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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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und obgleich persönlich verwundet, konnte Hauptmann Hasse doch nicht be¬
wogen werden, seine Stellung aufzugeben. -- Mit gleicher Energie verharrte
die 3. leichte Batterie unter Hauptmann Gnügge in einer wohlgewählten Auf¬
stellung hinter der Gartenmauer von Se. Hubert und verscheuchte wiederholt
die feindlichen Batterien, welche bei dem brennenden Moscou Stellung zu
nehmen suchten.

Von der vorgezogenen Kavallerie gelangte nur das Ulanen-Regiment
Ur. 4 auf die östliche Höhe und mußte bald wieder zurückgezogen werden.
Man erkannte, daß man die Gefechtslage überschätzt, daß der Gegner zwar
seine Außenposten verloren habe, in der Hauptstellung aber noch vollkommen
fest sei, und daß an eine Thätigkeit größerer Kavalleriemassen zunächst noch
gar nicht zu denken sei.

Die rückgängiger Bewegungen des größten Theils der Artillerie und der
Reiterei blieben nicht ohne Einfluß auf das Gefecht des Fußvolks; aber der
Rückschlag war nur von kurzer Dauer. Wenngleich nämlich die am meisten
gefährdeten und in stundenlangen Ringen gelichteten Theile der 15. Division
den Vorstoßen des Feindes auswichen oder sich in buntem Kampfgemisch
zusammenballten, so griffen doch schon auf der ganzen Linie frische Truppen
ins Gefecht ein. -- Auf dem freien Bergabhange südlich der Chaussee bildete
das niederrheinische Füsilier-Regiment Ur. 39 unter Oberst Ehlers fortan
den festen Vertheidigungskern, und in dem Raum nördlich der Hauptstraße
hatte die 31. Brigade den Kampf aufgenommen; eine geschlossene Verwendung
derselben verhinderten jedoch die Bodenverhältnisse. Gegen Ablauf der fünften
Nachmittagsstunde stand die 31. Brigade auf der ganzen Front der 30. ver¬
theilt und war in den Kampf derselben mit hineingezogen, ohne daß dadurch
eine wesentliche Veränderung der Befehlslage erzielt war.

Die beiden vorgeschobenen Batterien bei Se. Hubert hatten indessen zwei
Stunden lang ein sehr wirksames Feuer unterhalten. Nun endlich war die
Kraft der ganz ungedeckt stehenden reitenden Batterie gebrochen, da die gefechts¬
fähige Mannschaft nur noch zur Bedienung eines Geschützes ausreichte.
Dennoch räumte Hauptmann Hasse erst in Folge wiederholter Aufforderung
seiner Vorgesetzten den rühmlich behaupteten Posten. Langsam trat nach
5 Uhr die Batterie den Rückzug an und führte ihre Schwerverwundeten auf
den von Kugeln durchlöcherten Protzen mit sich fort. -- Somit blieb nur
noch die Batterie Gnügge auf dem weitvorgeschobenen Posten an der Garten¬
mauer von Se. Hubert in Thätigkeit.

Nunmehr trat im Bereich der I. Armee eine kurze Kampfpause ein, wie
sich eine solche ziemlich gleichzeitig auch bei der II. Armee ergeben hatte.


und obgleich persönlich verwundet, konnte Hauptmann Hasse doch nicht be¬
wogen werden, seine Stellung aufzugeben. — Mit gleicher Energie verharrte
die 3. leichte Batterie unter Hauptmann Gnügge in einer wohlgewählten Auf¬
stellung hinter der Gartenmauer von Se. Hubert und verscheuchte wiederholt
die feindlichen Batterien, welche bei dem brennenden Moscou Stellung zu
nehmen suchten.

Von der vorgezogenen Kavallerie gelangte nur das Ulanen-Regiment
Ur. 4 auf die östliche Höhe und mußte bald wieder zurückgezogen werden.
Man erkannte, daß man die Gefechtslage überschätzt, daß der Gegner zwar
seine Außenposten verloren habe, in der Hauptstellung aber noch vollkommen
fest sei, und daß an eine Thätigkeit größerer Kavalleriemassen zunächst noch
gar nicht zu denken sei.

Die rückgängiger Bewegungen des größten Theils der Artillerie und der
Reiterei blieben nicht ohne Einfluß auf das Gefecht des Fußvolks; aber der
Rückschlag war nur von kurzer Dauer. Wenngleich nämlich die am meisten
gefährdeten und in stundenlangen Ringen gelichteten Theile der 15. Division
den Vorstoßen des Feindes auswichen oder sich in buntem Kampfgemisch
zusammenballten, so griffen doch schon auf der ganzen Linie frische Truppen
ins Gefecht ein. — Auf dem freien Bergabhange südlich der Chaussee bildete
das niederrheinische Füsilier-Regiment Ur. 39 unter Oberst Ehlers fortan
den festen Vertheidigungskern, und in dem Raum nördlich der Hauptstraße
hatte die 31. Brigade den Kampf aufgenommen; eine geschlossene Verwendung
derselben verhinderten jedoch die Bodenverhältnisse. Gegen Ablauf der fünften
Nachmittagsstunde stand die 31. Brigade auf der ganzen Front der 30. ver¬
theilt und war in den Kampf derselben mit hineingezogen, ohne daß dadurch
eine wesentliche Veränderung der Befehlslage erzielt war.

Die beiden vorgeschobenen Batterien bei Se. Hubert hatten indessen zwei
Stunden lang ein sehr wirksames Feuer unterhalten. Nun endlich war die
Kraft der ganz ungedeckt stehenden reitenden Batterie gebrochen, da die gefechts¬
fähige Mannschaft nur noch zur Bedienung eines Geschützes ausreichte.
Dennoch räumte Hauptmann Hasse erst in Folge wiederholter Aufforderung
seiner Vorgesetzten den rühmlich behaupteten Posten. Langsam trat nach
5 Uhr die Batterie den Rückzug an und führte ihre Schwerverwundeten auf
den von Kugeln durchlöcherten Protzen mit sich fort. — Somit blieb nur
noch die Batterie Gnügge auf dem weitvorgeschobenen Posten an der Garten¬
mauer von Se. Hubert in Thätigkeit.

Nunmehr trat im Bereich der I. Armee eine kurze Kampfpause ein, wie
sich eine solche ziemlich gleichzeitig auch bei der II. Armee ergeben hatte.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/64>, abgerufen am 23.07.2024.