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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Generalsynode festgesetzt ist. Derselbe läßt sie aus einem Drittel Geistlicher,
einem Drittel Laien bestehen und giebt in Bezug auf das letzte Drittel freien
Spielraum. Schwieriger ist die Frage, ob die General-Synode aus Urwasi
der Gemeinden, wenn auch durch Wahlmänner vermittelt, oder aus Wahl
einer der niederen Vertretungsstufen oder endlich aus den Provinzial-Synoden
hervorgehen solle. Wir entscheiden uns mit dem Herrn Verfasser für den
letzten Modus. Gegen die übrigen spricht die durch die Größe der Wahlbe¬
zirke gesteigerte Gefahr der Partei-Agitationen, welche auf kirchlichem Gebiet
viel tiefer greifende Schäden als auf politischem hervorbringen. Es kommt
hinzu, daß, soweit es angeht, von der Generalsynode die Männer fern ge¬
halten werden müssen, welche ohne wahrhaft kirchliches Interesse und ohne
Neigung die kleinen unscheinbaren Dienste zu üben, welcher die kirchliche Gemeinde
bedarf, desto mehr danach trachten, in größeren Versammlungen ihr Licht
leuchten zu lassen. Die Generalsynode kann nur dann segensreich wirken,
wenn sie zum größten Theil aus Männern besteht, welche in der Arbeit an der
Gemeinde sich bewährt haben. Es ist endlich zu erwägen, daß wenn die
Provinzialsynoden nicht den Wahlkörper für die Generalsynode bilden, zwischen
beiden Vertretungen sich bedauerliche Gegensätze und Widersprüche bilden müssen,
da sie beide den größten Theil der zu berathenden Gegenstände gemeinsam
haben und nun doch nicht in einem inneren organischen Verhältnisse zu ein¬
ander stehen. Nur wenn die Generalsynode, wenigstens zum größten Theile
aus den Provinzial-Synoden hervorgeht, ist eine Harmonie zwischen dem
Ganzen und den einzelnen Theilen verbürgt, im entgegengesetzten Falle ist der
Zwiespalt zwischen beiden Seiten begründet. Es ist bei diesem Wahlmodus
nur die einzige Gefahr, daß die Majoritäten ihre Macht rücksichtslos ausüben
und vielleicht ansehnliche Minoritäten von der Vertretung in der General-
synode ausschließen. Um dieß zu verhüten, schlägt der Herr Verfasser die
Anwendung des Wahlsystems der sogenannten proportionalen Vertretung vor.
Wir billigen diesen Vorschlag durchaus. Es kann nicht die Absicht irgend
einer besonnenen Partei sein, eine andere, welche in dem kirchlichen Leben eine
Stellung gewonnen hat, von der Vertretung der kirchlichen Interessen auszu¬
schließen. Die synodalen Versammlungen sollen einen Spiegel der wirklich
vorhandenen Parteiverhältnisse gewähren. Wir erwarten von der Minoritäten-
Vertretung eine Milderung der Parteigegensätze. Die Erbitterung der Par¬
teien hängt zum großen Theile damit zusammen, daß sie nicht die ihrem
thatsächlichen Machtverhältniß entsprechende Geltung gewonnen haben. Der
Herr Verfasser wendet sich schließlich der Frage zu, ob die Ergänzung der
Generalsynode durch Mitglieder, welche der Landesherr ernennt, die General-
superintendenten und die Vertreter der theologischen und juristischen Fakul¬
tät zu billigen sei. Er bejaht sie mit Recht; solange dem Landesherrn die


Generalsynode festgesetzt ist. Derselbe läßt sie aus einem Drittel Geistlicher,
einem Drittel Laien bestehen und giebt in Bezug auf das letzte Drittel freien
Spielraum. Schwieriger ist die Frage, ob die General-Synode aus Urwasi
der Gemeinden, wenn auch durch Wahlmänner vermittelt, oder aus Wahl
einer der niederen Vertretungsstufen oder endlich aus den Provinzial-Synoden
hervorgehen solle. Wir entscheiden uns mit dem Herrn Verfasser für den
letzten Modus. Gegen die übrigen spricht die durch die Größe der Wahlbe¬
zirke gesteigerte Gefahr der Partei-Agitationen, welche auf kirchlichem Gebiet
viel tiefer greifende Schäden als auf politischem hervorbringen. Es kommt
hinzu, daß, soweit es angeht, von der Generalsynode die Männer fern ge¬
halten werden müssen, welche ohne wahrhaft kirchliches Interesse und ohne
Neigung die kleinen unscheinbaren Dienste zu üben, welcher die kirchliche Gemeinde
bedarf, desto mehr danach trachten, in größeren Versammlungen ihr Licht
leuchten zu lassen. Die Generalsynode kann nur dann segensreich wirken,
wenn sie zum größten Theil aus Männern besteht, welche in der Arbeit an der
Gemeinde sich bewährt haben. Es ist endlich zu erwägen, daß wenn die
Provinzialsynoden nicht den Wahlkörper für die Generalsynode bilden, zwischen
beiden Vertretungen sich bedauerliche Gegensätze und Widersprüche bilden müssen,
da sie beide den größten Theil der zu berathenden Gegenstände gemeinsam
haben und nun doch nicht in einem inneren organischen Verhältnisse zu ein¬
ander stehen. Nur wenn die Generalsynode, wenigstens zum größten Theile
aus den Provinzial-Synoden hervorgeht, ist eine Harmonie zwischen dem
Ganzen und den einzelnen Theilen verbürgt, im entgegengesetzten Falle ist der
Zwiespalt zwischen beiden Seiten begründet. Es ist bei diesem Wahlmodus
nur die einzige Gefahr, daß die Majoritäten ihre Macht rücksichtslos ausüben
und vielleicht ansehnliche Minoritäten von der Vertretung in der General-
synode ausschließen. Um dieß zu verhüten, schlägt der Herr Verfasser die
Anwendung des Wahlsystems der sogenannten proportionalen Vertretung vor.
