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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Fessel angelegt haben, Vom Tisch des Bundesrathes wurde aber überzeugend
erwiedert, daß es darauf ankomme, der Bank im Kampf mit unerfüllbaren
Forderungen eine unerschütterliche Position zu geben, und darauf, den An¬
sturm solcher Anforderungen niederzuhalten, damit er sich gar nicht erst erheben
könne, und darauf, das geschäftliche Publikum zur richtigen Bemessung der
nach der Lage Deutschlands möglichen Creditmittel von Anfang der neuen
Situation zu erziehen.

Der zweite Punkt, an welchem ein stärkerer Meinungskampf entbrannte,
war die Stelle des Gesetzes, welche von den Bedingungen handelt, unter welchen
fortan die Territorialbanken ihren Geschäftskreis über das Gebiet des ihnen
ursprünglich verliehenen Privilegiums ausdehnen dürfen. Die ursprüngliche
Regierungsvorlage schrieb eine Reihe einschneidender Bedingungen vor, welche
zum Theil den Kern des ursprünglichen Entwurfs ausmachten, und diese
Stellung auch durch alle Stadien behauptet haben, welche den Gesetzentwurf
durchlaufen. Hierunter war jedoch der sonst ausgeschlossene Fortbetrieb nicht
streng bankmäßiger Geschäfte denjenigen Banken gestattet, welche ihre Noten¬
ausgabe auf den Betrag des am 1. Januar 1874 eingezahlten Grundeapitals
beschränken würden. Die Commission hatte diese Begünstigung gestrichen,
der Reichstag stellte sie bei der zweiten Lesung mit einer einzigen Stimme
Majorität, die, wie man sagt, irrthümlich abgegeben wurde, wieder her, wohl
nicht zum geringsten Theil unter dem Einfluß der Erklärungen vom Bundes¬
rathstisch, welche sich für die Wiederherstellung aussprachen.' Wir hatten also
hier auf der einen Seite im Gegensatz zur Reichsregicrung und zu der ihr
folgenden Majorität Befürworter einer unbeschränkten oder weniger eng limi-
tirten Notenausgabe, aber auf Grundlage eines streng auf gewisse Formen
des Bankeredits eingeschränkten Geschäfts. Diese wollten auch, nachdem sie
ihren Wunsch einer weniger beschränkten Notenausgabe bei der Majorität nicht
durchgesetzt, keiner Notenbank ein anderes als das streng bankmäßige Ge¬
schäft gestatten. Dagegen war die Reichsregierung und mit ihr die Majori¬
tät des Reichstags bei der zweiten Lesung für eine solche Gestattung
Gunsten solcher Banken, welche die Notenausgabe auf den Betrag ihres Grund¬
capitals einschränken wollen. Es standen sich also gegenüber die Forderung
der Sauberkeit des Bankgeschäfts einerseits, andererseits das Interesse, der
Notenausgabe womöglich noch engere Schranken als die schon gegebenen zu
ziehen, selbst um den Preis der Gestattung unbankmäßiger Geschäfte für ein¬
zelne sich weiter einschränkende Banken. Die Befürworter dieser Begünstigung
führten an, daß einzelne Banken, welche einen wohlgesicherten lokalen Geschäfts¬
kreis besitzen sich lieber den Neichsnormativbedingungen nicht eonformiren
Würden, anstatt sich einen Theil ihres eingelebten Localgeschäftes nehmen zu
lassen, Wenn hierauf die Gegner sagten, solches Steifen einzelner Banken


Fessel angelegt haben, Vom Tisch des Bundesrathes wurde aber überzeugend
erwiedert, daß es darauf ankomme, der Bank im Kampf mit unerfüllbaren
Forderungen eine unerschütterliche Position zu geben, und darauf, den An¬
sturm solcher Anforderungen niederzuhalten, damit er sich gar nicht erst erheben
könne, und darauf, das geschäftliche Publikum zur richtigen Bemessung der
nach der Lage Deutschlands möglichen Creditmittel von Anfang der neuen
Situation zu erziehen.

Der zweite Punkt, an welchem ein stärkerer Meinungskampf entbrannte,
war die Stelle des Gesetzes, welche von den Bedingungen handelt, unter welchen
fortan die Territorialbanken ihren Geschäftskreis über das Gebiet des ihnen
ursprünglich verliehenen Privilegiums ausdehnen dürfen. Die ursprüngliche
Regierungsvorlage schrieb eine Reihe einschneidender Bedingungen vor, welche
zum Theil den Kern des ursprünglichen Entwurfs ausmachten, und diese
Stellung auch durch alle Stadien behauptet haben, welche den Gesetzentwurf
durchlaufen. Hierunter war jedoch der sonst ausgeschlossene Fortbetrieb nicht
streng bankmäßiger Geschäfte denjenigen Banken gestattet, welche ihre Noten¬
ausgabe auf den Betrag des am 1. Januar 1874 eingezahlten Grundeapitals
beschränken würden. Die Commission hatte diese Begünstigung gestrichen,
der Reichstag stellte sie bei der zweiten Lesung mit einer einzigen Stimme
Majorität, die, wie man sagt, irrthümlich abgegeben wurde, wieder her, wohl
nicht zum geringsten Theil unter dem Einfluß der Erklärungen vom Bundes¬
rathstisch, welche sich für die Wiederherstellung aussprachen.' Wir hatten also
hier auf der einen Seite im Gegensatz zur Reichsregicrung und zu der ihr
folgenden Majorität Befürworter einer unbeschränkten oder weniger eng limi-
tirten Notenausgabe, aber auf Grundlage eines streng auf gewisse Formen
des Bankeredits eingeschränkten Geschäfts. Diese wollten auch, nachdem sie
ihren Wunsch einer weniger beschränkten Notenausgabe bei der Majorität nicht
durchgesetzt, keiner Notenbank ein anderes als das streng bankmäßige Ge¬
schäft gestatten. Dagegen war die Reichsregierung und mit ihr die Majori¬
tät des Reichstags bei der zweiten Lesung für eine solche Gestattung
Gunsten solcher Banken, welche die Notenausgabe auf den Betrag ihres Grund¬
capitals einschränken wollen. Es standen sich also gegenüber die Forderung
der Sauberkeit des Bankgeschäfts einerseits, andererseits das Interesse, der
Notenausgabe womöglich noch engere Schranken als die schon gegebenen zu
ziehen, selbst um den Preis der Gestattung unbankmäßiger Geschäfte für ein¬
zelne sich weiter einschränkende Banken. Die Befürworter dieser Begünstigung
führten an, daß einzelne Banken, welche einen wohlgesicherten lokalen Geschäfts¬
kreis besitzen sich lieber den Neichsnormativbedingungen nicht eonformiren
Würden, anstatt sich einen Theil ihres eingelebten Localgeschäftes nehmen zu
lassen, Wenn hierauf die Gegner sagten, solches Steifen einzelner Banken


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/238>, abgerufen am 23.07.2024.