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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Halle meist sofort in Auction. werden ebenda in Eis verpackt und an der
andern Seite der Hatte streckt sich der Schienenweg, auf welchem die Lowries
bereit stehn, die nun den mit Fischkisten und -Körben bepackten Wagen auf¬
nehmen. Die Deichsel liegt neben dem Wagen und wenn der Zug an seinem
Bestimmungsort angekommen ist, wird der Fischwaggon an die Rampe ge¬
schoben, wo der Fischhändler, dem die Sendung zugeht, Pferde und Führer
bereit hält, um sofort den Fischwagen zu Markte oder direct zu den Bestellern
zu führen. Freilich fehlt uns auch ein so großer Consumplatz, wie es London
ist, das einen Weltmarkt wie für viele Lebensmittel so auch für Seefische bildet.
Dem Fischmarkt von Billingsgate, dem kleineren Columbia-marked und den
Fischhändlern des Westends wird nicht nur ein großer Theil der an und bei
den Küsten Großbritanniens und Irlands dem Meere abgewonnenen Ernte
an Seefischen und Krustenthieren zugeführt, auch Frankreich, Holland, Belgien
und Norwegen senden einen guten Theil der Ergebnisse ihrer zum Theil sehr
bedeutenden Seefischereien hierher zu Markte. Beispielsweise kommt Hummer
in Massen aus Norwegen, ebendaher im Winter auch H^ilbut, Holland und
vorzugsweise Harlingen sendet Muscheln, welche hier wie dort ein wichtiges
Volksnahrungsmittel bilden. In der großen Masse der Bevölkerung der
brittischen Inseln war von Haus aus die Neigung zur Seefischnahrung eine
weit größere und allgemeinere, als in den Continentalländern Europas. Nur
von einem culturhistorisch äußerst wichtig gewordenen Fische, dem Häring.
läßt sich sagen, daß er auf dem Continente in allen Kreisen des Volkes und
namentlich in den ärmeren Classen eine unentbehrliche Speise geworden ist,
seitdem es gelang, ihn durch Satzung und Räucherung auf längere Zeit ge¬
nießbar zu erhalten. Hieran knüpften die vor einigen Jahren wieder aufge¬
nommenen Bestrebungen zur Hebung der Deutschen Fischerei, durch Einrichtung
eines größeren Betriebes an der Deutschen Nordseeküste, wieder an. In
Emden, das schon früher den Häringsfang betrieben, aber in Folge von allerlei
Ungunst der Verhältnisse wieder aufgegeben hatte, wurde im Jahre 1872 mit
einem Capital von 100.000 Thlr. eine Gesellschaft für den Häringsfang in
der Nordsee nach holländischer Methode ins Leben gerufen. In Holland hatte
nämlich gerade zu jener Zeit die Einführung der zweckmäßiger construirten
Loggerfahrzeuge, an Stelle der veralteten Höcker (IwvKvr) die altbe¬
rühmte holländische Häringsfischerei, welche in der letzten Zeit zurückgegangen
War, einen neuen überraschenden Aufschwung genommen. Die neuen Logger
zeichneten sich vor Allem durch ihre größere Schnelligkeit aus, welche auf der
schärferen und leichteren Bauart beruhte. Sie besaßen eine größere Segel¬
tüchtigkeit und auf den Loggern konnten die in neuerer Zeit mit großem
Erfolg eingeführten leichteren Baumwollnetze verwendet werden. (Die alten
schweren Hanfnetze hatten sich als unpraktisch erwiesen, da die Maschen zuviel


