verlangen des Publikums, nach dem Neuesten, bringt es mit sich,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0321" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133609"/>
          <p xml:id="ID_1006"> Auch für die Bildung dieser Zeitungsjungen ist in. jeder großen Stadt<lb/>
durch besondere Tages- und Abendschulen &#x201E;die News-Boy's schools" gesorgt.<lb/>
Den Waisenknaben, welche sich dieses Geschäft zum Erwerb auserlesen, sind<lb/>
ebenfalls besondere Heimathstätten, die News-Boys-Homes geschaffen, in<lb/>
welchen sie neben einer Wohnstätte und Pflege, auch Schulunterricht und<lb/>
ärztliche Hülfe finden. &#x2014; Nicht immer sind es aber nur arme Knaben die<lb/>
diesem Verdienst nachgehen. Als ich letzten Winter in einer Oar Chicagos fuhr<lb/>
sprang ein nett angezogener Junge mit Zeitungen heran und bot sie an.<lb/>
Auf einmal redete er einen neben ihm sitzenden bekannten geizigen aber wohl¬<lb/>
habenden Kaufmann mit dem Gruß &#x201E;Hallo Pa!" an. &#x2014; Es war der Sohn<lb/>
des Kaufmanns und verdiente sich auf diesem nicht mehr ungewöhnlichen<lb/>
Wege sein Taschengeld.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1007"> DK Nachrichten aus allen Weltheilen, werden der amerikanischen Presse<lb/>
telegraphisch gemeldet. Zwei Associationen bestehen hier zu Lande, welche<lb/>
die Depeschen für einen verhältnißmäßig billigen Preis ihren Mitgliedern<lb/>
nach allen Theilen der Union weiter telegraphiren. Die Blätter sind so ein¬<lb/>
gerichtet, daß meistens auf der ersten Seite spaltenweise die Telegramme neben¬<lb/>
einander und untereinander gereiht sind. Jede Spalte enthält ein anderes<lb/>
Gebiet, wie: Ausland, Congreß, Asien, Suezeanal u. s. w. Der Hauptin¬<lb/>
halt der Depeschen ist mit fettgedruckter Schrift, satzweise unter den jeweiligen<lb/>
Kopf gesetzt, so daß der Leser schon beim Oeffnen seines Blattes sofort erken¬<lb/>
nen kann, was in der Welt vorgegangen ist, ohne einstweilen die detaillirten<lb/>
Depeschen zu durchgehen. Hier liest man am Morgen, auch in den Blättern<lb/>
von Se. Louis, Chicago, San Francisco u. s. w. die stenographischen-Berichte<lb/>
der Congreßverhandlungen des vorhergehenden Tages, die Berichte der Nacht¬<lb/>
sthungen, bis 2 Uhr Morgens des gleichen Tages, an welchem die Zeitungen<lb/>
erscheinen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1008"> Man sagt bei Ihnen mit gewissem Recht, daß es ja einerlei sei, ob<lb/>
Man die Nachrichten aus fernen Welttheilen einen Tag, eine Woche, einen<lb/>
^oral früher oder später erfahre.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1009"> Aber man gewöhnt sich gar schnell und gerne an die schöne Einrichtung<lb/>
leben Morgen telegraphisch zu erfahren, was vor erst 12 Stunden in<lb/>
Ehina, in Calcutta, am Suez-Canal, in Se. Petersburg sich zugetragen. Und<lb/>
diese Depeschen sind nicht etwa der Art, daß man wegen ihrer &#x201E;kabelmäßi¬<lb/>
gen" Kürze deren Sinn mehr errathen als erkennen könnte. &#x2014; Ueber den Un¬<lb/>
ternehmungsgeist der amerikanischen Zeitungsverleger mehr zu sagen, ist wohl<lb/>
U'ehe nöthig; man erinnere sich nur der Aufsuchung Livingstone's durch Stan-<lb/>
ley im Auftrag des N. Y. Herald. &#x2014; Auch die Größe der Zeitungen, sowie<lb/>
der enge, kleine Druck wird den meisten Lesern schon bekannt sein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1010" next="#ID_1011"> Das Verlangen des Publikums, nach dem Neuesten, bringt es mit sich,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0321] Auch für die Bildung dieser Zeitungsjungen ist in. jeder großen Stadt durch besondere Tages- und Abendschulen „die News-Boy's schools" gesorgt. Den Waisenknaben, welche sich dieses Geschäft zum Erwerb auserlesen, sind ebenfalls besondere Heimathstätten, die News-Boys-Homes geschaffen, in welchen sie neben einer Wohnstätte und Pflege, auch Schulunterricht und ärztliche Hülfe finden. — Nicht immer sind es aber nur arme Knaben die diesem Verdienst nachgehen. Als ich letzten Winter in einer Oar Chicagos fuhr sprang ein nett angezogener Junge mit Zeitungen heran und bot sie an. Auf einmal redete er einen neben ihm sitzenden bekannten geizigen aber wohl¬ habenden Kaufmann mit dem Gruß „Hallo Pa!" an. — Es war der Sohn des Kaufmanns und verdiente sich auf diesem nicht mehr ungewöhnlichen Wege sein Taschengeld. DK Nachrichten aus allen Weltheilen, werden der amerikanischen Presse telegraphisch gemeldet. Zwei Associationen bestehen hier zu Lande, welche die Depeschen für einen verhältnißmäßig billigen Preis ihren Mitgliedern nach allen Theilen der Union weiter telegraphiren. Die Blätter sind so ein¬ gerichtet, daß meistens auf der ersten Seite spaltenweise die Telegramme neben¬ einander und untereinander gereiht sind. Jede Spalte enthält ein anderes Gebiet, wie: Ausland, Congreß, Asien, Suezeanal u. s. w. Der Hauptin¬ halt der Depeschen ist mit fettgedruckter Schrift, satzweise unter den jeweiligen Kopf gesetzt, so daß der Leser schon beim Oeffnen seines Blattes sofort erken¬ nen kann, was in der Welt vorgegangen ist, ohne einstweilen die detaillirten Depeschen zu durchgehen. Hier liest man am Morgen, auch in den Blättern von Se. Louis, Chicago, San Francisco u. s. w. die stenographischen-Berichte der Congreßverhandlungen des vorhergehenden Tages, die Berichte der Nacht¬ sthungen, bis 2 Uhr Morgens des gleichen Tages, an welchem die Zeitungen erscheinen. Man sagt bei Ihnen mit gewissem Recht, daß es ja einerlei sei, ob Man die Nachrichten aus fernen Welttheilen einen Tag, eine Woche, einen ^oral früher oder später erfahre. Aber man gewöhnt sich gar schnell und gerne an die schöne Einrichtung leben Morgen telegraphisch zu erfahren, was vor erst 12 Stunden in Ehina, in Calcutta, am Suez-Canal, in Se. Petersburg sich zugetragen. Und diese Depeschen sind nicht etwa der Art, daß man wegen ihrer „kabelmäßi¬ gen" Kürze deren Sinn mehr errathen als erkennen könnte. — Ueber den Un¬ ternehmungsgeist der amerikanischen Zeitungsverleger mehr zu sagen, ist wohl U'ehe nöthig; man erinnere sich nur der Aufsuchung Livingstone's durch Stan- ley im Auftrag des N. Y. Herald. — Auch die Größe der Zeitungen, sowie der enge, kleine Druck wird den meisten Lesern schon bekannt sein. Das Verlangen des Publikums, nach dem Neuesten, bringt es mit sich,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/321
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/321>, abgerufen am 06.02.2025.