Wir billigen diesen Vorschlag durchaus. Es kann nicht die Absicht irgend
einer besonnenen Partei sein, eine andere, welche in dem kirchlichen Leben eine
Stellung gewonnen hat, von der Vertretung der kirchlichen Interessen auszu¬
schließen. Die synodalen Versammlungen sollen einen Spiegel der wirklich
vorhandenen Parteiverhältnisse gewähren. Wir erwarten von der Minoritäten-
Vertretung eine Milderung der Parteigegensätze. Die Erbitterung der Par¬
teien hängt zum großen Theile damit zusammen, daß sie nicht die ihrem
thatsächlichen Machtverhältniß entsprechende Geltung gewonnen haben. Der
Herr Verfasser wendet sich schließlich der Frage zu, ob die Ergänzung der
Generalsynode durch Mitglieder, welche der Landesherr ernennt, die General-
superintendenten und die Vertreter der theologischen und juristischen Fakul¬
tät zu billigen sei. Er bejaht sie mit Recht; solange dem Landesherrn die


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[0149] Generalsynode festgesetzt ist. Derselbe läßt sie aus einem Drittel Geistlicher, einem Drittel Laien bestehen und giebt in Bezug auf das letzte Drittel freien Spielraum. Schwieriger ist die Frage, ob die General-Synode aus Urwasi der Gemeinden, wenn auch durch Wahlmänner vermittelt, oder aus Wahl einer der niederen Vertretungsstufen oder endlich aus den Provinzial-Synoden hervorgehen solle. Wir entscheiden uns mit dem Herrn Verfasser für den letzten Modus. Gegen die übrigen spricht die durch die Größe der Wahlbe¬ zirke gesteigerte Gefahr der Partei-Agitationen, welche auf kirchlichem Gebiet viel tiefer greifende Schäden als auf politischem hervorbringen. Es kommt hinzu, daß, soweit es angeht, von der Generalsynode die Männer fern ge¬ halten werden müssen, welche ohne wahrhaft kirchliches Interesse und ohne Neigung die kleinen unscheinbaren Dienste zu üben, welcher die kirchliche Gemeinde bedarf, desto mehr danach trachten, in größeren Versammlungen ihr Licht leuchten zu lassen. Die Generalsynode kann nur dann segensreich wirken, wenn sie zum größten Theil aus Männern besteht, welche in der Arbeit an der Gemeinde sich bewährt haben. Es ist endlich zu erwägen, daß wenn die Provinzialsynoden nicht den Wahlkörper für die Generalsynode bilden, zwischen beiden Vertretungen sich bedauerliche Gegensätze und Widersprüche bilden müssen, da sie beide den größten Theil der zu berathenden Gegenstände gemeinsam haben und nun doch nicht in einem inneren organischen Verhältnisse zu ein¬ ander stehen. Nur wenn die Generalsynode, wenigstens zum größten Theile aus den Provinzial-Synoden hervorgeht, ist eine Harmonie zwischen dem Ganzen und den einzelnen Theilen verbürgt, im entgegengesetzten Falle ist der Zwiespalt zwischen beiden Seiten begründet. Es ist bei diesem Wahlmodus nur die einzige Gefahr, daß die Majoritäten ihre Macht rücksichtslos ausüben und vielleicht ansehnliche Minoritäten von der Vertretung in der General- synode ausschließen. Um dieß zu verhüten, schlägt der Herr Verfasser die Anwendung des Wahlsystems der sogenannten proportionalen Vertretung vor. Wir billigen diesen Vorschlag durchaus. Es kann nicht die Absicht irgend einer besonnenen Partei sein, eine andere, welche in dem kirchlichen Leben eine Stellung gewonnen hat, von der Vertretung der kirchlichen Interessen auszu¬ schließen. Die synodalen Versammlungen sollen einen Spiegel der wirklich vorhandenen Parteiverhältnisse gewähren. Wir erwarten von der Minoritäten- Vertretung eine Milderung der Parteigegensätze. Die Erbitterung der Par¬ teien hängt zum großen Theile damit zusammen, daß sie nicht die ihrem thatsächlichen Machtverhältniß entsprechende Geltung gewonnen haben. Der Herr Verfasser wendet sich schließlich der Frage zu, ob die Ergänzung der Generalsynode durch Mitglieder, welche der Landesherr ernennt, die General- superintendenten und die Vertreter der theologischen und juristischen Fakul¬ tät zu billigen sei. Er bejaht sie mit Recht; solange dem Landesherrn die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/149>, abgerufen am 01.07.2024.