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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Wasser aufsau gten und in Folge dessen im Wasser nicht mehr die richtige
Lage behielten. Auch waren sie durch ihre Stärke dem Häringe zu leicht er¬
kennbar.) In Holland angestellte Erörterungen ergaben, daß der Holländische
Häringsfang im Jahre 186S nur 81 größere Schiffe beschäftigt, diese Zahl
sich aber in den folgenden Jahren in Folge der Reform stetig bis auf 123
größere Fahrzeuge im Jahre 1871 gesteigert hatte.

Der Geldertrag der holländischen Häringsfischerei hatte sich vom Jahre
1866--70 ungefähr verdoppelt, auch der Betrag für jedes ausgesandte Schiff
war in der gleichen Periode im Durchschnitt fast um ein Drittel gestiegen,
die Ursache lag eben in den verbesserten Fahrzeugen, Betriebsmethoden und
Fangmaterial, sowie in einer rationelleren Regelung des Antheils der Mann¬
schaft am Fange. Von dem Ertrage der holländischen Häringsfischerei wird
jetzt etwa die Hälfte desselben, nämlich 60,000 Tonnen jährlich nach Deutsch¬
land abgesetzt, welches außerdem große Quantitäten Schottischen und Nor¬
wegischen Häring consumirt, im Ganzen etwa 600,000 Tonnen, also das
Zehnfache des Imports aus Holland. Von allen Häringen wurde bisher
der holländische Häring am höchsten bezahlt. Bei der holländischen Fang¬
methode wird nämlich der Fisch lebend aus dem Netze kommend sofort an
Bord des Fahrzeugs getödtet und eingesalzen, während die Schotten in ihren
offenen Böten keine Einrichtung für das Einsalzen haben, sondern den in der
Nacht gefangenen Fisch am andern Tage halb abgestorben ans Land bringen.
Hier geht dann das Ausnehmen und Einsalzen vor sich. Die neue Emder
Gesellschaft hat nun drei Betriebsjahre hinter sich. Wie alle früheren deut¬
schen Unternehmungen dieser Art. so hat auch sie mit allerlei Schwierigkeiten
zu kämpfen und noch jetzt ist sie über ihre Lehrjahre lange nicht hinaus, allein
die Sache ließ sich doch von Haus aus weit besser an als bei dem Hamburger
und Bremer Betriebe. Der Emshafen Emden zeigte sich in mancher Beziehung
viel geeigneter für diesen Betrieb als die großen Seehandelshafen der Elbe
und Weser. Die Seefischerei ist ein mühsames, schwieriges Gewerbe, in dem
man nur durch lange Erfahrung und Uebung Meister werden kann. In
Bremerhafen und Hamburg war die Gewohnheit auf den Segel- und Dam¬
pferflotten, welche zwischen der deutschen Küste und den' europäischen wie
transatlantischen Seehäfen verkehrten, Dienste zu nehmen, wenigstens damals
reichlich geboten, der Verdienst ein sicherer. Außerdem war der Aufenthalt
am Lande zwischen den einzelnen Reisen weit länger als bei einem Fischer¬
fahrzeug, welches im Gegentheil in der günstigen Zeit des Fanges darauf an¬
gewiesen war, in kürzester Frist die nothwendigen Geschäfte des Löschens der
Fischkisten, des Einnehmers von neuem Proviant u. s. w. zu erledigen. Es
kam daher sehr häusig vor, daß jene Hamburger und Bremer Gesellschaften
ihre seegewohnt gewordenen Mannschaften an die großen Oceandampfer ab-


Wasser aufsau gten und in Folge dessen im Wasser nicht mehr die richtige
Lage behielten. Auch waren sie durch ihre Stärke dem Häringe zu leicht er¬
kennbar.) In Holland angestellte Erörterungen ergaben, daß der Holländische
Häringsfang im Jahre 186S nur 81 größere Schiffe beschäftigt, diese Zahl
sich aber in den folgenden Jahren in Folge der Reform stetig bis auf 123
größere Fahrzeuge im Jahre 1871 gesteigert hatte.

