Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.Handel auf, ein andrer wurde orthodox und am Ende gar katholisch. Der Abends ging ich zu Pastor Subr. Er hatte mich eingeladen, war aber 13. September. Nachmittags in Krölls Kirche einen Aufsatz für dessen 16. September. Früh in der Johanneskirche an meiner Predigt ge¬ Von 17. bis 19. September vollendete ich meine Predigt und memo- 20. September. Besuch bei Nothert. der von Göbel beim Squire Abends höre ich von Rohrkaß. daß sie das nicht zu thun gedenkt. Göbel 21. September. Am Morgen in ziemlicher Frühe schon stellte sich Grenzboten II. 1875. 4
Handel auf, ein andrer wurde orthodox und am Ende gar katholisch. Der Abends ging ich zu Pastor Subr. Er hatte mich eingeladen, war aber 13. September. Nachmittags in Krölls Kirche einen Aufsatz für dessen 16. September. Früh in der Johanneskirche an meiner Predigt ge¬ Von 17. bis 19. September vollendete ich meine Predigt und memo- 20. September. Besuch bei Nothert. der von Göbel beim Squire Abends höre ich von Rohrkaß. daß sie das nicht zu thun gedenkt. Göbel 21. September. Am Morgen in ziemlicher Frühe schon stellte sich Grenzboten II. 1875. 4
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Handel auf, ein andrer wurde orthodox und am Ende gar katholisch. Der
letzte, Göbel, war eine Zeit lang ganz erträglich gewesen, jetzt machte auch er
der Gemeinde schwere Sorge.
Abends ging ich zu Pastor Subr. Er hatte mich eingeladen, war aber
nicht zu Hause. „Die Schenke wird ihn nicht weggelassen haben," meinte
eine böse Zunge im Gasthofe. „Jeden Wochentag einen Rausch, des Sonn¬
tags zwei."
13. September. Nachmittags in Krölls Kirche einen Aufsatz für dessen
„Protestantische Zeitblätter" geschrieben, Abends mit ihm zu Biere gegangen
in eine Wirthschaft, die ein „General" Mohr hält, und wo Pastor Grassow
Stammgast ist.
16. September. Früh in der Johanneskirche an meiner Predigt ge¬
arbeitet, in der ich den Tert: „Christus gestern, heute und in Ewigkeit" be¬
handele. Mittags bekam ich Besuch von der Partei Göbels, für die ein ge¬
wisser Rohrkaß das Wort führte, und die vermuthlich mich auszuhorchen
kommt. Ich befriedige ihre Wißbegierde, da ich nichts zu verhehlen habe.
Nachmittags mit Kroll Katawba-Wein getrunken, von dem auf den Bergen
hinter der Stadt viel gebaut wird, und der nicht übel, aber mit Sprit ver¬
setzt ist und daher leicht zu Kopfe steigt.
Von 17. bis 19. September vollendete ich meine Predigt und memo-
rirte sie.
20. September. Besuch bei Nothert. der von Göbel beim Squire
verklagt und von wegen des „Lügners" um zehn Dollars gestraft worden ist.
Ich erhalte meine Zeugnisse zurück, unter denen das Doctordiplom zwar Kopf¬
zerbrechen gekostet, aber — vielleicht gerade deshalb — feine Wirkung als
Daus in meiner Karte gethan zu haben scheint. „Nach dem, was wir jetzt
wissen," sagte Nothert, „werden Sie unser Pastor. Und wenn darüber die
Sonne im Westen aufginge, Sie müßten es werden." Meine Probepredigt
soll morgen stattfinden; doch erkläre ich mich nur unter der Voraussetzung dazu
bereit, daß die Gegenpartei sich ruhig verhält.
Abends höre ich von Rohrkaß. daß sie das nicht zu thun gedenkt. Göbel
will trotz alledem aus die Kanzel, da sein Advocat ihm dieß mit dem Hin¬
weis gerathen hat, daß Zurückhaltung ihm den Anspruch auf vollen Gehalt
bis zu Ende des Jahres verlieren lassen würde. Meine Antwort war, ich
werde mich nach dem Willen des Kirchenrathes pünktlich einfinden, um zu
predigen; träfe ich jedoch die Kanzel schon besetzt, so würde ich mich, um
nicht Ursache zu Unschicklichkeiten zu geben, ohne Zögern zurückziehen. Dieß
gefiel, und fast sah es aus, als ob ich damit einen Stein im Brete auch
dieser Partei gewonnen hätte.
21. September. Am Morgen in ziemlicher Frühe schon stellte sich
Grenzboten II. 1875. 4
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