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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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auf ihr Privilegium habe neben der Neichsbank keine Gefahr, so war dies eine
etwas unverständliche Antwort. Denn die Vorstellung, daß die Reichsbank
alle andern Banken beliebig todtschlagen könne, hat doch nur einigen Schein,
wenn die Reichsbank das Recht unbeschränkter Notenausgabe besitzt, das sie
eben nicht erhalten hat.

So mochte man der Neichsregierung beistimmen, daß die Beschränkung
der Notenausgabe Wünschenswerther sei, als die Beseitigung einer local einge-
lebten und dadurch vor Besorgnissen geschützten Hinausschreituug des Bankbe¬
triebes über den correkten Geschäftskreis der Notenbank. Indessen fand Laster
Zur Vermittlung dieses Gegensatzes das El des Columbus mit dem Vorschlag,
d'e Gestaltung unbankmäßiger Geschäfte einzelnen Banken nicht durch das Gesetz,
sondern nach Maßgabe des Bundesrathes bei Beschränkung der Notenausgabe
auf den Betrag des Grundkapitals und bei Nachweisung besonderen Bedürf-
nisses widerruflich zu gestatten. Der Reichstag nahm diesen Vorschlag bei
der dritten Lesung mit unzweifelhafter Majorität in das Gesetz auf. Somit
^ar auch diese Differenz für beide entgegengesetzte Seiten befriedigend gelöst.

Wenn diese unsere Briefe sich den Zweck setzen, gewissermaßen einen
^asvnnirenden Katalog der Reichstagsvorgänge zu geben, das Schwierige und
bedeutsame zu erläutern, das Andere mehr oder minder summarisch anzuführen,
^ haben wir nicht Grund, die leicht geschlichteten Differenzen um untergeord-
nete Modalitäten des Bankgesetzes ausführlich zu verfolgen z. B. über die
Bestimmung der Einlösungsstellen. Dahin rechnen wir selbst die vom Reichs¬
tag in Wegfall gebrachte einprocentige Steuer auf den innerhalb des jeder
^aut zugetheilten Contingents sich bewegenden Betrag ungedeckter Noten.
Das Prinzip der Regierungsvorlage, die ungedeckte Note mit der gedeckten
irgend auf gleichen Fuß zu stellen, ist dadurch etwas abgeschwächt worden;
doch wird der Schade nicht von großem Einfluß sein.

Einige Gegensätze, welche bei der Regelung des Bankwesens in der öffent¬
lichen Meinung stark hervorzutreten schienen, haben den Reichstag gar nicht
beschäftigt. Die verschollene Idee der Bankfreiheit hat in Herrn Eugen Richter
allerdings auch im Reichstag noch einen einzelnen Partisanen gefunden. Die
'u der öffentlichen Meinung viel erörterte Frage aber, ob das Kapital der
Neichsbank aus Staats- oder Privatmitteln zu bilden sei, ist im Reichstag
nar nicht zur Frage gekommen. Das ist ein sehr gutes Zeichen für die Festig¬
et und Verbreitung der richtigen Anschauung. Zur Erläuterung des Gesetzes
Müssen wir indeß dieser Frage, deren Entscheidung trotz der erfreulichen Ein¬
stimmigkeit des Reichstags nicht auf der Hand liegt, noch ein Wort widmen.
Man hat infinuiren wollen, der Standpunkt, der im Gegensatz zur Man-
chesterschule stehenden socialpolitischen Schule bedinge das Eintreten für de"
bantbelncb aus Staatsmitteln. Das ist ein ganzer Irrthum ohne jedes Korn


auf ihr Privilegium habe neben der Neichsbank keine Gefahr, so war dies eine
etwas unverständliche Antwort. Denn die Vorstellung, daß die Reichsbank
alle andern Banken beliebig todtschlagen könne, hat doch nur einigen Schein,
wenn die Reichsbank das Recht unbeschränkter Notenausgabe besitzt, das sie
eben nicht erhalten hat.

So mochte man der Neichsregierung beistimmen, daß die Beschränkung
der Notenausgabe Wünschenswerther sei, als die Beseitigung einer local einge-
lebten und dadurch vor Besorgnissen geschützten Hinausschreituug des Bankbe¬
triebes über den correkten Geschäftskreis der Notenbank. Indessen fand Laster
Zur Vermittlung dieses Gegensatzes das El des Columbus mit dem Vorschlag,
d'e Gestaltung unbankmäßiger Geschäfte einzelnen Banken nicht durch das Gesetz,
sondern nach Maßgabe des Bundesrathes bei Beschränkung der Notenausgabe
auf den Betrag des Grundkapitals und bei Nachweisung besonderen Bedürf-
nisses widerruflich zu gestatten. Der Reichstag nahm diesen Vorschlag bei
der dritten Lesung mit unzweifelhafter Majorität in das Gesetz auf. Somit
^ar auch diese Differenz für beide entgegengesetzte Seiten befriedigend gelöst.

