Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.büchern, Gesangbüchern, agendarischen Normen auf die konkrete Geltung der Es bleibt uns noch übrig, einen Aufsatz zu besprechen: "Die Wahl¬ büchern, Gesangbüchern, agendarischen Normen auf die konkrete Geltung der Es bleibt uns noch übrig, einen Aufsatz zu besprechen: „Die Wahl¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0148" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132908"/> <p xml:id="ID_502" prev="#ID_501"> büchern, Gesangbüchern, agendarischen Normen auf die konkrete Geltung der<lb/> Bekenntnisse, auf die Bestimmung des Maßes der ihnen eignenden verpflichten¬<lb/> den Kraft Einfluß ausüben können. Der Herr Verfasser wünscht nun, daß<lb/> auf allen diesen Gebieten die General-Synode einen bindenden Beschluß ohne<lb/> Zustimmung der Provinzialsynoden zu fassen nicht befugt sei. Die Synodal¬<lb/> ordnung enthält ebenfalls in § 65 Ur. 3 alm. 3 die Bestimmung: „Neue<lb/> Katechismus-Erklärungen, Religions-Lehrbücher, Gesangbücher und agen¬<lb/> darische Normen dürfen in dem Provinzial-Bezirk nicht ohne Zustimmung der<lb/> Provinzial-Synode eingeführt werden." Die Lehrnorm, die Basis für das<lb/> disciplinarische Verfahren hinsichtlich Lehrabweichungen, ist dagegen, wie wir<lb/> glauben, absichtlich nicht den Provinzialsynoden überlassen. Wir können dies<lb/> nur billigen und weichen darin von dem Herrn Verfasser ab. Es handelt sich<lb/> für uns nicht etwa darum, das Recht des Confesfionellen zu beseitigen, es ist dies<lb/> ja geschützt, wenn der Bekenntnißstand der einzelnen Gemeinden garantirt ist,<lb/> sondern darum, daß in der evangelischen Landeskirche, soweit die confessio-<lb/> nelle Differenz es gestattet, eine gemeinsame Lehrordnung und Lehrverpflich¬<lb/> tung zur Geltung komme. Wir würden es auf das tiefste beklagen, wenn<lb/> ein Geistlicher in der Provinzialkirche Preußens fungiren könnte, der in der<lb/> Provinzialkirche Pommerns abgesetzt wäre. Die Zerrissenheit des Protestan¬<lb/> tismus ist groß genug, als daß wir durch Zulassung provinziell kirchlicher<lb/> Lehrnormen sie mehren dürften. Dagegen würden wir es gutheißen, daß der<lb/> Festsetzung einer kirchlichen Lehrordnung durch die Generalsynode eine Berathung<lb/> derselben durch die Provinzialsynoden voranginge, damit das moralische Ge¬<lb/> wicht derselben wirksam sein könnte. Und ebenso würde es nothwendig sein,<lb/> bei der tiefgreifenden Bedeutung der Gesetzgebung auf diesem Gebiete, daß nicht<lb/> eine kleine zufällige Majorität, sondern eine Zweidrittel-Majorität als Be¬<lb/> dingung für ihr Zustandekommen angesehen werde.</p><lb/> <p xml:id="ID_503" next="#ID_504"> Es bleibt uns noch übrig, einen Aufsatz zu besprechen: „Die Wahl¬<lb/> ordnung für die definitive Generalsynode" von Professor Dr. Erwin Nasse.<lb/> Der Herr Verfasser stellt sich die Aufgabe, eine Wahlordnung für die defini¬<lb/> tive Generalsynode aufzufinden, welche einmal das kirchliche Leben soviel wie<lb/> möglich vor Agitationen schütze, welche sodann die Wahl von kirchlich be¬<lb/> währten Männern begünstige, welche endlich den verschiedenen Parteien nach<lb/> dem Maße der erworbnen Geltung Raum gewähre. Die Frage nach dem<lb/> Zahlenverhältniß zwischen Geistlichen und Laien scheint ihm mit Recht als<lb/> von untergeordnetem Werthe, denn die Parteien gruppiren sich nach anderen<lb/> Kategorien, aber es muß nichts desto weniger dies Zahlenverhältniß gesetzlich<lb/> festgestellt werden, es darf nicht dem Zufall überlassen bleiben. Der Herr<lb/> Verfasser spricht, und wir stimmen darin mit ihm überein, in dieser Hinsicht<lb/> mit großer Anerkennung von dem Wahlmodus, der für die außerordentliche</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0148]
