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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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warfen. In der Verwaltungszeit George Kayser's, des dritten Groß-Sire
der Amerikaner, der von 1835 bis 1837 regierte, begannen Verhandlungen
mit der Oberbehörde der Manchesterpartei der englischen Ott Fellows über
ein gleichmäßiges Ritual, indem sowohl die Engländer, als die Amerikaner
das bisherige geändert und letztere dabei "viel von dem alten Text zurückge¬
wiesen und manche Rohheiten in Ausdruck und Gedanken ausgemerzt hatten".
Zugleich drang man amerikanischerseits in England auf Abschaffung der "Con-
vivialitäten", d. h. der Gelage während der Logenzeit, die folglich nach dem
Satze "Dxxellas kurea, wahr usczue r<z<urr<ze" auch unter den reformir-
ten Ott Fellows Altenglands wieder eingerissen gewesen sein müssen. Diese
Bemühungen waren erfolglos. Die Engländer wollten weder den Amerikanern
bei Veränderungen des Rituals eine Stimme zugestehen, noch von ihren Con-
vivialitäten lassen, was beides von ihnen nicht hübsch war. Noch einmal
versuchte man sie durch eine Deputatton auf bessere Gedanken zu bringen, aber
wiederum vergeblich, "und so vollzog sich denn 1842 der Bruch zwischen
Mutter- und Tochter-Orden, indem die Großloge der Vereinigten Staaten die
Verbindung mit der Manchester-Vereinigung einstimmig aufhob und erklärte,
daß Angesichts der Thatsache, daß die Vereinigung die alten, Landmarken
verrückt, die Grundsätze verletzt, das Werk (soll heißen, das Ritual) des
Ordens verändert und versucht habe, in unsre verbrieften Rechte einzugreifen,
die Großloge selbst fortan die einzige Quelle und Vorrathskammer der Unab¬
hängigen Sonderbaren Brüderschaft auf Erden sei." Die Sonderbaren Brü¬
der führten also zum zweiten Mal in großem Style das Schauspiel der Feind¬
lichen Brüder auf.

Nach der Trennung von England wurde von der Großloge der Verei¬
nigten Staaten 1844 das Ordensritual gänzlich umgestaltet, und zehn Jahre
später gaben sich die Amerikaner auch eine neue, auf volkstümlicherer Grund¬
lage beruhende Verfassung.

Inzwischen war der Orden von Nordamerika nach Westindien, Australien
und nach den Sandwich-Inseln verpflanzt worden. Der Bürgerkrieg that
ihm keinen Eintrag, vielmehr bewährte sich nach ihm seine Kraft, indem er
sich in der Lage sah, den während jener blutigen Jahre zerstörten und ver¬
armten südlichen Logen in ausgedehntem Maße zu helfen. "Als eine der
größten Epochen für den Orden", meint Herr Pniower -- "und für die
ganze gesittete Welt", wird der Verfasser des oben citirten schwungvollen Ar¬
tikels über das Stiftungsfest der Ott Fellows unzweifelhaft einschalten --
werden die späteren Zeiten das Jahr 1870 bezeichnen, das Jahr, in welchem
der Oddfellow-Orden durch den Ex-Groß-Sire Dr. Morse nach Deutschland
verpflanzt wurde." In Preußen scheint das anfangs auf Schwierigkeiten
gestoßen zu sein. Im Lande der Schwaben wird es weniger Mühe gekostet


Grenzboten l. 187b. 27

warfen. In der Verwaltungszeit George Kayser's, des dritten Groß-Sire
der Amerikaner, der von 1835 bis 1837 regierte, begannen Verhandlungen
mit der Oberbehörde der Manchesterpartei der englischen Ott Fellows über
ein gleichmäßiges Ritual, indem sowohl die Engländer, als die Amerikaner
das bisherige geändert und letztere dabei „viel von dem alten Text zurückge¬
wiesen und manche Rohheiten in Ausdruck und Gedanken ausgemerzt hatten".
Zugleich drang man amerikanischerseits in England auf Abschaffung der „Con-
vivialitäten", d. h. der Gelage während der Logenzeit, die folglich nach dem
Satze „Dxxellas kurea, wahr usczue r<z<urr<ze" auch unter den reformir-
ten Ott Fellows Altenglands wieder eingerissen gewesen sein müssen. Diese
Bemühungen waren erfolglos. Die Engländer wollten weder den Amerikanern
bei Veränderungen des Rituals eine Stimme zugestehen, noch von ihren Con-
vivialitäten lassen, was beides von ihnen nicht hübsch war. Noch einmal
versuchte man sie durch eine Deputatton auf bessere Gedanken zu bringen, aber
wiederum vergeblich, „und so vollzog sich denn 1842 der Bruch zwischen
Mutter- und Tochter-Orden, indem die Großloge der Vereinigten Staaten die
Verbindung mit der Manchester-Vereinigung einstimmig aufhob und erklärte,
daß Angesichts der Thatsache, daß die Vereinigung die alten, Landmarken
verrückt, die Grundsätze verletzt, das Werk (soll heißen, das Ritual) des
Ordens verändert und versucht habe, in unsre verbrieften Rechte einzugreifen,
die Großloge selbst fortan die einzige Quelle und Vorrathskammer der Unab¬
hängigen Sonderbaren Brüderschaft auf Erden sei." Die Sonderbaren Brü¬
der führten also zum zweiten Mal in großem Style das Schauspiel der Feind¬
lichen Brüder auf.

