Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.Arbeiten bei den Advocaten verdienen, und dann nach vielleicht auch 10 Jah¬ Wie soll und kann es nun anders werden? -- Damit treten Unsere Antwort lautet kurz und entschieden dahin: liegt die Hauptursache Zuerst haben wir uns aber nun mit dem Einwürfe abzufinden, der Grund Zweitens wird eingewendet, oder kann wenigstens eingewendet werden, Arbeiten bei den Advocaten verdienen, und dann nach vielleicht auch 10 Jah¬ Wie soll und kann es nun anders werden? — Damit treten Unsere Antwort lautet kurz und entschieden dahin: liegt die Hauptursache Zuerst haben wir uns aber nun mit dem Einwürfe abzufinden, der Grund Zweitens wird eingewendet, oder kann wenigstens eingewendet werden, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0252" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133012"/> <p xml:id="ID_839" prev="#ID_838"> Arbeiten bei den Advocaten verdienen, und dann nach vielleicht auch 10 Jah¬<lb/> ren als Assessoren auch nur 1000—1200 si.. Aber sie rücken weiter, und können,<lb/> wenn sie sich nichts zu Schulden kommen lassen, aufs Weiterrücken zählen,<lb/> und auf bedeutend höhere Gehalte, während die Geistlichen durchschnittlich<lb/> bei einer Besoldung bleiben, die dort nur das Anfangsgehalt ist, die Mediciner<lb/> aber sehr bald in eine zufriedenstellende Lage kommen, und Alles, was zur<lb/> Industrie und zum Handel gehört, sich mit dem Gehalte der Beamten kaum<lb/> mehr vergleichen läßt. Darnach ist es begreiflich, daß auch die bisherige Besse¬<lb/> rung der Pfarrstellen noch keine eigentliche Hülfe gegen den Theologen - Man¬<lb/> gel gebracht hat und bringen wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_840"> Wie soll und kann es nun anders werden? — Damit treten<lb/> wir in eine allgemeinere Betrachtung ein, wie im Grunde die Ursache auch<lb/> ganz allgemein, d. h. überall gleich ist, wenn wir auch von den Hessischen<lb/> Zuständen ausgegangen sind, um eben die Ursache an concreten realen Zu¬<lb/> ständen nachzuweisen.</p><lb/> <p xml:id="ID_841"> Unsere Antwort lautet kurz und entschieden dahin: liegt die Hauptursache<lb/> in der gänzlich ungenügenden Dotation oder äußern materiellen Lage der geist¬<lb/> lichen Stellen, so muß man diese genügend aufbessern.</p><lb/> <p xml:id="ID_842"> Zuerst haben wir uns aber nun mit dem Einwürfe abzufinden, der Grund<lb/> der Abnahme der Theologie Studirenden liege schwerlich in der äußeren un¬<lb/> günstigen materiellen Lage, weil man doch annehmen müsse, daß nicht die<lb/> äußere Stellung, sondern der innere Beruf die jungen Männer zur Wahl der<lb/> kirchlichen Wirksamkeit treibe. Wer das sagt, der kennt die Wirklichkeit der<lb/> Lebensverhältnisse nicht. Nicht allein in der katholischen Kirche, wenn auch<lb/> dort noch mehr, so daß Kinder aus den niederen Gesellschaftsklassen förmlich<lb/> um der zu erwartenden Vortheile willen in ganz unzurechnungsfähigen Alter<lb/> von den Verwandten zum geistlichen Stande bestimmt werden, auch in der<lb/> evangelischen Kirche geht die Bestimmung zum geistlichen Berufe meist von<lb/> den Eltern aus. Natürlich soll damit nicht ausgeschlossen sein, weder, daß<lb/> auch in vielen angehenden Jünglingen schon eine innere Neigung, ein innerer<lb/> Beruf, dabei mitwirke, noch daß im Laufe des theologischen Studiums die<lb/> Neigung dazu gewonnen werde. Aber das Mißverhältniß der Stellung der<lb/> Geistlichen zu den anderen Berufsarten erscheint eben