Der Geldertrag der holländischen Häringsfischerei hatte sich vom Jahre
1866—70 ungefähr verdoppelt, auch der Betrag für jedes ausgesandte Schiff
war in der gleichen Periode im Durchschnitt fast um ein Drittel gestiegen,
die Ursache lag eben in den verbesserten Fahrzeugen, Betriebsmethoden und
Fangmaterial, sowie in einer rationelleren Regelung des Antheils der Mann¬
schaft am Fange. Von dem Ertrage der holländischen Häringsfischerei wird
jetzt etwa die Hälfte desselben, nämlich 60,000 Tonnen jährlich nach Deutsch¬
land abgesetzt, welches außerdem große Quantitäten Schottischen und Nor¬
wegischen Häring consumirt, im Ganzen etwa 600,000 Tonnen, also das
Zehnfache des Imports aus Holland. Von allen Häringen wurde bisher
der holländische Häring am höchsten bezahlt. Bei der holländischen Fang¬
methode wird nämlich der Fisch lebend aus dem Netze kommend sofort an
Bord des Fahrzeugs getödtet und eingesalzen, während die Schotten in ihren
offenen Böten keine Einrichtung für das Einsalzen haben, sondern den in der
Nacht gefangenen Fisch am andern Tage halb abgestorben ans Land bringen.
Hier geht dann das Ausnehmen und Einsalzen vor sich. Die neue Emder
Gesellschaft hat nun drei Betriebsjahre hinter sich. Wie alle früheren deut¬
schen Unternehmungen dieser Art. so hat auch sie mit allerlei Schwierigkeiten
zu kämpfen und noch jetzt ist sie über ihre Lehrjahre lange nicht hinaus, allein
die Sache ließ sich doch von Haus aus weit besser an als bei dem Hamburger
und Bremer Betriebe. Der Emshafen Emden zeigte sich in mancher Beziehung
viel geeigneter für diesen Betrieb als die großen Seehandelshafen der Elbe
und Weser. Die Seefischerei ist ein mühsames, schwieriges Gewerbe, in dem
man nur durch lange Erfahrung und Uebung Meister werden kann. In
Bremerhafen und Hamburg war die Gewohnheit auf den Segel- und Dam¬
pferflotten, welche zwischen der deutschen Küste und den' europäischen wie
transatlantischen Seehäfen verkehrten, Dienste zu nehmen, wenigstens damals
reichlich geboten, der Verdienst ein sicherer. Außerdem war der Aufenthalt
am Lande zwischen den einzelnen Reisen weit länger als bei einem Fischer¬
fahrzeug, welches im Gegentheil in der günstigen Zeit des Fanges darauf an¬
gewiesen war, in kürzester Frist die nothwendigen Geschäfte des Löschens der
Fischkisten, des Einnehmers von neuem Proviant u. s. w. zu erledigen. Es
kam daher sehr häusig vor, daß jene Hamburger und Bremer Gesellschaften
ihre seegewohnt gewordenen Mannschaften an die großen Oceandampfer ab-


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[0498] Wasser aufsau gten und in Folge dessen im Wasser nicht mehr die richtige Lage behielten. Auch waren sie durch ihre Stärke dem Häringe zu leicht er¬ kennbar.) In Holland angestellte Erörterungen ergaben, daß der Holländische Häringsfang im Jahre 186S nur 81 größere Schiffe beschäftigt, diese Zahl sich aber in den folgenden Jahren in Folge der Reform stetig bis auf 123 größere Fahrzeuge im Jahre 1871 gesteigert hatte. Der Geldertrag der holländischen Häringsfischerei hatte sich vom Jahre 1866—70 ungefähr verdoppelt, auch der Betrag für jedes ausgesandte Schiff war in der gleichen Periode im Durchschnitt fast um ein Drittel gestiegen, die Ursache lag eben in den verbesserten Fahrzeugen, Betriebsmethoden und Fangmaterial, sowie in einer rationelleren Regelung des Antheils der Mann¬ schaft am Fange. Von dem Ertrage der holländischen Häringsfischerei wird jetzt etwa die Hälfte desselben, nämlich 60,000 Tonnen jährlich nach Deutsch¬ land abgesetzt, welches außerdem große Quantitäten Schottischen und Nor¬ wegischen Häring consumirt, im Ganzen etwa 600,000 Tonnen, also das Zehnfache des Imports aus Holland. Von allen Häringen wurde bisher der holländische Häring am höchsten bezahlt. Bei der holländischen Fang¬ methode wird nämlich der Fisch lebend aus dem Netze kommend sofort an Bord des Fahrzeugs getödtet und eingesalzen, während die Schotten in ihren offenen Böten keine Einrichtung für das Einsalzen haben, sondern den in der Nacht gefangenen Fisch am andern Tage halb abgestorben ans Land bringen. Hier geht dann das Ausnehmen und Einsalzen vor sich. Die neue Emder Gesellschaft hat nun drei Betriebsjahre hinter sich. Wie alle früheren deut¬ schen Unternehmungen dieser Art. so hat auch sie mit allerlei Schwierigkeiten zu kämpfen und noch jetzt ist sie über ihre Lehrjahre lange nicht hinaus, allein die Sache ließ sich doch von Haus aus weit besser an als bei dem Hamburger und Bremer Betriebe. Der Emshafen Emden zeigte sich in mancher Beziehung viel geeigneter für diesen Betrieb als die großen Seehandelshafen der Elbe und Weser. Die Seefischerei ist ein mühsames, schwieriges Gewerbe, in dem man nur durch lange Erfahrung und Uebung Meister werden kann. In Bremerhafen und Hamburg war die Gewohnheit auf den Segel- und Dam¬ pferflotten, welche zwischen der deutschen Küste und den' europäischen wie transatlantischen Seehäfen verkehrten, Dienste zu nehmen, wenigstens damals reichlich geboten, der Verdienst ein sicherer. Außerdem war der Aufenthalt am Lande zwischen den einzelnen Reisen weit länger als bei einem Fischer¬ fahrzeug, welches im Gegentheil in der günstigen Zeit des Fanges darauf an¬ gewiesen war, in kürzester Frist die nothwendigen Geschäfte des Löschens der Fischkisten, des Einnehmers von neuem Proviant u. s. w. zu erledigen. Es kam daher sehr häusig vor, daß jene Hamburger und Bremer Gesellschaften ihre seegewohnt gewordenen Mannschaften an die großen Oceandampfer ab-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/498>, abgerufen am 23.07.2024.