büchern, Gesangbüchern, agendarischen Normen auf die konkrete Geltung der
Bekenntnisse, auf die Bestimmung des Maßes der ihnen eignenden verpflichten¬
den Kraft Einfluß ausüben können. Der Herr Verfasser wünscht nun, daß
auf allen diesen Gebieten die General-Synode einen bindenden Beschluß ohne
Zustimmung der Provinzialsynoden zu fassen nicht befugt sei. Die Synodal¬
ordnung enthält ebenfalls in § 65 Ur. 3 alm. 3 die Bestimmung: „Neue
Katechismus-Erklärungen, Religions-Lehrbücher, Gesangbücher und agen¬
darische Normen dürfen in dem Provinzial-Bezirk nicht ohne Zustimmung der
Provinzial-Synode eingeführt werden." Die Lehrnorm, die Basis für das
disciplinarische Verfahren hinsichtlich Lehrabweichungen, ist dagegen, wie wir
glauben, absichtlich nicht den Provinzialsynoden überlassen. Wir können dies
nur billigen und weichen darin von dem Herrn Verfasser ab. Es handelt sich
für uns nicht etwa darum, das Recht des Confesfionellen zu beseitigen, es ist dies
ja geschützt, wenn der Bekenntnißstand der einzelnen Gemeinden garantirt ist,
sondern darum, daß in der evangelischen Landeskirche, soweit die confessio-
nelle Differenz es gestattet, eine gemeinsame Lehrordnung und Lehrverpflich¬
tung zur Geltung komme. Wir würden es auf das tiefste beklagen, wenn
ein Geistlicher in der Provinzialkirche Preußens fungiren könnte, der in der
Provinzialkirche Pommerns abgesetzt wäre. Die Zerrissenheit des Protestan¬
tismus ist groß genug, als daß wir durch Zulassung provinziell kirchlicher
Lehrnormen sie mehren dürften. Dagegen würden wir es gutheißen, daß der
Festsetzung einer kirchlichen Lehrordnung durch die Generalsynode eine Berathung
derselben durch die Provinzialsynoden voranginge, damit das moralische Ge¬
wicht derselben wirksam sein könnte. Und ebenso würde es nothwendig sein,
bei der tiefgreifenden Bedeutung der Gesetzgebung auf diesem Gebiete, daß nicht
eine kleine zufällige Majorität, sondern eine Zweidrittel-Majorität als Be¬
dingung für ihr Zustandekommen angesehen werde.
Es bleibt uns noch übrig, einen Aufsatz zu besprechen: „Die Wahl¬
ordnung für die definitive Generalsynode" von Professor Dr. Erwin Nasse.
Der Herr Verfasser stellt sich die Aufgabe, eine Wahlordnung für die defini¬
tive Generalsynode aufzufinden, welche einmal das kirchliche Leben soviel wie
möglich vor Agitationen schütze, welche sodann die Wahl von kirchlich be¬
währten Männern begünstige, welche endlich den verschiedenen Parteien nach
dem Maße der erworbnen Geltung Raum gewähre. Die Frage nach dem
Zahlenverhältniß zwischen Geistlichen und Laien scheint ihm mit Recht als
von untergeordnetem Werthe, denn die Parteien gruppiren sich nach anderen
Kategorien, aber es muß nichts desto weniger dies Zahlenverhältniß gesetzlich
festgestellt werden, es darf nicht dem Zufall überlassen bleiben. Der Herr
Verfasser spricht, und wir stimmen darin mit ihm überein, in dieser Hinsicht
mit großer Anerkennung von dem Wahlmodus, der für die außerordentliche
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