Nach der Trennung von England wurde von der Großloge der Verei¬
nigten Staaten 1844 das Ordensritual gänzlich umgestaltet, und zehn Jahre
später gaben sich die Amerikaner auch eine neue, auf volkstümlicherer Grund¬
lage beruhende Verfassung.

Inzwischen war der Orden von Nordamerika nach Westindien, Australien
und nach den Sandwich-Inseln verpflanzt worden. Der Bürgerkrieg that
ihm keinen Eintrag, vielmehr bewährte sich nach ihm seine Kraft, indem er
sich in der Lage sah, den während jener blutigen Jahre zerstörten und ver¬
armten südlichen Logen in ausgedehntem Maße zu helfen. „Als eine der
größten Epochen für den Orden", meint Herr Pniower — „und für die
ganze gesittete Welt", wird der Verfasser des oben citirten schwungvollen Ar¬
tikels über das Stiftungsfest der Ott Fellows unzweifelhaft einschalten —
werden die späteren Zeiten das Jahr 1870 bezeichnen, das Jahr, in welchem
der Oddfellow-Orden durch den Ex-Groß-Sire Dr. Morse nach Deutschland
verpflanzt wurde." In Preußen scheint das anfangs auf Schwierigkeiten
gestoßen zu sein. Im Lande der Schwaben wird es weniger Mühe gekostet


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[0213] warfen. In der Verwaltungszeit George Kayser's, des dritten Groß-Sire der Amerikaner, der von 1835 bis 1837 regierte, begannen Verhandlungen mit der Oberbehörde der Manchesterpartei der englischen Ott Fellows über ein gleichmäßiges Ritual, indem sowohl die Engländer, als die Amerikaner das bisherige geändert und letztere dabei „viel von dem alten Text zurückge¬ wiesen und manche Rohheiten in Ausdruck und Gedanken ausgemerzt hatten". Zugleich drang man amerikanischerseits in England auf Abschaffung der „Con- vivialitäten", d. h. der Gelage während der Logenzeit, die folglich nach dem Satze „Dxxellas kurea, wahr usczue r<z<urr<ze" auch unter den reformir- ten Ott Fellows Altenglands wieder eingerissen gewesen sein müssen. Diese Bemühungen waren erfolglos. Die Engländer wollten weder den Amerikanern bei Veränderungen des Rituals eine Stimme zugestehen, noch von ihren Con- vivialitäten lassen, was beides von ihnen nicht hübsch war. Noch einmal versuchte man sie durch eine Deputatton auf bessere Gedanken zu bringen, aber wiederum vergeblich, „und so vollzog sich denn 1842 der Bruch zwischen Mutter- und Tochter-Orden, indem die Großloge der Vereinigten Staaten die Verbindung mit der Manchester-Vereinigung einstimmig aufhob und erklärte, daß Angesichts der Thatsache, daß die Vereinigung die alten, Landmarken verrückt, die Grundsätze verletzt, das Werk (soll heißen, das Ritual) des Ordens verändert und versucht habe, in unsre verbrieften Rechte einzugreifen, die Großloge selbst fortan die einzige Quelle und Vorrathskammer der Unab¬ hängigen Sonderbaren Brüderschaft auf Erden sei." Die Sonderbaren Brü¬ der führten also zum zweiten Mal in großem Style das Schauspiel der Feind¬ lichen Brüder auf. Nach der Trennung von England wurde von der Großloge der Verei¬ nigten Staaten 1844 das Ordensritual gänzlich umgestaltet, und zehn Jahre später gaben sich die Amerikaner auch eine neue, auf volkstümlicherer Grund¬ lage beruhende Verfassung. Inzwischen war der Orden von Nordamerika nach Westindien, Australien und nach den Sandwich-Inseln verpflanzt worden. Der Bürgerkrieg that ihm keinen Eintrag, vielmehr bewährte sich nach ihm seine Kraft, indem er sich in der Lage sah, den während jener blutigen Jahre zerstörten und ver¬ armten südlichen Logen in ausgedehntem Maße zu helfen. „Als eine der größten Epochen für den Orden", meint Herr Pniower — „und für die ganze gesittete Welt", wird der Verfasser des oben citirten schwungvollen Ar¬ tikels über das Stiftungsfest der Ott Fellows unzweifelhaft einschalten — werden die späteren Zeiten das Jahr 1870 bezeichnen, das Jahr, in welchem der Oddfellow-Orden durch den Ex-Groß-Sire Dr. Morse nach Deutschland verpflanzt wurde." In Preußen scheint das anfangs auf Schwierigkeiten gestoßen zu sein. Im Lande der Schwaben wird es weniger Mühe gekostet Grenzboten l. 187b. 27

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/213>, abgerufen am 06.02.2025.