darin, daß Geistliche,<lb/> Schullehrer, Bürger und Bauern ihre Söhne nicht mehr in eine solche Lage<lb/> bringen wollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_843"> Zweitens wird eingewendet, oder kann wenigstens eingewendet werden,<lb/> daß durch eine bessere, den andern Berufsarten gleichstehende Stellung der<lb/> Geistlichen der geistliche Beruf selbst in seinem inneren Wesen verändert werde,<lb/> der gleichsam ein Sinnbild der Niedrigkeit und Demuth sein müsse, so<lb/> daß die Geistlichen auf die materiellen Güter keinen Werth legen dürften.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0252]
Arbeiten bei den Advocaten verdienen, und dann nach vielleicht auch 10 Jah¬
ren als Assessoren auch nur 1000—1200 si.. Aber sie rücken weiter, und können,
wenn sie sich nichts zu Schulden kommen lassen, aufs Weiterrücken zählen,
und auf bedeutend höhere Gehalte, während die Geistlichen durchschnittlich
bei einer Besoldung bleiben, die dort nur das Anfangsgehalt ist, die Mediciner
aber sehr bald in eine zufriedenstellende Lage kommen, und Alles, was zur
Industrie und zum Handel gehört, sich mit dem Gehalte der Beamten kaum
mehr vergleichen läßt. Darnach ist es begreiflich, daß auch die bisherige Besse¬
rung der Pfarrstellen noch keine eigentliche Hülfe gegen den Theologen - Man¬
gel gebracht hat und bringen wird.
Wie soll und kann es nun anders werden? — Damit treten
wir in eine allgemeinere Betrachtung ein, wie im Grunde die Ursache auch
ganz allgemein, d. h. überall gleich ist, wenn wir auch von den Hessischen
Zuständen ausgegangen sind, um eben die Ursache an concreten realen Zu¬
ständen nachzuweisen.
Unsere Antwort lautet kurz und entschieden dahin: liegt die Hauptursache
in der gänzlich ungenügenden Dotation oder äußern materiellen Lage der geist¬
lichen Stellen, so muß man diese genügend aufbessern.
Zuerst haben wir uns aber nun mit dem Einwürfe abzufinden, der Grund
der Abnahme der Theologie Studirenden liege schwerlich in der äußeren un¬
günstigen materiellen Lage, weil man doch annehmen müsse, daß nicht die
äußere Stellung, sondern der innere Beruf die jungen Männer zur Wahl der
kirchlichen Wirksamkeit treibe. Wer das sagt, der kennt die Wirklichkeit der
Lebensverhältnisse nicht. Nicht allein in der katholischen Kirche, wenn auch
dort noch mehr, so daß Kinder aus den niederen Gesellschaftsklassen förmlich
um der zu erwartenden Vortheile willen in ganz unzurechnungsfähigen Alter
von den Verwandten zum geistlichen Stande bestimmt werden, auch in der
evangelischen Kirche geht die Bestimmung zum geistlichen Berufe meist von
den Eltern aus. Natürlich soll damit nicht ausgeschlossen sein, weder, daß
auch in vielen angehenden Jünglingen schon eine innere Neigung, ein innerer
Beruf, dabei mitwirke, noch daß im Laufe des theologischen Studiums die
Neigung dazu gewonnen werde. Aber das Mißverhältniß der Stellung der
Geistlichen zu den anderen Berufsarten erscheint eben darin, daß Geistliche,
Schullehrer, Bürger und Bauern ihre Söhne nicht mehr in eine solche Lage
bringen wollen.
Zweitens wird eingewendet, oder kann wenigstens eingewendet werden,
daß durch eine bessere, den andern Berufsarten gleichstehende Stellung der
Geistlichen der geistliche Beruf selbst in seinem inneren Wesen verändert werde,
der gleichsam ein Sinnbild der Niedrigkeit und Demuth sein müsse, so
daß die Geistlichen auf die materiellen Güter keinen Werth legen dürften.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |