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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Freilich ist der Napoleoncultus, der hier getrieben wird, etwas widerwärtig
und selbst dann in England kaum zu begreifen, wenn man erwägt, daß die
Begründerin der Ausstellung eine in Paris erzogene Bernenn war, welche zu
Umgebung des französischen Kaisers in naher Beziehung stand. Aber das
wvchte noch angehen, denn man kann ja glücklicher Weise heutigen Tages
über jene Verherrlichung nur lächeln-

Wenn aber z. B, Heinrich VIII. mit seinen 6 Frauen, Eduard VI. und
Thomas Wolsey eine friedliche lebende Gruppe bilden, so ist das schon we-
^ger zu begreifen, wenn man bedenkt, wie viel Blut gerade von diesen Per¬
sonen verflossen ist. Und nun sind gar die sämmtlichen englischen Herrscher
Und Herrscherinnen von Heinrich VI. bis zur blutigen Marie, die also einen
Zeitraum von 3^ Jahrhunderten umfassen, abermals in eine Gruppe zu>
sannnengefaßt, die sich friedlich unterhält. Es wurde mir gesagt, das sei so
^)t englisch; nun diese Auffassung mögen unsere Stammesbrüder getrost für
^behalten. Einige der Figuren sind aber auch herzlich schlecht, so
^sonders die deutsche Kaiserfamilie, die großen Staatsmänner und Generäle
^us den großen Zeiten von 1813 und 1870. Abgesehen von Formalitäten, --
^°Me hat z. B. hellblaue bairische Beinkleider -- sind die Gesichter schiech-
^rdings nicht zu erkennen und mit Mac Mensor, Bazaine und andern frän¬
kischen Generälen ist es nicht viel besser.

. heutigen Tages Berlin besucht, wird selten versäumen die neue
^Mgallerie zu sehen und wenn er in das dortige Wachssigurencabinet ein-
über ^ vorzüglichen Aehnlichkeiten und ausgezeichneten Dar-
U'klungen freudig erstaunen. Die Großartigkeit und die Quantität des Lor-
"er Cabinets ist unerreicht, ich ziehe aber die Qualität vor und diese ge¬
ehrt B Alfred Blum. erlin.




Mes dem Ueichsllmde.

Die Bezirks-Präsidenten-Frage für Oberelsaß und Lothringen ist nun
^ definitiv gelöst, nachdem Gerüchte für und wider wochenlang in der
/' ^""bischen und übrigen deutschen Presse umhergeschwirrt waren und die
". ^'che Meinung in diesem Punkte gewissermaßen unsicher gemacht hatten.
Thatsachen, die sich aus dein Gewirre der Gerüchte und Vermuthungen
^ heute feststellen lassen, sind folgende zu verzeichnen: An die Stelle der


Freilich ist der Napoleoncultus, der hier getrieben wird, etwas widerwärtig
und selbst dann in England kaum zu begreifen, wenn man erwägt, daß die
Begründerin der Ausstellung eine in Paris erzogene Bernenn war, welche zu
Umgebung des französischen Kaisers in naher Beziehung stand. Aber das
wvchte noch angehen, denn man kann ja glücklicher Weise heutigen Tages
über jene Verherrlichung nur lächeln-

Wenn aber z. B, Heinrich VIII. mit seinen 6 Frauen, Eduard VI. und
Thomas Wolsey eine friedliche lebende Gruppe bilden, so ist das schon we-
^ger zu begreifen, wenn man bedenkt, wie viel Blut gerade von diesen Per¬
sonen verflossen ist. Und nun sind gar die sämmtlichen englischen Herrscher
Und Herrscherinnen von Heinrich VI. bis zur blutigen Marie, die also einen
Zeitraum von 3^ Jahrhunderten umfassen, abermals in eine Gruppe zu>
sannnengefaßt, die sich friedlich unterhält. Es wurde mir gesagt, das sei so
^)t englisch; nun diese Auffassung mögen unsere Stammesbrüder getrost für
^behalten. Einige der Figuren sind aber auch herzlich schlecht, so
^sonders die deutsche Kaiserfamilie, die großen Staatsmänner und Generäle
^us den großen Zeiten von 1813 und 1870. Abgesehen von Formalitäten, —
^°Me hat z. B. hellblaue bairische Beinkleider — sind die Gesichter schiech-
^rdings nicht zu erkennen und mit Mac Mensor, Bazaine und andern frän¬
kischen Generälen ist es nicht viel besser.

. heutigen Tages Berlin besucht, wird selten versäumen die neue
^Mgallerie zu sehen und wenn er in das dortige Wachssigurencabinet ein-
über ^ vorzüglichen Aehnlichkeiten und ausgezeichneten Dar-
U'klungen freudig erstaunen. Die Großartigkeit und die Quantität des Lor-
»er Cabinets ist unerreicht, ich ziehe aber die Qualität vor und diese ge¬
ehrt B Alfred Blum. erlin.




Mes dem Ueichsllmde.

Die Bezirks-Präsidenten-Frage für Oberelsaß und Lothringen ist nun
^ definitiv gelöst, nachdem Gerüchte für und wider wochenlang in der
/' ^""bischen und übrigen deutschen Presse umhergeschwirrt waren und die
». ^'che Meinung in diesem Punkte gewissermaßen unsicher gemacht hatten.
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[0231] Freilich ist der Napoleoncultus, der hier getrieben wird, etwas widerwärtig und selbst dann in England kaum zu begreifen, wenn man erwägt, daß die Begründerin der Ausstellung eine in Paris erzogene Bernenn war, welche zu Umgebung des französischen Kaisers in naher Beziehung stand. Aber das wvchte noch angehen, denn man kann ja glücklicher Weise heutigen Tages über jene Verherrlichung nur lächeln- Wenn aber z. B, Heinrich VIII. mit seinen 6 Frauen, Eduard VI. und Thomas Wolsey eine friedliche lebende Gruppe bilden, so ist das schon we- ^ger zu begreifen, wenn man bedenkt, wie viel Blut gerade von diesen Per¬ sonen verflossen ist. Und nun sind gar die sämmtlichen englischen Herrscher Und Herrscherinnen von Heinrich VI. bis zur blutigen Marie, die also einen Zeitraum von 3^ Jahrhunderten umfassen, abermals in eine Gruppe zu> sannnengefaßt, die sich friedlich unterhält. Es wurde mir gesagt, das sei so ^)t englisch; nun diese Auffassung mögen unsere Stammesbrüder getrost für ^behalten. Einige der Figuren sind aber auch herzlich schlecht, so ^sonders die deutsche Kaiserfamilie, die großen Staatsmänner und Generäle ^us den großen Zeiten von 1813 und 1870. Abgesehen von Formalitäten, — ^°Me hat z. B. hellblaue bairische Beinkleider — sind die Gesichter schiech- ^rdings nicht zu erkennen und mit Mac Mensor, Bazaine und andern frän¬ kischen Generälen ist es nicht viel besser. . heutigen Tages Berlin besucht, wird selten versäumen die neue ^Mgallerie zu sehen und wenn er in das dortige Wachssigurencabinet ein- über ^ vorzüglichen Aehnlichkeiten und ausgezeichneten Dar- U'klungen freudig erstaunen. Die Großartigkeit und die Quantität des Lor- »er Cabinets ist unerreicht, ich ziehe aber die Qualität vor und diese ge¬ ehrt B Alfred Blum. erlin. Mes dem Ueichsllmde. Die Bezirks-Präsidenten-Frage für Oberelsaß und Lothringen ist nun ^ definitiv gelöst, nachdem Gerüchte für und wider wochenlang in der /' ^""bischen und übrigen deutschen Presse umhergeschwirrt waren und die ». ^'che Meinung in diesem Punkte gewissermaßen unsicher gemacht hatten. Thatsachen, die sich aus dein Gewirre der Gerüchte und Vermuthungen ^ heute feststellen lassen, sind folgende zu verzeichnen: An die Stelle der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/231>, abgerufen am 03.07.2024.