Grenjboten I. 1875. 62

Halle meist sofort in Auction. werden ebenda in Eis verpackt und an der
andern Seite der Hatte streckt sich der Schienenweg, auf welchem die Lowries
bereit stehn, die nun den mit Fischkisten und -Körben bepackten Wagen auf¬
nehmen. Die Deichsel liegt neben dem Wagen und wenn der Zug an seinem
Bestimmungsort angekommen ist, wird der Fischwaggon an die Rampe ge¬
schoben, wo der Fischhändler, dem die Sendung zugeht, Pferde und Führer
bereit hält, um sofort den Fischwagen zu Markte oder direct zu den Bestellern
zu führen. Freilich fehlt uns auch ein so großer Consumplatz, wie es London
ist, das einen Weltmarkt wie für viele Lebensmittel so auch für Seefische bildet.
Dem Fischmarkt von Billingsgate, dem kleineren Columbia-marked und den
Fischhändlern des Westends wird nicht nur ein großer Theil der an und bei
den Küsten Großbritanniens und Irlands dem Meere abgewonnenen Ernte
an Seefischen und Krustenthieren zugeführt, auch Frankreich, Holland, Belgien
und Norwegen senden einen guten Theil der Ergebnisse ihrer zum Theil sehr
bedeutenden Seefischereien hierher zu Markte. Beispielsweise kommt Hummer
in Massen aus Norwegen, ebendaher im Winter auch H^ilbut, Holland und
vorzugsweise Harlingen sendet Muscheln, welche hier wie dort ein wichtiges
Volksnahrungsmittel bilden. In der großen Masse der Bevölkerung der
brittischen Inseln war von Haus aus die Neigung zur Seefischnahrung eine
weit größere und allgemeinere, als in den Continentalländern Europas. Nur
von einem culturhistorisch äußerst wichtig gewordenen Fische, dem Häring.
läßt sich sagen, daß er auf dem Continente in allen Kreisen des Volkes und
namentlich in den ärmeren Classen eine unentbehrliche Speise geworden ist,
seitdem es gelang, ihn durch Satzung und Räucherung auf längere Zeit ge¬
nießbar zu erhalten. Hieran knüpften die vor einigen Jahren wieder aufge¬
nommenen Bestrebungen zur Hebung der Deutschen Fischerei, durch Einrichtung
eines größeren Betriebes an der Deutschen Nordseeküste, wieder an. In
Emden, das schon früher den Häringsfang betrieben, aber in Folge von allerlei
Ungunst der Verhältnisse wieder aufgegeben hatte, wurde im Jahre 1872 mit
einem Capital von 100.000 Thlr. eine Gesellschaft für den Häringsfang in
der Nordsee nach holländischer Methode ins Leben gerufen. In Holland hatte
nämlich gerade zu jener Zeit die Einführung der zweckmäßiger construirten
Loggerfahrzeuge, an Stelle der veralteten Höcker (IwvKvr) die altbe¬
rühmte holländische Häringsfischerei, welche in der letzten Zeit zurückgegangen
War, einen neuen überraschenden Aufschwung genommen. Die neuen Logger
zeichneten sich vor Allem durch ihre größere Schnelligkeit aus, welche auf der
schärferen und leichteren Bauart beruhte. Sie besaßen eine größere Segel¬
tüchtigkeit und auf den Loggern konnten die in neuerer Zeit mit großem
Erfolg eingeführten leichteren Baumwollnetze verwendet werden. (Die alten
schweren Hanfnetze hatten sich als unpraktisch erwiesen, da die Maschen zuviel


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[0497] Halle meist sofort in Auction. werden ebenda in Eis verpackt und an der andern Seite der Hatte streckt sich der Schienenweg, auf welchem die Lowries bereit stehn, die nun den mit Fischkisten und -Körben bepackten Wagen auf¬ nehmen. Die Deichsel liegt neben dem Wagen und wenn der Zug an seinem Bestimmungsort angekommen ist, wird der Fischwaggon an die Rampe ge¬ schoben, wo der Fischhändler, dem die Sendung zugeht, Pferde und Führer bereit hält, um sofort den Fischwagen zu Markte oder direct zu den Bestellern zu führen. Freilich fehlt uns auch ein so großer Consumplatz, wie es London ist, das einen Weltmarkt wie für viele Lebensmittel so auch für Seefische bildet. Dem Fischmarkt von Billingsgate, dem kleineren Columbia-marked und den Fischhändlern des Westends wird nicht nur ein großer Theil der an und bei den Küsten Großbritanniens und Irlands dem Meere abgewonnenen Ernte an Seefischen und Krustenthieren zugeführt, auch Frankreich, Holland, Belgien und Norwegen senden einen guten Theil der Ergebnisse ihrer zum Theil sehr bedeutenden Seefischereien hierher zu Markte. Beispielsweise kommt Hummer in Massen aus Norwegen, ebendaher im Winter auch H^ilbut, Holland und vorzugsweise Harlingen sendet Muscheln, welche hier wie dort ein wichtiges Volksnahrungsmittel bilden. In der großen Masse der Bevölkerung der brittischen Inseln war von Haus aus die Neigung zur Seefischnahrung eine weit größere und allgemeinere, als in den Continentalländern Europas. Nur von einem culturhistorisch äußerst wichtig gewordenen Fische, dem Häring. läßt sich sagen, daß er auf dem Continente in allen Kreisen des Volkes und namentlich in den ärmeren Classen eine unentbehrliche Speise geworden ist, seitdem es gelang, ihn durch Satzung und Räucherung auf längere Zeit ge¬ nießbar zu erhalten. Hieran knüpften die vor einigen Jahren wieder aufge¬ nommenen Bestrebungen zur Hebung der Deutschen Fischerei, durch Einrichtung eines größeren Betriebes an der Deutschen Nordseeküste, wieder an. In Emden, das schon früher den Häringsfang betrieben, aber in Folge von allerlei Ungunst der Verhältnisse wieder aufgegeben hatte, wurde im Jahre 1872 mit einem Capital von 100.000 Thlr. eine Gesellschaft für den Häringsfang in der Nordsee nach holländischer Methode ins Leben gerufen. In Holland hatte nämlich gerade zu jener Zeit die Einführung der zweckmäßiger construirten Loggerfahrzeuge, an Stelle der veralteten Höcker (IwvKvr) die altbe¬ rühmte holländische Häringsfischerei, welche in der letzten Zeit zurückgegangen War, einen neuen überraschenden Aufschwung genommen. Die neuen Logger zeichneten sich vor Allem durch ihre größere Schnelligkeit aus, welche auf der schärferen und leichteren Bauart beruhte. Sie besaßen eine größere Segel¬ tüchtigkeit und auf den Loggern konnten die in neuerer Zeit mit großem Erfolg eingeführten leichteren Baumwollnetze verwendet werden. (Die alten schweren Hanfnetze hatten sich als unpraktisch erwiesen, da die Maschen zuviel Grenjboten I. 1875. 62

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/497>, abgerufen am 23.07.2024.