Wenn diese unsere Briefe sich den Zweck setzen, gewissermaßen einen
^asvnnirenden Katalog der Reichstagsvorgänge zu geben, das Schwierige und
bedeutsame zu erläutern, das Andere mehr oder minder summarisch anzuführen,
^ haben wir nicht Grund, die leicht geschlichteten Differenzen um untergeord-
nete Modalitäten des Bankgesetzes ausführlich zu verfolgen z. B. über die
Bestimmung der Einlösungsstellen. Dahin rechnen wir selbst die vom Reichs¬
tag in Wegfall gebrachte einprocentige Steuer auf den innerhalb des jeder
^aut zugetheilten Contingents sich bewegenden Betrag ungedeckter Noten.
Das Prinzip der Regierungsvorlage, die ungedeckte Note mit der gedeckten
irgend auf gleichen Fuß zu stellen, ist dadurch etwas abgeschwächt worden;
doch wird der Schade nicht von großem Einfluß sein.

Einige Gegensätze, welche bei der Regelung des Bankwesens in der öffent¬
lichen Meinung stark hervorzutreten schienen, haben den Reichstag gar nicht
beschäftigt. Die verschollene Idee der Bankfreiheit hat in Herrn Eugen Richter
allerdings auch im Reichstag noch einen einzelnen Partisanen gefunden. Die
'u der öffentlichen Meinung viel erörterte Frage aber, ob das Kapital der
Neichsbank aus Staats- oder Privatmitteln zu bilden sei, ist im Reichstag
nar nicht zur Frage gekommen. Das ist ein sehr gutes Zeichen für die Festig¬
et und Verbreitung der richtigen Anschauung. Zur Erläuterung des Gesetzes
Müssen wir indeß dieser Frage, deren Entscheidung trotz der erfreulichen Ein¬
stimmigkeit des Reichstags nicht auf der Hand liegt, noch ein Wort widmen.
Man hat infinuiren wollen, der Standpunkt, der im Gegensatz zur Man-
chesterschule stehenden socialpolitischen Schule bedinge das Eintreten für de»
bantbelncb aus Staatsmitteln. Das ist ein ganzer Irrthum ohne jedes Korn


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[0239] auf ihr Privilegium habe neben der Neichsbank keine Gefahr, so war dies eine etwas unverständliche Antwort. Denn die Vorstellung, daß die Reichsbank alle andern Banken beliebig todtschlagen könne, hat doch nur einigen Schein, wenn die Reichsbank das Recht unbeschränkter Notenausgabe besitzt, das sie eben nicht erhalten hat. So mochte man der Neichsregierung beistimmen, daß die Beschränkung der Notenausgabe Wünschenswerther sei, als die Beseitigung einer local einge- lebten und dadurch vor Besorgnissen geschützten Hinausschreituug des Bankbe¬ triebes über den correkten Geschäftskreis der Notenbank. Indessen fand Laster Zur Vermittlung dieses Gegensatzes das El des Columbus mit dem Vorschlag, d'e Gestaltung unbankmäßiger Geschäfte einzelnen Banken nicht durch das Gesetz, sondern nach Maßgabe des Bundesrathes bei Beschränkung der Notenausgabe auf den Betrag des Grundkapitals und bei Nachweisung besonderen Bedürf- nisses widerruflich zu gestatten. Der Reichstag nahm diesen Vorschlag bei der dritten Lesung mit unzweifelhafter Majorität in das Gesetz auf. Somit ^ar auch diese Differenz für beide entgegengesetzte Seiten befriedigend gelöst. Wenn diese unsere Briefe sich den Zweck setzen, gewissermaßen einen ^asvnnirenden Katalog der Reichstagsvorgänge zu geben, das Schwierige und bedeutsame zu erläutern, das Andere mehr oder minder summarisch anzuführen, ^ haben wir nicht Grund, die leicht geschlichteten Differenzen um untergeord- nete Modalitäten des Bankgesetzes ausführlich zu verfolgen z. B. über die Bestimmung der Einlösungsstellen. Dahin rechnen wir selbst die vom Reichs¬ tag in Wegfall gebrachte einprocentige Steuer auf den innerhalb des jeder ^aut zugetheilten Contingents sich bewegenden Betrag ungedeckter Noten. Das Prinzip der Regierungsvorlage, die ungedeckte Note mit der gedeckten irgend auf gleichen Fuß zu stellen, ist dadurch etwas abgeschwächt worden; doch wird der Schade nicht von großem Einfluß sein. Einige Gegensätze, welche bei der Regelung des Bankwesens in der öffent¬ lichen Meinung stark hervorzutreten schienen, haben den Reichstag gar nicht beschäftigt. Die verschollene Idee der Bankfreiheit hat in Herrn Eugen Richter allerdings auch im Reichstag noch einen einzelnen Partisanen gefunden. Die 'u der öffentlichen Meinung viel erörterte Frage aber, ob das Kapital der Neichsbank aus Staats- oder Privatmitteln zu bilden sei, ist im Reichstag nar nicht zur Frage gekommen. Das ist ein sehr gutes Zeichen für die Festig¬ et und Verbreitung der richtigen Anschauung. Zur Erläuterung des Gesetzes Müssen wir indeß dieser Frage, deren Entscheidung trotz der erfreulichen Ein¬ stimmigkeit des Reichstags nicht auf der Hand liegt, noch ein Wort widmen. Man hat infinuiren wollen, der Standpunkt, der im Gegensatz zur Man- chesterschule stehenden socialpolitischen Schule bedinge das Eintreten für de» bantbelncb aus Staatsmitteln. Das ist ein ganzer Irrthum ohne jedes Korn

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/239>, abgerufen am 23.07.2024.