Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.und gepflegt wie ihren Augapfel. Soll irgend eine neue Anstalt eingerichtet, Wie ganz anders liegen die Verhältnisse bei uns in Deutschland. Wer wollte nicht stets in Dankbarkeit derjenigen Wohlthäter gedenken, und gepflegt wie ihren Augapfel. Soll irgend eine neue Anstalt eingerichtet, Wie ganz anders liegen die Verhältnisse bei uns in Deutschland. Wer wollte nicht stets in Dankbarkeit derjenigen Wohlthäter gedenken, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0145" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133433"/> <p xml:id="ID_470" prev="#ID_469"> und gepflegt wie ihren Augapfel. Soll irgend eine neue Anstalt eingerichtet,<lb/> eine Professur gegründet, ein wissenschaftliches Unternehmen gefördert werden,<lb/> so finden sich sofort tausend Hände, die zur Unterstützung bereit sind; aber<lb/> meistens genügt schon die Hülfe eines einzigen Mannes, um dasselbe aus¬<lb/> zuführen. Und nicht etwa sind es bloß die reichen Adligen des Landes,<lb/> welche aus diese Weise der Hochschule, die sie gebildet hat, ihren Dank zollen;<lb/> nein, alle gebildeten Stände, und auch diejenigen, die nur zu den wohlhaben¬<lb/> den zu zählen sind, handeln hierin überein. Es ließen sich zahlreiche Bei¬<lb/> spiele dafür, selbst aus neuer und neuester Zeit anführen. Wer in Oxford<lb/> gewesen ist, erinnert sich der Ratcliffe-Bibliothek, der Sternwarte, des Hospi¬<lb/> tals: alle drei Anstalten sind Stiftungen des Dr. Ratcliffe, des Leibarztes<lb/> König William's III.; das Taylor-Institut, eine Akademie für neuere Sprachen,<lb/> wurde von einem wohlhabenden Kaufmann gegründet, und der jetzige Pro¬<lb/> fessor der angelsächsischen Sprache in Oxford stiftete erst vor wenigen Jahren<lb/> eine mit 500 ^? dotirte Professur für dasselbe Fach in Cambridge, wie über¬<lb/> haupt eine ganze Anzahl von Professuren Privatleuten, vielfach früheren<lb/> Docenten, ihre Entstehung zu danken haben. So kam es, daß die englischen<lb/> Universitäten von jeher mit einem solchen Reichthume ausgestattet waren,<lb/> daß der Krone kaum etwas zu thun übrig blieb.</p><lb/> <p xml:id="ID_471"> Wie ganz anders liegen die Verhältnisse bei uns in Deutschland.</p><lb/> <p xml:id="ID_472"> Wer wollte nicht stets in Dankbarkeit derjenigen Wohlthäter gedenken,<lb/> die sich auch um unsere Universitäten verdient gemacht haben, dennoch aber<lb/> müssen wir eingestehen, daß die englische Nationalwohlthätigkeit auf diesem<lb/> Gebiete sicherlich in dreifach höherem Maße die unsere übersteigt, als der eng¬<lb/> lische Nationalreichthum dem unsrigen überlegen ist, daß bei uns gerade die<lb/> Landesfürsten, die Regierungen, zu allen Zeiten, im Glück und Unglück es<lb/> waren und noch sind, denen unsere Universitäten durchschnittlich ihre Ent¬<lb/> stehung und Blüthe zu danken haben. Berlin, Bonn, Straßburg sind davon<lb/> die letzten beredten Zeugen. Sind wir nun solchen Thatsachen gegenüber<lb/> unter allen Gesichtspunkten berechtigt, von der Regierung und nur von der<lb/> Regierung, wie wir dies in Deutschland so gern zu thun Pflegen, die Abhülfe<lb/> von Mängeln zu verlangen, unter denen unsere Universitäten leiden? oder<lb/> wäre es nicht etwa gerathen, da so manche Gebrechen derselben hauptsächlich<lb/> aus der einen Ursache, dem Mangel an Geld herrühren, auch selber, so weit<lb/> es in unseren Kräften steht, Hand mit anzulegen? — Die englischen Uni¬<lb/> versitäten geben uns die richtige Antwort auf diese Frage, und an Veran¬<lb/> lassungen, ihrem Beispiele zu folgen, fehlt es bei uns wahrlich nicht.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0145]
und gepflegt wie ihren Augapfel. Soll irgend eine neue Anstalt eingerichtet,
eine Professur gegründet, ein wissenschaftliches Unternehmen gefördert werden,
so finden sich sofort tausend Hände, die zur Unterstützung bereit sind; aber
meistens genügt schon die Hülfe eines einzigen Mannes, um dasselbe aus¬
zuführen. Und nicht etwa sind es bloß die reichen Adligen des Landes,
welche aus diese Weise der Hochschule, die sie gebildet hat, ihren Dank zollen;
nein, alle gebildeten Stände, und auch diejenigen, die nur zu den wohlhaben¬
den zu zählen sind, handeln hierin überein. Es ließen sich zahlreiche Bei¬
spiele dafür, selbst aus neuer und neuester Zeit anführen. Wer in Oxford
gewesen ist, erinnert sich der Ratcliffe-Bibliothek, der Sternwarte, des Hospi¬
tals: alle drei Anstalten sind Stiftungen des Dr. Ratcliffe, des Leibarztes
König William's III.; das Taylor-Institut, eine Akademie für neuere Sprachen,
wurde von einem wohlhabenden Kaufmann gegründet, und der jetzige Pro¬
fessor der angelsächsischen Sprache in Oxford stiftete erst vor wenigen Jahren
eine mit 500 ^? dotirte Professur für dasselbe Fach in Cambridge, wie über¬
haupt eine ganze Anzahl von Professuren Privatleuten, vielfach früheren
Docenten, ihre Entstehung zu danken haben. So kam es, daß die englischen
Universitäten von jeher mit einem solchen Reichthume ausgestattet waren,
daß der Krone kaum etwas zu thun übrig blieb.
Wie ganz anders liegen die Verhältnisse bei uns in Deutschland.
Wer wollte nicht stets in Dankbarkeit derjenigen Wohlthäter gedenken,
die sich auch um unsere Universitäten verdient gemacht haben, dennoch aber
müssen wir eingestehen, daß die englische Nationalwohlthätigkeit auf diesem
Gebiete sicherlich in dreifach höherem Maße die unsere übersteigt, als der eng¬
lische Nationalreichthum dem unsrigen überlegen ist, daß bei uns gerade die
Landesfürsten, die Regierungen, zu allen Zeiten, im Glück und Unglück es
waren und noch sind, denen unsere Universitäten durchschnittlich ihre Ent¬
stehung und Blüthe zu danken haben. Berlin, Bonn, Straßburg sind davon
die letzten beredten Zeugen. Sind wir nun solchen Thatsachen gegenüber
unter allen Gesichtspunkten berechtigt, von der Regierung und nur von der
Regierung, wie wir dies in Deutschland so gern zu thun Pflegen, die Abhülfe
von Mängeln zu verlangen, unter denen unsere Universitäten leiden? oder
wäre es nicht etwa gerathen, da so manche Gebrechen derselben hauptsächlich
aus der einen Ursache, dem Mangel an Geld herrühren, auch selber, so weit
es in unseren Kräften steht, Hand mit anzulegen? — Die englischen Uni¬
versitäten geben uns die richtige Antwort auf diese Frage, und an Veran¬
lassungen, ihrem Beispiele zu folgen, fehlt es bei uns wahrlich nicht.
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